Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.01.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 76
Zusammenlebens (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – hören Sie zu! – ist die naturgemäße Menschheitskultur schlechthin. In der Art und Weise, wie wir zusammenleben, zeigt sich der Grad der Entwicklung unserer Gesellschaft: Wir zeigen Verständnis oder sind ignorant, wir sind freundlich oder zeigen Abscheu, wir zeigen Respekt oder missachten. Daran zeigt sich, wie weit wir als Gesellschaft sind. Ich glaube, dass die Wiener Gesellschaft relativ weit entwickelt ist, weil hier der Respekt und die Toleranz sehr weit entwickelt sind. Das kommt nicht von ungefähr. Das kommt einerseits von den Menschen, andererseits von der Politik. Danke der rot-grünen und vor allem der roten Stadtregierung in den Jahren zuvor, dass das so ist!
Eines darf ich Ihnen auch nicht ersparen, Herr Jung: Es ist unser aller Verantwortung hier im Gemeinderat und im Landtag, aus der Geschichte zu lernen. Diese Bereitschaft fehlt leider einigen in diesem Hause, vorwiegend den Freiheitlichen. Das muss man feststellen, weil Sie morgen am WKR-Ball teilnehmen und somit auf den Gräbern von 6 Millionen ermordeten Juden und Jüdinnen und anderen Opfern des Nationalsozialismus herumtanzen. Auch das muss Ihnen einmal gesagt werden! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Herr Lasar! In diesem Sinne – ich weiß nicht, ob der Herr Lasar heute da ist – tut es mir sehr leid, dass Sie mit solchen Menschen am Tisch sitzen müssen. Sie wissen ganz genau, was ich meine.
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Herr Kollege Baxant! Ich darf Sie auffordern, hier keine persönlichen Unterstellungen zu tätigen. Ich darf auch bitten, dass Sie in Ihrer Rede sachlich bleiben und auch Ausdrücke wie ... (GRin Birgit Hebein: Das gilt aber für alle!) – Selbstverständlich gilt das für alle, Frau Kollegin. Aber Ausdrücke wie „deppert daherreden“ gehören, glaube ich, nicht in dieses Haus. Ich werde jetzt keinen Ordnungsruf erteilen, fordere Sie aber auf, das bitte zur Kenntnis zu nehmen!
GR Petr Baxant (fortsetzend): Für das „deppert daherreden“ entschuldige ich mich.
Als Christ, als Sozialdemokrat, als Humanist und als bewusster Österreicher, der nicht hier geboren ist, muss ich mich schämen angesichts der Tatsache, dass solche Menschen, die an einem solchen Ball teilnehmen, und das an einem solchen historischen Tag, Teil dieses Hauses sind. Es ist beschämend, denn: Seit diese Stadt von italienischen Zuwanderern, und das ist die Wahrheit, begründet wurde, ist diese Stadt ein Synonym für Hochkultur. Wien ist Hochkultur und es wird, solange die Sozialdemokratie Verantwortung trägt, auch eine Stadt der Hochkultur bleiben.
Die Kultur des Zusammenlebens ist eine inhärente Arbeit an uns selbst, die von uns Geduld und Einsicht verlangt. Ständig von den Schwächsten, jenen, die am wenigsten haben, am wenigsten wissen, am meisten abzuverlangen, kann uns einander nicht näher bringen, sondern uns nur von einander wegbewegen. Wir müssen uns doch dafür interessieren, welche Träume die Wiener und Wienerinnen haben, wurscht, woher sie kommen; und wir müssen alles dafür tun, damit diese Träume gelebt werden können! Wir müssen uns dafür interessieren, was die Wiener und Wienerinnen aus ihrem Leben machen wollen, und sie durch unser politisches Handeln in ihrem Vorhaben unterstützen.
Ich bin Optimist und glaube an das Gute im Menschen. Ich bin überzeugt, dass die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, von ihrer Hautfarbe oder von ihrem Musikgeschmack eine große Sehnsucht nach einem guten Zusammenleben und nach einem sozialen Frieden haben. Darin haben wir die Menschen zu unterstützen. Deswegen sage ich: Mich interessiert nicht, woher du kommst oder woher deine Eltern kommen, sondern wohin du willst. Wenn du ein guter Mensch werden willst, hier bei uns, dann wollen wir dich unterstützen. Auch Sie sind recht herzlich dazu eingeladen, die Menschen darin zu unterstützen, gute Menschen werden zu wollen. Wir wollen die Menschen, wenn sie es noch nicht wissen, darin unterstützen, draufzukommen, zur Erkenntnis zu gelangen, dass sie gute Menschen werden wollen. (GR Anton Mahdalik: Amen! Geht schon!) – Lustig!
Meine Damen und Herren! Wenn man die Grenze von den USA nach Kanada überquert, sieht man auf riesigen Lettern: Welcome to Canada and make us better! Ich glaube, wir könnten uns davon inspirieren lassen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man die Probleme wegleugnet. Es gibt Probleme. Es gibt Menschen, die nur eine Sprache sprechen. Daran ...
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik (unterbrechend): Kollege Baxant, Ihre Redezeit ist zu Ende. Ich bitte um den Schlusssatz.
GR Petr Baxant (fortsetzend): Was ich noch sagen wollte, zu Sebastian Kurz: Ich bin ein Fan von Sebastian Kurz. Ich finde, dass er gute Arbeit macht. (Beifall bei der ÖVP. – GR Mag Wolfgang Jung: Wow!) Es muss aber auch gesagt werden, und da würde ich Sie bitten, ihm bis zum Ende zuzuhören: Er verwendet Wien immer wieder als Best-Practice-Modell. Er hat bisher vor allem atmosphärisch sehr viel geschafft, weil er die Debatte versachlicht. Das würde auch Ihnen gut tun. Außer ein paar Sprachförderungen hat er bis jetzt nichts erreicht, aber das könnte natürlich mehr sein. Wir werden ihn auf jeden Fall unterstützen. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an schriftlichen Anfragen von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien 3, an solchen des Grünen Klubs im Rathaus null, an solchen des Klubs der Wiener Freiheitlichen 23 und an solchen von anderen Fraktionen null eingelangt sind.
Vor Sitzungsbeginn sind von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien drei Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden alle Anträge schriftlich bekannt gegeben, die Zuweisungen erfolgen wie beantragt.
Die Anträge des Stadtsenates zu den Postnummern
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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