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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 102

 

erinnern. Ich möchte gar nicht mehr zu sehr auf die Historie eingehen, das wurde ja jetzt in Märchenform noch einmal wunderbar dargestellt. (GR Godwin Schuster: Das war aber ein Märchen!) Aber man könnte es dazu noch ein bisschen illustrieren.

 

Was mir nämlich als einem, der sich immer mit dieser Materie beschäftigt hat, noch sehr gut in den Ohren ist, sind die Interviews der handelnden Personen, vor allem der Bankmanager. Warum damals die Z die Creditanstalt schlucken musste: Damals hieß es (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Synergieeffekt!), man muss eine größere österreichische Bank, eine größere Einheit schaffen, damit man sich gegen Übernahmen von außen wappnet, damit Wien im internationalen Kontext konkurrenzfähig bleibt.

 

Na, wir wissen, ein paar Jahre später war die Sache anders. Dann kam die HVB, da hieß es wieder: Jetzt muss man eine Bank der zentraleuropäischen Region schaffen, man muss sich gegen feindliche Übernahmen wappnen und, und, und. Das hat auch wieder nichts genützt, letzten Endes wurde alles - wie heute schon besprochen - von der UniCredit geschluckt. Das ist wirklich eine nicht enden wollende Geschichte.

 

Wenn ich mir heute den Wert des UniCredit-Paketes in der AVZ-Stiftung anschaue, dann brauche ich mir nicht Bilanzen oder sonst etwas anzuschauen, sondern ich brauche mir nur den aktuellen Tageskurs der UniCredito anzuschauen: Dieser liegt bei 1,73, 1,74 EUR. Mit einem Anteil von 0,9 oder 1 Prozent sind wir also bei knapp unter 200 Millionen EUR als Wert dieses Anteils. Das ist einmal ein Faktum, das ist so. Das war einmal anders: Zum Höchststand des Bank Austria Kurses war unser Anteil daran 1,7 Milliarden EUR. Das kann man nicht wegwischen, das kann man nicht leugnen: Da sind 1,5 Milliarden EUR weg, futsch!

 

Jetzt weiß ich schon, dass Sie mir sagen: Mein Gott, das ist nur eine Momentaufnahme, das ist ja nur der heutige Kurs. - Wissen Sie, was 2003 gesagt wurde? Genau dasselbe! Damals war nämlich die HVB am Mindestkurs, interessanterweise in ähnlicher Höhe wie heute die UniCredito, und da hieß es auch so. Ich habe Randa noch im Ohr, er hat wortwörtlich gesagt: „Die Anleger müssen eben einen langen Atem haben." Jetzt haben wir als Stadt Wien schon seit 14 Jahren einen langen Atem, aber es wird immer nur weniger, es geht nur abwärts!

 

Jetzt überlegen Sie sich das einmal: Von den 200 Millionen EUR, die es heute wert ist, müsste sich, von unten nach oben betrachtet, der Kurs verneunfachen, damit wir wieder auf unsere 1,7 Milliarden EUR von früher kämen! Glauben Sie wirklich, wir werden das noch einmal erleben? Vielleicht in ein paar Generationen, alles ist in der Finanzwelt heutzutage möglich, aber es ist sehr unwahrscheinlich.

 

Ich finde es wirklich fast schon ein Zauberkunststück - das muss man ja sagen, die Frau Vizebürgermeisterin ist eine Magierin in vielen Dingen: Sie lässt Dinge, nämlich vor allem die Verantwortlichkeit, einfach verschwinden! Das haben wir heute bei der Feuerwache schon gehört, das ist bei der Bank Austria so. Immer, wenn hier etwas verschwindet - wobei sie damals nicht Finanzstadträtin war, das muss man fairerweise auch dazusagen -, wann immer etwas verschwindet an Geldwerten, an Aktien, oder wenn etwas schiefgeht: Die Stadt Wien ist es nie! Es ist nie ein Mitglied dieser Stadtregierung schuld, es ist nie die SPÖ schuld, es sind die äußeren Umstände. (GR Godwin Schuster: Die ÖVP war nie dabei!) Bitte? (GR Godwin Schuster: Lesen Sie einmal im Protokoll dazu nach, was Görg ...)

 

Ja, danke, Herr Kollege! Da bin ich jetzt dankbar für den Hinweis, weil ich gewusst habe, dass das kommt: Thema Görg. (GR Godwin Schuster: Da gesagt, wo Sie jetzt stehen!) Wir wollten - und das wissen Sie ganz genau, weil Sie damals auch schon in der Koalition waren - eine Vollprivatisierung. Das war immer das erklärte Ziel: privatisieren, verkaufen. Das ging nicht! Warum nicht? Es waren damals zwei Parteien in der Koalition, ÖVP und SPÖ. Die ÖVP war dafür; raten wir einmal mit List: Wer war denn dann dagegen? (Zustimmende Geste des GR Godwin Schuster.) Die SPÖ! Sie haben recht, Sie waren dagegen, gut, okay.

 

Was haben wir damals mit unserem Privatisierungswunsch noch bezweckt? Letzten Endes war das auch der Grund, warum wir der Übernahme zugestimmt haben: die Haftungsauflösung, die Abschmelzung der Haftungen. (GR Godwin Schuster: Fragen Sie Tschirf, was dahinter gestanden ist!) Meine Damen und Herren, die ÖVP war damals gut damit beraten: Auf 12 Milliarden EUR sind die Haftungen mittlerweile abgeschmolzen, damals waren es 55 Milliarden. Es sind mir auch die 12 Milliarden EUR noch immer zu viel, aber immerhin sind es jetzt 80 Prozent weniger, als früher die 55 Milliarden EUR waren, meine Damen und Herren! Wir haben gesehen, auch Hausherren gehen unter, Banken gehen unter. Man weiß heute nicht einmal mehr, ob nicht auch Staaten selbst in Europa untergehen können. Seien wir froh, dass wir diese Haftung weghaben!

 

Das heißt, der Kurs - und das ist Fakt -, den wir damals einschlagen wollten, Privatisierung und Haftungsverminderung, abschmelzend, bis gar keine Haftung mehr da ist, war goldrichtig. Das war völlig richtig, und ohne ÖVP wäre es wahrscheinlich damals in der Koalition nicht einmal zu dem gekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Diese Bank Austria Privatisierungsgeschichte ist wieder ein klassischer Fall für das rote Wien: Man ist nie schuld, wenn etwas passiert. Einmal sind es die Aufsichtsräte, auf die man keinen Einfluss hat, einmal sind es die Stiftungsvorstände, immer gibt es irgendeine juristische Klausel, hinter der man sich versteckt. Und letzten Endes heißt es eigentlich, die Stadt Wien hat auf gar nichts mehr einen Einfluss: Wir haben auf unser Vermögen keinen Einfluss mehr, egal, ob das

 

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