Gemeinderat,
60. Sitzung vom 31.05.2010, Wörtliches Protokoll -
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AlleinerzieherInnenhaushalte und MigrantInnenfamilien.
Ebenfalls eine hohe Armutsgefährdung weisen Mehrkindfamilien auf.
Zu den Fragen 11 und 12: Kinderarmut kann nur im Zusammenspiel mit
anderen Politikbereichen und vor allem Bund-Länder-übergreifend
nachhaltig gelöst werden. Die Stadt Wien trägt innerhalb ihres
Zuständigkeitsbereichs vielfach und laufend - Beispiel Gratiskindergarten -
dazu bei, dass die Situation der Kinder in dieser Stadt positiv beeinflusst
wird. Pioniertat war vor mehr als 80 Jahren das Säuglingswäschepaket, und
so ist es in den nächsten Jahrzehnten weitergegangen. In den
Elternberatungsstellen werden Kinder kostenlos untersucht und geimpft. In den
Elternschulen und Elternkursen erhalten Eltern kostenlose Unterstützung und
Beratung in Fragen zum Leben mit ihren Kindern.
Der Verein Wiener Jugenderholung bietet kostengünstige Erholungsurlaube
für Kinder in sozial schwachen Familien an. Das ist wieder ein ganz
wesentlicher Punkt zur Inklusion, weil es nicht nur auf das Familieneinkommen
der Eltern ankommt, sondern auch auf die Frage: Kann ein Kind in dieser Stadt,
auch wenn die Eltern wenig Geld haben, auf Urlaub fahren oder nicht? In Wien
sind im Jahr 2009 2 357 Kinder in den Genuss einer
kostengünstigen Teilnahme an einem Kinderurlaub gekommen.
Hinweisen möchte ich auch auf den Wiener Familienzuschuss, der gewährt
wird. Allein im Jahr 2009 wurden 28 000 Kinder aus Sozialhilfemitteln
unterstützt, rund 3 300 Kinder haben Landespflegegeld bekommen.
Aber auch neue Projekte möchte ich hier ansprechen. Wir haben heute in
der Früh schon über ein rot-grünes Projekt gesprochen, die frühe Förderung von
sozial benachteiligten Kindern im 15. Bezirk, wo es das Ziel ist, nach der
Evaluierung all das, was dort positiv aufgefallen ist, all diese Erfahrungen in
die Arbeitsweise aller Eltern-Kind-Zentren in Wien einfließen zu lassen.
Zu Frage 13 ist voranzustellen, dass Kinderarmut nicht aus der Luft
kommt, sondern dass Kinderarmut in der Regel durch Elternarmut entsteht, dass
daher die Bekämpfung der Elternarmut und damit insbesondere die Unterstützung
beim Einstieg ins Erwerbsleben, beim Erhalten des Erwerbslebens und beim
Schaffen von Arbeitsplätzen, von denen man auch leben kann, ein ganz besonders
wichtiger Punkt ist.
Die Gruppe der von Armut betroffenen Personen und der von Armut
gefährdeten Personen hat sich in den letzten Jahren sukzessive verändert. So
ist auch die Sozialhilfe nicht mehr als ausschließliche Leistung für
Randgruppen zu verstehen, sondern in einem steigenden Ausmaß sind auch
Erwerbstätige - die Working Poor
und Personen, die lediglich einen geringen Leistungsanspruch auf
Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe erworben haben - Kundinnen und Kunden in
der Sozialhilfe. Ursache dafür sind vor allem strukturelle Veränderungen am
Arbeitsmarkt, wie etwa prekäre Beschäftigungsverhältnisse oder fehlende
Arbeitsplätze für gering qualifizierte Personen.
Mit September 2010 ersetzt die Bedarfsorientierte Mindestsicherung die
Wiener Sozialhilfe. Es ist dem Land Wien gelungen, in vielen Bereichen Wiener
Standards für alle Österreicherinnen und Österreicher zugänglich zu machen.
Dazu zählt - ganz besonders wichtig, weil die
Mindestsicherung ein Trampolin in die Eigenständigkeit sein soll - die
Möglichkeit zum Dazuverdienen, die sechsmonatige Behaltemöglichkeit
von Vermögen sowie die Abschaffung des Regresses gegenüber Angehörigen in der
direkten Linie. All dies sind Maßnahmen, die in Wien zu einem starken Anstieg
der Anzahl von Sozialhilfebezieherinnen und -beziehern geführt haben, weil man
unter den entsprechenden Bedingungen dieses Recht in Anspruch nimmt. Ich hoffe
sehr, dass diese Entwicklung auch in den Bundesländern so sein wird, weil es
ganz besonders wichtig ist, dass die Menschen, die Probleme haben, zu ihrem
Recht kommen.
Die Sozialhilferichtsätze, die österreichweit
derzeit sehr unterschiedlich sind, werden auf einen einheitlichen
Mindeststandard von im heurigen Jahr 744 EUR für die Mindestpension
festgesetzt und entsprechend der 15a-Vereinbarung mit der Steigerung der
Mindestpension auch regelmäßig valorisiert. Darüber
hinaus wird in Wien auch in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zusätzlich
eine Mietbeihilfe gewährt, zudem kommen pro Kind weitere 134 EUR dazu.
Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bietet darüber hinaus endlich
den Einbezug aller Sozialhilfebezieherinnen und -bezieher in die
Krankenversicherung, womit die E-Card verwendet
werden kann und hier wieder ein Exklusionstatbestand
- nämlich dass erkennbar ist, wer Sozialhilfe bezieht und wer das nicht tut -
weg ist. Darüber hinaus möchte ich auf die enge Verzahnung mit dem
Arbeitsmarktservice verweisen.
Zu den Punkten 14, 15, 16, 17 und 18: Im Jahr 2009 wurden der MA 11
2 743 Familien mit Kindern im Haushalt gemeldet, die von einer Delogierung
aus einer Gemeindewohnung bedroht waren. Diese Familien wurden von der
MA 11 mit einem Brief kontaktiert oder waren der MA 11 bereits
bekannt. Insgesamt 1 910 Familien traten daraufhin mit der MA 11 in
Kontakt und erhielten Beratung zur Delogierungsverhinderung. Die
Wohnungssicherung gelang in 1 141 Fällen. In 91 Fällen konnte festgestellt
werden, dass dies nicht gelungen war.
Ad 19 und 20: Es gibt jährlich bei Gas und Strom rund 70 000 und
bei der Fernwärme rund 8 000 Abschaltungen von Anlagen im
Versorgungsgebiet von Wien Energie, die sich aus verschiedenen Gründen ergeben.
Die Gründe für eine Abschaltung sind vielfältig, dazu zählen zum Bespiel nicht
beglichene Rechnungen, aber auch Geschäftsauflösungen, Leerstehungen sowie
Wohnungswechsel.
In den Jahren 2009 und 2010 waren von Sperren wegen
offener Forderungen private Haushalte folgendermaßen betroffen: 2009 rund
43 000 von Strom und Gas und rund 6 000 von Fernwärme, 2010 bis zum
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