Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
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dort, wo die Chancen ausgebaut werden können oder eben vergeben werden.
Wir sind froh, dass das Projekt zustandegekommen ist und die Berichte, die wir
bekommen haben, jetzt und kürzlich den zweiten Zwischenbericht, zeigen - und da
will ich auch ganz ausdrücklich das Engagement der betroffenen MitarbeiterInnen
der MA 11 loben, die das Projekt auf eine sehr engagierte und wirklich
hervorragende Weise zu ihrem eigenen gemacht haben. Es war beeindruckend zu
sehen, wie sie selbst wegen der Ergebnisse besorgt und von ihnen überrascht
waren, vor allem, wie sie uns mitgeteilt haben, wie groß der Handlungsbedarf in
der Stadt ist. Und das ist keine politische Propaganda, sondern das ist der
Bericht der Frauen vor Ort, die mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen
gearbeitet haben. Frau StRin Wehsely, Herr StR Oxonitsch, Sie waren leider
nicht bei den Präsentationen, aber ich sage es Ihnen jetzt und ich hoffe, auch
andere haben es Ihnen mitgeteilt: Es war der Bericht von Lebenssituationen von
Menschen in dieser Stadt, die praktisch wie unfreiwillige Aliens ausgegrenzt
und unbeachtet in tiefstem, tiefstem, tiefstem Elend in dieser Stadt leben.
Tiefstes Elend heißt, verschimmelte Wände, keinen Zugang zu irgendwelchen
Leistungen, Hunger, Nässe, Krankheit.
Frau Stadträtin, weil Sie gemeint haben, in dieser Stadt geht’s allen
gut: Fragen Sie die MitarbeiterInnen der MA 11 nach den Menschen, die
übrig bleiben, wenn sich nicht auf Initiative der GRÜNEN besondere Maßnahmen
haben durchsetzen lassen, damit man sie in ihrem Elend überhaupt entdeckt. Frau
Stadträtin, Herr Stadtrat, es hat sich erwiesen, dass die Betroffenen durch
ihre schwierige Situation auch für ihre Kinder in jeder Hinsicht die Basics
nicht sicherstellen können, weder eine ordentliche Gesundheitsversorgung noch
eine soziale Integration. Wir haben davon gesprochen, dass es in einem
konkreten Fall so weit gegangen ist, dass es durch die schlechte und wegen
einer besonderen Diät nicht sichergestellte Ernährungssituation eines kleinen
Buben dazu kommt, dass er schwerste Behinderungen durch das Fehlen der
entsprechenden Diät jetzt schon gewärtigen muss, und wenn man nicht bald
eingreift, dann werden wir zynisch genug, auch mit hohen Kosten für das
Sozialsystem verbunden, ein Leben für dieses Kind sozusagen nicht verhindert
haben, das Behinderung und Ausgrenzung bedeutet. Das rot-grüne Projekt
Frühförderung wenigstens bemerkt, dass es Kinder gibt, denen es so schlecht in
dieser Stadt geht. Und wenn Sie jetzt sagen, Frau Stadträtin, beim „Hofer“ kann
man auch ein anderes Eiweiß einkaufen und diese Familie könnte ja für sich
selbst sorgen, damit die richtige Diät gegeben wird - so hat es bei den
SozialarbeiterInnen nicht geklungen, dass es so einfach wäre, dass es nur durch
die Beratung zu tun wäre. Und ich stehe nicht an, den MitarbeiterInnen der
MA 11 einfach zu glauben, was die Dramatik dieser Situation betroffen hat.
Wenn es darüber hinaus eine Frage der Schulung und der Bildung ist, dann ist es
umso mehr ein Auftrag, dass man auch hier wirksam wird.
Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen diese Dinge in den Regelbetrieb
übernehmen, dann freut es mich, das zu hören. Aber es wird sicherlich nicht
damit genügen zu hoffen, dass die Familienberatungsstellen hier aktiv werden,
sondern es hat dieses Projekt gezeigt, dass es eine aufsuchende Arbeit in ihrer
ausdrücklichsten Form braucht, um überhaupt diese Fälle von Elend, von Armut,
von gesundheitlicher Vernachlässigung und von Ausgrenzung aufzufinden. Die
SozialarbeiterInnen haben an das Ende ihres Berichts gestellt, was eine der
betroffenen Frauen gesagt hat. Sie hat gesagt, nicht in gutem Deutsch, aber in
diesem Sinne: Sie weiß nicht, wer diese Idee gehabt hat, dass man sich um sie
kümmert, aber es war eine sehr, sehr gute Idee. Frau Stadträtin, machen Sie
sich diese Idee zu eigen und kümmern Sie sich um die Ärmsten, um die Kränkesten
und die Ausgegrenzten und verwenden Sie Ihre Zeit nicht darauf, der Welt zu
erklären, dass in Wien alles bestens ist, sondern schauen Sie dort hin, wo die
Defizite zum Himmel schreien, aber nur deshalb nicht gehört werden, weil man so
damit beschäftigt ist, ihre Faktizität abzuleugnen!
Ich bringe also einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein, wo Frau
StRin Wehsely aufgefordert wird, die MA 11 anzuweisen, auf Basis des
rot-grünen Projekts Frühförderung alle Vorarbeiten zu leisten und das Projekt
Frühförderung umgehend flächendeckend in ganz Wien in den Regelbetrieb zu
implementieren. Der Antrag soll zugewiesen werden. – Danke schön. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste ist Frau GRin
Mag Straubinger am Wort. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Sybille Straubinger (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir haben das Thema ja erst vor Kurzem hier im Gemeinderat diskutiert,
in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der GRÜNEN Ende April. Wir kennen also
unsere Positionen im Großen und Ganzen auch schon gegenseitig. Ich habe auch
damals dazu gesprochen und Ihnen gesagt, was die Stadt alles an finanziellen
Hilfen leistet, was sie alles bietet, um Kinder in armutsgefährdeten Haushalten
zu unterstützen. Wir können das gerne auch in der Dringlichen diskutieren.
Kinder sind ein wichtiges Thema in dieser Stadt, sie waren es und sind es auch.
Aber ich hätte schon auch eine kleine Anregung an die
grüne Partei: Vielleicht könnten Sie dieses Thema auch einmal in anderen
Städten zum Thema machen, zum Beispiel ganz aktuell in Graz. Dort ist das Thema
offensichtlich sehr akut. Es sind nämlich immer mehr Kinder in Graz obdachlos,
und innerhalb eines Jahres ist die Zahl der Kinder in den Notschlafstellen um
50 Prozent gestiegen. Da gibt es eine grüne Vizebürgermeisterin, der
könnten Sie vielleicht auch einmal sagen, das zu thematisieren. Dort könnten
und sollten Sie, glaube ich, auch handeln. (GR Franz Ekkamp:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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