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Gemeinderat, 61. Sitzung vom 28.06.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 120 von 126

 

mung beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Fakt ist auf jeden Fall, dass die Bilanz in Wien nach neun Jahren SPÖ-Alleinregierung schlechter aussieht als beim Amtseintritt 2001 und dass Wien zwar ein wirkliches Potenzial hat, welches aber leider nicht genützt wird. Daher stimmen wir dem Rechnungsabschluss nicht zu. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Yilmaz. – Ich erteile es ihr.

 

22.25.19

GRin Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates )|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Frau Kollegin Feldmann! Habe ich Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie für die Nachmittagsbetreuung sind, aber gegen die Gesamtschule, in der gemeinsam gelernt und betreut wird und Freizeit verbracht wird? (Zwischenruf von GRin Mag Barbara Feldmann.) Sie sind also gegen die Gesamtschule! (GR Dr Matthias Tschirf: Wir sind für Wahlfreiheit!) Okay! Sie sind für Wahlfreiheit! (GR Dr Wolfgang Aigner: Nachmittagsbetreuung hat nichts mit Gesamtschule zu tun!) Okay! Wir werden das dann besprechen! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bessere ist der größte Feind des Guten. – Ich beginne meine Rede mit einer Volksweisheit, weil wir Wiener Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten permanent wissen wollen, ob unsere gute Integrationspolitik durch eine noch bessere getoppt werden kann. Wir haben zum Beispiel betreffend Zuwanderung die Wiener Zuwanderungskommission ins Leben gerufen, um neue Wege und Ideen der Integrationspolitik anzudenken, zu diskutieren und abzuchecken. Die Wiener Zuwanderungskommission beriet von Juni bis Dezember 2009 die wesentlichen Herausforderungen und zentralen Aktionsfelder, die sich für Wien aus künftigen Entwicklungen im Bereich Migration ergeben.

 

Die ExpertInnenkommission wurde auf Initiative von Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger in einem breiten Bündnis aus Wiener SPÖ, Wiener ÖVP und Wiener Grünen ins Leben gerufen. Es haben sich also alle konstruktiven Kräfte der Wiener Integrationspolitik eingebracht. Es ist dies eine aus erfahrenen und kompetenten Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Integrationspraxis gebildete Fachkommission. Wer sich die Mühe gemacht hat, den Endbericht der Kommission zu lesen, erkennt einige sehr interessante Trends der Zukunft.

 

So wird die dominante Form der Zuwanderung die Binnenmigration sein, also die Zuwanderung aus EU-Staaten. Zuwanderung hängt also zum Teil von Faktoren ab, die Wien kaum steuern oder beeinflussen kann, zum Beispiel von der Freizügigkeit in der EU oder von der internationalen Wirtschaftsdynamik. Darauf muss sich aber eine verantwortungsbewusste Politik einstellen.

 

Ich erinnere Sie an die Jahre zwischen 2000 und 2006, den Zeitraum der größten Zuwandererströme, als die schwarz-blaue Bundesregierung die Stadt Wien mit Aufenthaltsgesetzen, Asylgesetzen und Beschäftigungsgesetzen konfrontiert hat, auf die diese überhaupt keinen Einfluss hat. Trotzdem haben wir das Beste daraus gemacht. Trotzdem ist es uns gelungen, die erfolgreiche Wiener Integrationspolitik weiter voranzutreiben. Zu den Faktoren, die Wien sehr wohl gestalten und für die es Impulse setzen kann, gehören Anreiz- und Informationsstrategien, die Steigerung der Attraktivität Wiens als Stadt zum Leben und Arbeiten oder gute Service- und Integrationsangebote.

 

Der zweite erkennbare Trend ist, dass die Zuwanderung aus Drittstaaten stagnieren wird. Diesbezüglich gilt es, in Kooperation mit Bundesländern und Bund, ein transparentes, einfach nachvollziehbares und für den Wirtschaftsstandort Wien attraktives Modell der Zuwanderung zu schaffen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Sie sehen: Wir lernen gerne dazu, im Gegensatz zu anderen politischen Kräften im Land, deren Orientierung zuverlässig in Richtung Vergangenheit weist.

 

Interessant übrigens, dass Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ sich niemals über das Wort Orientierung beschweren, denn schließlich ist die Herkunft des Wortes schwer islamisch! Es kommt vom Wort Orient, sich nach dem Orient, also dem Osten, ausrichten. (Zwischenruf von GRin Veronika Matiasek.) Wie Sie wissen, Frau Kollegin, ist das die Richtung, in die betende Moslems ihre Gebetsteppiche ausrollen! Aber vielleicht fällt Herrn Kickl ein neuer Ersatzbegriff ein, etwa „Abendlandierung“ oder „Okzidentierung“. All das ist Ihnen zuzutrauen!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wien ist die lebenswerteste Stadt der Welt. Dafür sind natürlich in erste Linie die Wienerinnen und Wiener verantwortlich, aber man soll sein Licht nicht unter den Scheffel stellen: Auch die Politik der Stadt ist dafür verantwortlich. (Zwischenruf von StRin Dr Monika Vana.) Und diese Politik wird seit 1945 von SozialdemokratInnen bestimmt, Frau Kollegin, das weißt du!

 

Fakt ist, dass wir in Wien eine im internationalen Vergleich sehr hohe Rate an BewohnerInnen mit Migrationshintergrund haben. Wir haben aber keine Ghettos. Bei uns gibt es keine Zonen, in die man besser nicht gehen sollte. Wir haben aber ein breites Angebot an Hilfestellungen für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund.

 

Es ist immer wieder angebracht, Fakten in die Integrationsdebatte zu bringen. Es gibt keine Überschwemmung mit unqualifizierten ZuwanderInnen aus den so genannten Drittstaaten! Wahr ist vielmehr, dass der Hauptanteil der Zuwanderung aus dem EU-Bereich kommt und dass 60 Prozent der Menschen, die kommen, sehr gut qualifiziert sind. Das belegt der Bericht der Zuwanderungskommission und auch das vor Kurzem präsentierte Integrationsmonitoring.

 

Die zweite Tatsache ist, dass Wien für ZuwanderInnen auch in Zukunft attraktiv bleibt. Laut Statistik Austria wird unsere Stadt im Jahr 2030 – hauptsächlich auf Grund von Zuwanderung – die Heimat von zwei Millionen Menschen sein. So etwas kann man nicht ignorieren. In Anbetracht solcher Entwicklungen muss schon heute eine verantwortungsbewusste Politik begonnen

 

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