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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 26.01.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 28 von 76

 

müssen, weil sie hier in Wien keine ausreichende wirtschaftliche Struktur finden, und auch von der Seite derer, die kommen, die Sprache nicht können und in einer Parallelgesellschaft allein gelassen werden und arbeitslos verbleiben müssen, weil hier keine Sprachförderung stattfindet. Und zur Hausordnung muss ich sagen: Ja, klar, es ist richtig, dass jeder diese Hausordnung lernen muss, aber man muss sie den Menschen auch beibringen! Wir brauchen ein Gesamtkonzept vom Kindergarten- bis zum Erwachsenenbereich, und ich plädiere da noch einmal für die Vorlage eines Integrationskonzeptes innerhalb eines Jahres. – Danke. (Beilfall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich der Herr GR Akkilic zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

11.32.37

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Mit Ihrem Einverständnis möchte ich die Zuschauer und Zuschauerinnen in unterschiedlichen Sprachen begrüßen. Herzlich Willkommen! Merhabalar! Hoşgeldiniz! Dobar dan! Dobro došli! Auch das sind Sprachen, die in Wien gesprochen werden, daher: Respekt!

 

Ich bin überrascht. Wenn man hier über die Zuwanderung redet, redet man auch über eine Studie, die der Arbeiterkammer Wien, einer der wichtigsten Organisationen in Österreich, nämlich eine Studie zur Situation von MigrantInnen am Arbeitsmarkt. Die Studie belegt, dass in diesem Bereich Diskriminierung eine sehr wichtige Rolle spielt. Das Ergebnis dieser Studie bescheinigt, dass bei uns in Österreich Menschen auf Grund ihrer Herkunft nicht das verdienen beziehungsweise nicht den Job ausüben dürfen, den sie eigentlich verdient haben. Das ist ein schlechtes Zeugnis, das uns zum Nachdenken anregen sollte. Wir sollten uns überlegen, ob wir mit so einem Zeugnis europaweit dastehen wollen oder nicht; ob wir weiterhin die Situation haben wollen, dass Qualifikationen von Menschen nicht anerkannt beziehungsweise Nostrifikationen nicht ermöglicht werden und Menschen auch am Arbeitsmarkt der ihnen entsprechende Platz nicht eingeräumt wird.

 

Ich freue mich, dass der Herr Sebastian Kurz auf dieses Phänomen jetzt draufgekommen ist und die Nostrifikationen dementsprechend behandeln, sprich, Qualifikationen anerkennen will. Aber der Herr Sebastian Kurz bringt es nicht über die Lippen, dass es bei uns Menschen gibt, die auf Grund ihrer Herkunft diskriminiert werden, und wir sind der Ansicht beziehungsweise ist die rot-grüne Regierung der Ansicht, dass wir da stärker ansetzen müssen. Da müssen wir Köpfe öffnen, an Unternehmen und Unternehmerinnen appellieren und in unserem Bildungsbereich auf antidiskriminierende Maßnahmen setzen. Das ist ganz wichtig! Deshalb habe ich in der Fragestunde die Frage an die Frau Stadträtin gestellt.

 

Aber ich möchte an zwei Beispielen veranschaulichen, was ich meine. Mein Freund Bakir kommt aus Bosnien. Er ist ein Flüchtling, er ist in den 1990er Jahren nach Österreich, nach Kärnten geflüchtet. Er ist ausgebildeter Arzt, exzellenter Arzt. Er hat um Nostrifikation, also um Anerkennung seiner Qualifikation angesucht, aber das ist nicht geschehen, der Herr Bakir wurde als Krankenpfleger eingesetzt! Jetzt richte ich meine Worte an die ÖVP, weil Sie den Slogan „Leistung muss sich in Österreich lohnen“ ins Spiel gebracht haben. Mein Freund Bakir leistet etwas, das unter seiner Qualifikation ist. Hier geht dieses Gefüge von Leistung und „lohnen“ total auseinander, weil er das Geld, das er eigentlich verdienen müsste, nicht verdienen kann; und das ist nicht nur eine Schieflage, sondern eine Ungerechtigkeit!

 

In diesem Zusammenhang müssen wir unser Gerechtigkeitsempfinden hinterfragen und uns fragen: Sollen MigrantInnen nach wie vor am Arbeitsmarkt diskriminiert werden? Sollen wir nach wie vor MigrantInnen ihre Rechte nicht gewähren? Diese Frage muss uns bewegen! (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Mir gehen die Stoffe nicht aus. Ich werde im zweiten Teil der Debatte auch noch auf andere Dinge eingehen. Aber ich stehe hier und appelliere an Sie: Öffnen Sie Ihre Augen und Köpfe! Es gibt eine Diskriminierung in Österreich. Das belegt diese Studie der Arbeiterkammer Wien. Danke, Arbeiterkammer Wien!

 

Als zweites Beispiel möchte ich Dragana erwähnen. Ich habe sie jahrelang in der Jugendarbeit betreut. Dragana, Romni aus Serbien, ist österreichische Staatsbürgerin geworden, hat eine Handelsschule abgeschlossen und hat nach Jobs gesucht, brennend! Sie spricht perfekt Deutsch, kennt sich in Wien aus, hat ein soziales Umfeld. Sie hat 500 Bewerbungen geschickt, aber keine einzige Antwort bekommen! Wir haben uns gefragt, warum diese Frau keine einzige Antwort bekommt. Zwei der möglichen Gründe sind ihr Name und ihr Aussehen. Ich glaube, dass wir als rot-grüne Regierung uns das in Zukunft genauer anschauen und handeln werden.

 

Abschließend noch ein Wort zum Thema Deutsch und Arbeitsmarkt. Deutsch ist wichtig, aber Deutsch ist nicht der Schlüssel für den Zugang zur Gesellschaft, sondern die Menschlichkeit. An der sollten wir in erster Linie arbeiten! – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag Jung zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

 

11.38.01

GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren! Speziell willkommen: die GRÜNEN! (Ah-Rufe bei den GRÜNEN.) Guten Morgen!

 

Kollege Akkilic hat gerade das Problem der Nostrifizierungen angesprochen. Das gibt es ja. Man kann seine Ausbildung in Österreich anerkennen lassen, nur muss diese adäquat sein. Auch ich gebe Ihnen ein Beispiel, eines, das gestern durch die Zeitungen gegangen ist. Da hat sich eine albanische Juristin beschwert, dass ihre Ausbildung nicht anerkannt wurde. Schauen Sie: In Albanien ist die Rechtsordnung eine völlig andere. Dort gilt teilweise noch der Kanun, das

 

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