«  1  »

 

Gemeinderat, 64. Sitzung vom 17.09.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 98

 

schenken, wenn es darum geht, welche Einsparungen auf Wien in den nächsten Monaten hereinprasseln werden. Wir haben allerdings allen Grund zu befürchten, dass einiges auf die Wienerinnen und Wiener zukommt, und wir haben auch das Recht und die Pflicht zu versuchen, möglichst viel davon rechtzeitig offenzulegen.

 

Es ist verständlich, dass es seitens der SPÖ, wie gesagt, entsprechende Versuche gibt, aber es ist nicht hinzunehmen, dass das Belastungspaket der Bundesregierung, ein Paket in Milliardenhöhe, von dem man hört, dass es das ambitionierteste in der Zweiten Republik werden soll, geheim gehalten und unter Verschluss gehalten wird und sogar Verfassungsbruch in Kauf genommen wird, nur damit man ja vor der Wahl nicht offenlegen muss, welche Maßnahmen es geben wird und welcher Kahlschlag in genau welchen Bereichen jetzt erfolgen wird.

 

Wen wird es im nächsten Winter treffen? Werden es die Arbeitslosen sein? Werden es die Pflegebedürftigen oder ältere Menschen sein? Wird es Einsparungen im Gesundheitsbereich geben? Wird es Einsparungen beim Pflegegeld geben? Wird jetzt tatsächlich die 13. Familienbeihilfe gestrichen werden? Ja oder nein? – All das weiß man nicht. Man lebt dieser Tage nur von Gerüchten, und das, wie gesagt, aus gutem Grund. Das ist kein Zufall. Das hat man sich auch in Wien so bestellt, weil man nicht wollte, dass der Wiener Wahlkampf von schlechten Nachrichten beeinflusst wird. Man will keine schlechten Nachrichten am Vorabend einer Wahl! (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Morgen ist keine Wahl!)

 

Aber es gibt schlechte Nachrichten auch im Zusammenhang mit dem eigenen Wiener Budget. Diese kennen wir zum Teil. Zum Teil hätten wir allerdings gerne etwas detailliertere Informationen darüber, und diesen wollen wir uns erst einmal widmen. Klar ist nämlich: Allein schon auf Grund dessen, was feststeht, werden wir das Jahr 2010 mit einem Minus von 700 Millionen EUR abschließen. Ich meine, 700 Millionen EUR sind kein Klacks, das ist fast eine Milliarde! Und vor diesem Hintergrund muss man schon auch die Frage stellen: Hätten es 700 Millionen EUR sein müssen, oder hätte es nicht auch die Möglichkeit gegeben, dieses Minus teilweise geringer zu halten?

 

Schauen wir uns das an! Ich möchte nur ein paar Beispiele bringen. Wäre es nicht zum Beispiel eine Möglichkeit gewesen, wenn die Stadt Wien just in diesem Jahr, in dem wir wussten, dass wir mit 700 Millionen EUR minus abschließen werden, das Werbebudget der Stadt und der stadteigenen Unternehmungen nicht verdoppelt hätte, sodass wir in diesem Jahr bisher sage und schreibe 80 Millionen EUR allein für Lobhudeleien und Werbeaktionen der SPÖ ausgeben mussten? Nahezu 100 Millionen EUR sind einmal mehr für Werbemaßnahmen der Stadt draufgegangen!

 

Was ist mit dem Dividendenentfall von 100 Millionen EUR auf Grund des Skylink-Desasters? Was ist damit? Ich stelle diese Frage vor allem vor dem Hintergrund, dass der Rechnungshofrohbericht vorliegt, jedoch unser grüner Stadtrat und auch die Stadträte von ÖVP und FPÖ in diesen Bericht keine Einsicht nehmen durften, weil offensichtlich hier überhaupt kein Interesse an Transparenz besteht und hier auch null Interesse daran besteht, den Wählerinnen und Wählern zu erklären, was da genau vorgefallen ist und wie es passieren konnte, dass die Kosten auf 1 Milliarde EUR explodiert sind.

 

Ich muss an dieser Stelle sagen, dass diese Vorgangsweise, dass dieser Bericht nicht offengelegt und der Opposition die Einsicht verwehrt wird, annehmen lässt, dass es hier einiges zu verbergen gibt! Und Sie werden sich, so lange wir und die Öffentlichkeit diesen Bericht nicht gesehen haben, auch den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass es hier einiges zu verbergen gibt und dass Sie zu Ihrer politischen Verantwortung nicht stehen.

 

Das wären dann schon einmal 200 Millionen EUR. Und ich hätte noch 100 Millionen EUR zu bieten, die über Fremdwährungskredite und SWAPS entstanden sind, von denen man längst weiß, dass deren Aufnahme das Gegenteil von klug ist. Trotzdem geht die Stadt weiterhin diesen Weg, und es sind allein auf Grund der Währungsschwankungen, die es heuer bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegeben hat, Verluste von bis zu 100 Millionen EUR zu befürchten.

 

Es wird dann immer gesagt, dass all das nicht stimmt. So war es auch bei den Cross-Border-Leasing-Geschäften. Auch da hat es geheißen, dass all das nicht stimmt. Es wird immer so lange gesagt, dass alles nicht stimmt, bis es stimmt. Genau diese Art und Weise, damit umzugehen, rächt sich am Ende bitter. Sie rächt sich nämlich am Ende bitter für diejenigen, die auf Grund jener Einsparungen und jenes Kahlschlages auf der Strecke bleiben, welche dann kommen müssen.

 

Wir wollen wissen, wie es genau aussieht, und so gesehen geht es nicht so sehr um die Begründung dieser Dringlichen Anfrage. Viel spannender sind nämlich die Antworten, die wir bekommen werden. Es fragt sich, welche Begründungen wir bekommen werden und welche wir unter Umständen gar nicht bekommen werden. Dabei haben wir noch gar nicht vom Gesundheitsbereich und darüber gesprochen, was dort alles an Einsparungen möglich und machbar wäre. Wir haben nicht von der Bauwirtschaft und von lukrativen Umwidmungen von Parkland in Bauland gesprochen. Wir haben nicht über die Art und Weise gesprochen, wie die Stadt mehrere Millionen Euro liegen lässt, indem sie auf eine Widmungsabgabe verzichtet, was beispielsweise die Stadt München seit vielen Jahren macht und dafür auch wirklich beträchtliche Beträge lukrieren kann, die dann der Allgemeinheit zugute kommen. Außerdem haben wir nicht über die Verflechtungen zwischen der SPÖ und der Gemeinde Wien und darüber gesprochen, welche Beträge direkt oder indirekt in den Parteikassen der SPÖ landen.

 

Genau darüber gilt es heute zu diskutieren. Wir wollen jetzt erfahren, welche Tariferhöhungen uns allen im nächsten Winter bevorstehen. Werden es die Öffis sein? Wie sieht es bei den Müll-, Wasser- und Kanalgebühren aus? Wie sieht es bei sonstigen Gebühren aus? Wir wollen wissen, welche Einsparungen auf die Stadt zukommen!

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular