Gemeinderat, 62. Sitzung vom 30.06.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 108
Es funktioniert ja in der Praxis auch nicht so schlecht mit den Kontrolloren in den öffentlichen Verkehrsmitteln, mit den „Schwarzkapplern". Dort soll es ja auch schon dem einen oder anderen gelungen sein, die Identität eines Schwarzfahrers festzustellen. Und dass die Parkraumüberwachungsorgane Organmandate ausstellen, ist auch gängige Praxis.
Drittes Gegenargument, mit dem ich mich gerne auseinandersetzen möchte: Sicherheit ist Bundessache! Das geht die Stadt nichts an!
Falsch! In der Verfassung steht drinnen, es gibt auch eine örtliche Sicherheitspolizei, und die örtliche Sicherheitspolizei ist durch Landesgesetz zu regeln und hat von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich besorgt zu werden. Im Art 118 B-VG steht in Abs 3 Z 3: „Zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört insbesondere die örtliche Sicherheitspolizei.“ Diese ist auch definiert im Art 15 der Bundesverfassung als jener Teil der Sicherheitspolizei, der im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der Gemeinde gelegen ist und auch geeignet ist, von der Gemeinde besorgt zu werden, wie beispielsweise Wahrung des öffentlichen Anstandes, Lärmerregung oder Bettelei.
Sie können sich einfach nicht darauf ausreden, dass Sie für die örtliche Sicherheit nicht zuständig sind. Das steht in der Bundesverfassung drinnen! Man kann natürlich immer jede Aufgabe mittels Verordnung oder mittels Gesetz, wenn die andere Gebietskörperschaft damit einverstanden ist, dieser „umhängen", aber ich glaube, es ist ein nachvollziehbarer Grundsatz, dass Landesgesetze grundsätzlich auch von Landesorganen vollzogen und kontrolliert werden sollten.
Viertes Gegenargument der Sozialdemokratie: Kriminalitätsbekämpfung ist Aufgabe der Polizei.
Richtig! Wir wollen auch gar nicht, dass die Stadtwache die Kriminalität bekämpft - aber sie soll die Polizei ein bisschen freispielen, damit sie mehr Kapazitäten bekommt für die Kriminalitätsbekämpfung! Es geht nicht darum, dass die Stadtwache Kriminelle verfolgt, es geht um die Verschmutzung im öffentlichen Raum, es geht um das Klavierspielen am Sonntag, es geht um den lauten Rasenmäher, es geht um den Hundeführschein, es geht darum, ob der Hund gechippt ist oder nicht. Es geht darum, dass Uniformierte Präsenz zeigen auf Straßen, in Parks und in U-Bahnen. Und es geht darum, dass Parkstrafen in Zukunft nicht mehr von bestausgebildeten Exekutivbeamten einkassiert werden müssen.
Und damit Sie es mir glauben, womit die Polizei belastet und beschäftigt ist für das Land Wien, zähle ich Ihnen die zehn Landes-Sicherheitsgesetze auf, die alle eine Zuständigkeit der Bundespolizeidirektion Wien vorsehen: das Landes-Sicherheitsgesetz, das Fiaker- und Pferdemietwagengesetz, das Naturschutzgesetz, das Fischereigesetz, das Tierschutz- und Tierhaltegesetz, das Jugendschutzgesetz, das Prostitutionsgesetz, das Veranstaltungsgesetz, das Veranstaltungsstättengesetz und das Kinogesetz.
Sehr geehrte Damen und Herren! Befreien wir die Polizei von diesen artfremden Tätigkeiten! Übernehmen wir diese Aufgaben in unsere eigene Verantwortung und sorgen wir dafür, dass Landesgesetze und ortspolizeiliche Verordnungen von unseren Organen kontrolliert und vollzogen werden! (Beifall bei der ÖVP.)
Gegenargument Nummer 6: Wir hätten lieber mehr Polizei - 1 000 mehr, 1 300 mehr, 2 000 mehr. - All das kommt von Ihnen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es hat noch nie eine derartige Personaloffensive in der Wiener Polizei gegeben, wie das im Augenblick der Fall ist. Ich komme gerade von der Angelobung vom Stephansplatz: 101 Polizeischüler wurden vor ungefähr einer Stunde angelobt - und das ist nur ein ganz kleiner Teil von jenen 450 Polizeischülern, die jetzt durch fünf Jahre hindurch nur für Wien aufgenommen werden.
Sehr geehrte Damen und Herren! 450 Polizeischüler Jahr für Jahr, seit vergangenem Jahr, 2009, bis 2013 (Zwischenrufe bei der SPÖ), das ergibt in 5 Jahren 2 250 Polizisten! (GR Ernst Woller: Wie viel ist es netto seit 2000?) Wenn ich jetzt die Abgänge von Pensionisten mit einrechne, die vielleicht - hoch gegriffen, da bin ich großzügig - 200 pro Jahr ausmachen, dann komme ich noch immer auf einen Nettozuwachs von 1 250 Beamten. Mit 200, die man jederzeit von der Militärpolizei ins Innenministerium transferieren könnte, auf 1 450 - aber da wehrt sich der SPÖ-Minister Darabos unverständlicherweise, denn die Abgabe seiner Soldaten ins Finanzministerium, die kann er sich besser vorstellen, wie man am Wochenende der „Kronen Zeitung" entnehmen konnte, wobei ich mir vorstellen könnte, dass da die Umschulung eine Spur schwieriger vonstatten gehen könnte.
Letztendlich bleibt Ihnen dann noch als Argument: Es ist nicht sinnvoll! Sie halten es für sinnvoll, dass 5 unterschiedliche Stadträte 15 bis 20 unterschiedlichen Ordnungstrupps vorstehen? Sie halten es wirklich für sinnvoll, dass diese Beamten mit solchen Scheuklappen durch die Stadt gehen und nur auf ihr Fleckerl von Ihrem Fleckerlteppich blicken dürfen? Sie halten es wirklich für sinnvoll, dass einer mit einer blauen Kappe nichts machen darf gegen ein Auto, das vor einem Zebrastreifen oder vor einer Hauseinfahrt oder vor einem Fünfmeterstreifen steht, das ganz genau neben dem in der Kurzparkzone stehenden steht? Und Sie halten es für sinnvoll, dass der mit der weißen Kappe, der schon ein Auto wegen Falschparkens beanstandet, nichts machen darf, wenn in der Kurzparkzone einer falsch steht; und wenn daneben der Gehsteig verunreinigt wird, dass keiner von den beiden einschreiten darf, sondern erst einen „Waste Watcher" holen muss; und dass man, wenn die Verunreinigung daneben im Gemeindebau passiert, dann einen „Ordnungsberater" holen muss; und wenn das Ganze zur Nachtzeit passiert, einen „Night Watcher"? (GR Mag Wolfgang Gerstl: Unglaublich! Steuergeld ...) - Das ist absurd! Das versteht niemand! Das versteht nicht einmal der Bürgermeister, wie er uns hier erklärt hat. (Beifall bei der ÖVP.)
Und wenn Sie dann gar kein Argument mehr haben, dann fällt Ihnen als letztes Argument, wenn wir mit der Stadtwache kommen, immer noch ein: Also gut, aber es ist „ausgelutscht wie ein Kaugummi" - wörtliches Zitat
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