Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
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und den Sozialhilfeempfängern zu sagen, wie toll das Leben in dieser
Stadt für ManagerInnen ist!
Ein weiteres Thema, und das habe ich schon angesprochen, sind die
Sozialmärkte. Lange Schlangen bilden sich hier, aber bisher hat sich die
Sozialstadträtin, aber auch der Herr Bürgermeister, nicht für die Sozialmärkte
interessiert. Denn der SPÖ ist es offensichtlich wichtiger, die heile Welt in
Inseraten abzubilden und uns am Rathausplatz die heile Welt vorzuspielen. Die
Sozialmärkte sind da, gut, das dürfte das Motto der Sozialstadträtin sein. Aber
warum diese Sozialmärkte da sind und vor allem, wie sie finanziert werden, das
ist der Stadtregierung nicht wichtig, denn in einer schriftlichen Stellungnahme
der StRin Wehsely können wir lesen: „Die fünf bereits bestehenden Sozialmärkte
haben gezeigt, dass sie ohne finanzielle Unterstützung der Stadt Wien eingerichtet
und betrieben werden können.“ Das ist die soziale Wärme der SPÖ, das kann ja
nicht wirklich sein! In Hernals übrigens findet übermorgen auf Initiative der
SPÖ-Hernals ein Benefizkonzert zugunsten des Sozialmarktes im 17. Bezirk
statt, der ohne Spenden nicht mehr überleben könnte. Zum Vergleich dazu: Über
20 000 EUR kostet ein einziges Inserat in der Sonntagsausgabe der
„Kronen Zeitung“.
Diese Fragen, die ich gestellt habe, würde ich Ihnen als Hausaufgabe aufgeben
und würde Sie bitten, sich gerade vor der Wahl jetzt für die Wienerinnen und
Wiener sehr gut zu überlegen, ob Sie mit Steuergeldern die bisherige Arbeit der
Stadt leider nicht im Sinne der BürgerInnen bejubeln wollen oder das Geld
vielleicht doch zielgerichtet einsetzen wollen!
Die Ignoranz der roten Stadtregierung hat an Stabilität zugelegt, auch
wenn unabhängige Prüfinstanzen wie zum Beispiel die Volksanwaltschaft etwas zur
Verbesserung in dieser Stadt beitragen möchte und Vorschläge leistet. Da geht
es zum Beispiel bei der Bekleidungsaushilfe darum: Halbjährlich bekommen
erwachsene Menschen 100 EUR, 50 EUR für das erste mitunterstützte
Kind und 30 für jedes weitere unterstützte Kind, egal, ob Sommer oder Winter.
Die Volksanwaltschaft hat angeregt, dass diese Bekleidungsaushilfen angemessen
auszuzahlen sind und hat die Magistratsdirektion auch mehrmals aufgefordert,
die Berechnungsgrundlage darzulegen. Aber die Magistratsdirektion hat mit einem
Schreiben vom 11. Dezember 2009 leider den Offenbarungseid leisten müssen,
dass es dazu keine Unterlagen gibt. Welche Beträge den Sonderbetrag der
Bekleidung bedecken sollen, das wird erst in einer Arbeitsgruppe diskutiert.
Die Volksanwaltschaft hat natürlich festgestellt, dass diese 100, 50 und
30 EUR nur eine Orientierungshilfe sein sollten und dass diese
Bekleidungszulage dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden muss. In Wien ist
es dagegen Usance, dass man nicht weiter ins Detail geht, keine individuellen
Prüfungen vornimmt und die Bekleidungspauschale ausbezahlt. Das hilft den
Kindern in dieser Stadt, die im Winter frieren müssen, auch nicht weiter, meine
Damen und Herren!
Die Volksanwaltschaft hat dann auch noch einmal festgestellt, dass diese
Vollzugspraxis in Wien seit Jahren Regel und nicht Ausnahmefall ist und auch
nicht nur in diesem Fall. Ich könnte Ihnen mehrere Fälle aufzählen, wo die
Volksanwaltschaft weitere Missstände in Wien aufzeigt. Wir haben auf diesen
Missstand bei der Bekleidungszulage reagiert und haben einen Antrag
eingebracht. Er wurde von der SPÖ kategorisch abgelehnt. Ich frage Sie, Frau
Stadträtin, Frau Vizebürgermeisterin: Warum haben Sie diesen Antrag abgelehnt?
Sie haben scheinbar kein Interesse, Kindern in dieser Stadt aus der Armut zu
helfen. Oder sind Sie sich zu gut in der Stadt, die Verwaltung wirklich
effizient voranzutreiben?
Meine Damen und Herren, zum Abschluss kann ich Ihnen nur sagen: Sie
können natürlich am Rathausplatz weiter feiern gehen. Ich würde Ihnen aber
raten, im Sinne der bevorstehenden Wahl aus Ihrer eigenen Parteikassa den
Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern die Kosten für Ihre Jubelinserate
zurückzuerstatten. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort
gemeldet ist Frau GRin Mörk und ich erteile es ihr.
GRin Gabriele Mörk (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Es sind die Schwachen, die den starken Staat brauchen und vor allem in
wirtschaftlich turbulenten Zeiten mehr denn je. Deshalb ist die Sozialpolitik
auch eine Kernaufgabe des Staates und die Sozialdemokratie und vor allem die
Wiener Stadtverwaltung stehen zu diesem Grundsatz. Armut ist ein ernstes
Problem für jede und jeden Einzelnen, der davon betroffen ist, aber auch für
die ganze Gesellschaft. Armut muss und wird daher von uns mit aller Kraft
bekämpft. Armut eignet sich aber nicht als Propaganda oder politisches
Druckmittel. Armutsbekämpfung ist ein zentraler Bereich der
sozialdemokratischen Politik. Deshalb setzt Wien auch seit Jahren gezielte
Maßnahmen gegen die Armut. Einen ganz besonders hohen Stellenwert nimmt daher
der Kampf gegen die Kinderarmut ein und die Frau StRin Wehsely ist in ihrer
Beantwortung schon sehr ausführlich darauf eingegangen.
Wien, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist
bemüht, finanziell schwächere Familien und Einzelpersonen möglichst umfassend
zu unterstützen. Ich möchte hier in Erinnerung bringen, dass das reine
Sozialbudget für das Jahr 2010 1,14 Milliarden EUR beträgt. Dieses
bietet 200 000 Menschen Unterstützung an und das in einer äußerst breiten
Palette. Die Form der Unterstützung reicht über Sozialhilfe, den
Heizkostenzuschuss, den Mobilpass, Hilfe in besonderen Lebenslagen,
Mietbeihilfe, Pflegegeld, Leistungen der Behindertenhilfe, Leistungen der
Wohnungslosenhilfe bis hin zu Leistungen für stationäre und ambulante Pflege
und Betreuung. Und, Frau Kollegin Praniess-Kastner, der Mobilpass berechtigt
nicht nur, verbilligt
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