Gemeinderat, 64. Sitzung vom 17.09.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 98
Bürgern der Stadt Wien." Präziser, knapper und klarer kann man es nicht sagen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Was das Raiffeisen-Organ sagt!)
Die Geschäftsführer der involvierten Vereine und Gesellschaften machen auch gar kein Hehl daraus, was die Aufgabe dieser Konstruktion ist. „Der Verband", so sagt Helmut Laska, „hat die Aufgabe, die Partei zu unterstützen." Und Christian Deutsch, der heute ja schon einmal zu dem Thema das Wort ergriffen hat, sagt in den „Salzburger Nachrichten": Es habe zwar keine direkten Ausschüttungen an die Partei gegeben, wohl aber an den Verband Wiener Arbeiterheime, der etwa für die „Erhaltung der Parteiinfrastruktur der Wiener SPÖ zuständig ist". Das heißt, die Gewinne - und es gibt Bilanzgewinne - werden also dazu verwendet, die Infrastruktur der Partei zu finanzieren.
Dahinter steht ein Demokratieverständnis, das nicht unseres ist, auch nicht, wenn Christian Deutsch heute in der Eingangsdiskussion gesagt hat: Ja, ja, das Firmenimperium macht mehrere Millionen Bilanzgewinn, aber wie viel, geht Sie einen Schmarren an. (GR Christian Deutsch: So ist es!) Das ist ein Verständnis, das nicht das unsere ist. Reden wir über Demokratie, reden wir über Transparenz, reden wir auf Deutsch über diese Dinge (GR Christian Deutsch: Kann man im Firmenbuch nachlesen!) und nicht dieses selbstgefällige Abblocken aller Fragen. (Beifall bei der ÖVP. - GR Christian Deutsch: Das ist im Firmenbuch transparent nachzulesen!)
Daher fragen wir den Herrn Bürgermeister, ob ihm bekannt ist, dass der SPÖ-Chef von Wien seine Infrastruktur über Gewinne aus Geschäften mit der Gemeinde Wien finanziert. (GR Christian Deutsch: Das ist offengelegt im Firmenbuch!) Und was ist das Volumen? Um wie viel Geld geht es denn da? Es geht offenbar um hunderte Millionen. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Ja, allein ... (GR Heinz Hufnagl: Das ist kein BUWOG-Deal, Herr Kollege!) Nein, nein, Sie wissen es doch: Die Aufträge, die das Echo Medienhaus bekommen hat, betragen über hundert Millionen. (Bgm Dr Michael Häupl: Das ist doch so ein Unsinn! - GR Prof Harry Kopietz: Keine Ahnung, oder sagt die Unwahrheit! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich freue mich auf Ihre Beantwortung. Mit dem Wort „Das ist ein Unsinn" werden Sie nicht auskommen, sondern ich glaube, Sie werden mehr erklären müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es geht uns um die demokratiepolitische Dimension der Frage. Und ich frage Sie, ob Sie wirklich nichts dabei finden, dass Firmen der SPÖ Millionenaufträge von der Stadt bekommen und die Mehrheit diese beschließt. Sie sollten sich endlich dazu durchringen, Regeln aufzustellen, die sicherstellen, dass politische Macht nicht finanziell missbraucht werden kann. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich der Herr Bürgermeister zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Bgm Dr Michael Häupl: Da hat irgendein armer Kollege, der ähnlich Halsweh hat wie ich, etwas vergessen. (GR Siegi Lindenmayr: Frau VBgmin Brauner ...) Danke vielmals, dann werde ich es ihr mitbringen.
Nachdem wir das gesundheitliche Problem gelöst haben, darf ich mich durchaus der Vorgabe anschließen, die Herr GR Dr Wolf hier gegeben hat: Nachdem das heute schon abgehandelt wurde, möchte ich meine Beantwortungen gleichfalls außerordentlich knapp halten.
Daher wende mich sogleich der Beantwortung der Frage 1 zu. Ich betone zum ersten Mal - und dies wird noch öfter vorkommen -, dass alle Auftragsvergaben der Stadt Wien nach dem Bundesvergabegesetz vollzogen werden, dass sie selbstverständlich auch dem Vergabekontrollsenat bei allfälligen Beschwerden in der Kontrolle unterliegen. Daher denke ich, dass man, wenn man beispielsweise als Gemeinderat - nicht als Journalist, sondern als Gemeinderat - solche Anschuldigungen erhebt, sich natürlich auch der Frage stellt: Wie oft ist der Kontrollsenat diesbezüglich angerufen worden? Das war nicht der Fall!
Dass Gewinne einer Firma, die nicht der Stadt gehören, hier zu rechtfertigen sind, unterliegt nicht dem Fragerecht, sohin auch nicht der Geschäftsordnung des Hauses. Ich gehe davon aus, dass wir sowohl die Stadtverfassung als auch die Geschäftsordnung entsprechend einhalten.
Zu Frage 2: Die Durchführung von Vergabeverfahren - ich sage es nunmehr zum zweiten Mal - zur Beschaffung von Leistungen ist durch das Bundesvergabegesetz geregelt. Ferner haben wir mit dem Wiener Vergaberechtsschutzgesetz ein umfassendes, schnelles und effizientes Rechtsschutzgesetz eingerichtet. Dieses ermöglicht es Unternehmen, vermeintliche Verstöße beim unabhängigen und weisungsfreien Vergabekontrollsenat geltend zu machen.
Auftragsvergaben erfolgen daher auch in Wien auf Grundlage des Bundesvergabegesetzes unter der nachprüfenden Kontrolle des Vergabekontrollsenats. Nach dem Gesetz sind Aufträge an befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen zu angemessenen Preisen zu vergeben. Ferner verlangt das Gesetz die Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Auftrag ist daher an den jeweiligen Bestbieter zu vergeben.
Ich weise noch einmal darauf hin, dass es nach mir vorliegenden Informationen keinerlei Anrufung des Vergabekontrollsenats diesbezüglich gegeben hat.
Zu Frage 3: Was die finanziellen Volumina der Geschäfts- und Auftragsbeziehungen der Stadt Wien betrifft, so sind diese, nachdem alle oder nahezu alle Auftragsvergaben entweder Beschlüsse des Ausschusses oder Beschlüsse des Gemeinderates sind, in den entsprechenden Protokollen sowohl mit den Adressaten als auch in den finanziellen Volumina nachzulesen. Es ist mir daher schwer einsichtig, warum die Stadt Wien diese administrative Aufgabe, ein Nachvollziehen der Protokolle aus Ausschüssen und Gemeinderat, selbst unternehmen soll.
Zu Frage 4: Ich wiederhole es zum dritten Mal: Die Auftragsvergaben der Stadt Wien werden von den vergebenden Stellen entsprechend dem Bundesvergabegesetz schriftlich dokumentiert. Eine vermutliche politische
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