Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
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Stadtverfassung verweisen. In diesen Bestimmungen ist das Fragerecht der
Gemeinderatsmitglieder geregelt, und in dem Abs 2 wird normiert, dass sich
das Fragerecht nur auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs bezieht. Es
bezieht sich keinesfalls auf die vor allem privatrechtliche Tätigkeit
ausgegliederter Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit, selbst wenn die
Gemeinde daran beteiligt ist oder die Gemeinde in deren Organen vertreten ist.
In diesen Fällen liegt keine Gemeindeverwaltung vor.
Die Stadt Wien ist weder an der AVZ - korrekterweise Privatstiftung zur
Verwaltung von Anteilsrechten - beteiligt noch ist sie in deren Organen
vertreten. Selbst bei großzügigster Auslegung des Fragerechtes ist es
augenfällig, dass sich ein Großteil der Fragen nicht auf Angelegenheiten der
Gemeindeverwaltung bezieht. Die Privatstiftung zur Verwaltung von
Anteilsrechten ist, wie der Name schon sagt - auch ohne sich dazu besonders
erkundigt zu haben oder eine entsprechende Ausbildung zu haben -, eine Privatstiftung
und somit eine selbstständige juristische Person, die vollkommen unabhängig von
der Stadt Wien ist.
Nun komme ich zu den Fragen, soweit die Antwort zulässig ist.
Die Fragen 1 bis 2 fallen schon eindeutig nicht in den Wirkungsbereich
der Gemeinde. Sie betreffen allerdings auch kein Geheimnis: Sowohl die
Jahresbilanz der Stiftung ist öffentlich einsehbar, die Stiftungsurkunde
ebenso. Wenn man sich also wirklich für Dinge interessiert und nicht nur
billige Vorwahlpolemik betreiben wollte, hätte man sich das alles anschauen
können.
Zur Frage 3 muss ich etwas weiter ausholen. Sehr geehrte Damen und
Herren, zur Erläuterung muss ich anführen, dass diese Haftung in Form einer
Ausfallsbürgschaft besteht. Das heißt, dass die Stadt Wien erst herangezogen
werden kann, wenn gegen den beziehungsweise die Schuldner erfolglos Exekution
geführt wurde. Dies stellt somit die risikoärmste Form einer Bürgschaft dar.
Der Ursprung der Haftung resultiert aus der seinerzeitigen Gründung der
Zentralsparkasse im Jahr 1907. Die Zentralsparkasse war eine Gemeindesparkasse,
an deren Eigenschaft sich bis heute diverse gesetzliche Verpflichtungen
knüpfen. Einschlägig hiefür sind die bundesgesetzlichen Bestimmungen des
Sparkassengesetzes, im Besonderen die Bestimmungen des § 2 Sparkassengesetz.
Darin wird normiert, dass die Gemeinden im Falle der Zahlungsunfähigkeit der
von ihr gegründeten Gemeindesparkassen grundsätzlich
für alle bis zum 2. April 2003 entstandenen Verbindlichkeiten als
Ausfallsbürgen gemäß § 1356 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch haften.
Für alle nach dem 2. April 2003 bis zum 1. April 2007
entstandenen Verbindlichkeiten haftet die Gemeinde nur dann als Ausfallsbürge,
wenn die vereinbarten Laufzeiten nicht über den 30. September 2017
hinausgehen.
Bei Zahlungsunfähigkeit einer Sparkassen-Aktiengesellschaft, die durch
Einbringung des Geschäftsbetriebes einer Gemeindesparkasse entstanden ist,
erstreckt sich die Haftung der Gemeinde auch auf die Verbindlichkeiten der
Sparkassen-Aktiengesellschaft. Wird die einbringende Sparkasse allerdings in
eine Privatstiftung umgewandelt, beschränkt sich die Haftung der Gemeinde auf
jene Verbindlichkeiten, die vor dem der Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch
folgenden Bilanzstichtag entstanden sind, einschließlich von dem Grunde nach
schon bestehenden vertraglichen Verpflichtungen auf Anwartschaften im Sinne des
§ 2 Abs 2a des Sparkassengesetzes.
Im Konkreten haftet die Gemeinde somit auf Grund der mit
Rechtswirksamkeit vom 18. April 2001 erfolgten formwechselnden
Umwandlung der Anteilsverwaltung Zentralsparkasse, der ehemaligen
Zentralsparkasse, in eine Privatstiftung für jene Verbindlichkeiten der Bank Austria, die bis zum 31. Dezember 2001 - erwähnter
Bilanzstichtag - entstanden sind.
Die Haftungen wurden daher nicht aus einer Laune heraus übernommen,
sondern die Übernahme ergibt sich ex lege auf Grund der Bestimmungen des
Sparkassengesetzes. Diese Haftung verringert sich zudem auf Grund des oben
erwähnten Stichtages kontinuierlich. Die Stadt Wien hat sehr verantwortungsvoll
gehandelt, indem sie alle gesetzlichen Möglichkeiten der Haftungsminimierung,
Verkürzung des möglichen Haftungszeitraums sowie des Haftungsumfangs durch die
Gründung einer Privatstiftung ausgeschöpft hat.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass einerseits die Haftung für die
bereits 1907 gegründete Gemeindesparkasse nicht aus einer Laune heraus
übernommen wurde, sondern dass sie ex lege auf Grund der Bestimmungen des
Sparkassengesetzes - wie ich, denke ich, ausführlich erläutert habe - besteht,
und dass zum anderen die gesetzlichen Möglichkeiten der Haftungsminimierung -
wie erwähnt: Verkürzung des möglichen Haftungszeitraums und des Haftungsumfangs
durch die Gründung einer Privatstiftung - ausgeschöpft wurden. Gerade durch die
Entscheidung der Stadt Wien, die AVZ in eine Privatstiftung umzuwandeln, war es
möglich, die Haftungen deutlichst zu reduzieren.
Das aktuelle Haftungsvolumen beträgt nunmehr nur noch ein Zehntel des
Ausgangswerts 2001 und ist weiter abschmelzend. Ohne diese weitblickenden
Maßnahmen der Stadt Wien - im Übrigen weit vor der Finanzkrise - würde das
Haftungsvolumen aktuell etwa 160 Milliarden EUR betragen. Die Haftung
wird nur dann schlagend, wenn vorher alle anderen Möglichkeiten bis zum Mittel
der Exekution erfolglos ausgeschöpft wurden. Die maximalen Haftungsvolumina
sind keine Verbindlichkeiten, die Inanspruchnahme ist - im Übrigen auch von den
Prüfern jährlich bestätigt - äußerst unwahrscheinlich.
Zu den Fragen 4 und 5: Auf Fragen hinsichtlich der
Personalpolitik der Bank Austria in Bezug auf ihre
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kann ich Ihnen beim
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