Gemeinderat,
58. Sitzung vom 25.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 46
6 498 Identitätsfeststellungen gehabt, 320 Festnahmen und 203
Suchtmittelsicherstellungen. Das Drogenproblem kann aber sicher nicht allein
durch die Sicherheitspolitik gelöst werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich wäre ja grundsätzlich ganz bei der Frau Kollegin Dr Laschan,
wenn sie da das nette Beispiel bringt vom Vogel, den man mit nach Hause nimmt,
weil es so etwas wie einen Impuls gibt, helfen zu wollen. Darum geht es schon,
das ist der richtige Ansatz, und es geht um die Frage: Wie gehen wir mit den
Schwachen um? Aber da komme ich leider Gottes auf jenes Beispiel, das mir der
Kollege Franz Ferdinand Wolf gerade erzählt hat, was ihm nämlich passiert ist,
als er Organe der U-Bahn-Aufsicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass Personen,
die schwerste Probleme haben, bei kältester Temperatur einfach auf dem Boden
liegen. Mehr oder weniger missmutig haben sich die Organe zu den Betroffenen
hinbegeben und haben sie lediglich verscheucht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das ist nicht der Impuls, den
ich mir vorstelle, der notwendig ist, um anderen helfen zu wollen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Sie haben dort eine U-Bahn-Aufsicht, Sie haben dort „Help U“, Sie
haben dort Streetwork, aber Sie schaffen es nicht, den Drogenkranken wirklich
zu helfen. Ich meine, Sie schaffen es natürlich auch nicht, den Passanten zu
helfen, für die der Karlsplatze ein absoluter Angstraum ist und wo die Frau
Bezirksvorsteherin Stenzel ja Gott sei Dank in sehr klaren Worten gesagt hat,
dass sich dort etwas Grundsätzliches ändern muss. Aber Sie schaffen es auch
nicht in Ansätzen, den Kranken effizient zu helfen. Wenn ich einen Menschen
habe, der ein sichtbares Problem hat, das jeder, der mit offenen Augen durch
die Opernpassage geht, erkennen kann, dann reicht es nicht aus, dass ich den
verscheuche, sondern den muss ich sprichwörtlich bei der Hand nehmen und darf
ihn erst wieder auslassen, nachdem es mir gelungen ist, ihn einer Therapie
zuzuführen. Da muss ich motivierender wirken, als das in der Vergangenheit der
Fall war. Wenn ich es geschafft habe, dem eine Wohnung zu geben, wenn ich es
geschafft habe, dem eine Arbeit zu geben, wenn ich den wieder einigermaßen in
die Gesellschaft eingegliedert habe, dann war ich erfolgreich mit meiner
Drogenpolitik für alle Beteiligten. Mit dieser Drogenpolitik geht es sicher
nicht.
Ich fordere Sie, sehr geehrte Damen und Herren in diesem Hause, auf:
Haben Sie den Mut, eine neue Drogenpolitik zu wagen! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächster am Wort ist Herr GR Wagner. Ich erteile es ihm.
GR Kurt Wagner (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Wir erleben ja heute nicht zum ersten Mal eine Aktuelle Stunde,
initiiert von der Freiheitlichen Partei, zu einem bestimmten Thema – bei
manchen dürfte es sich um ein Lieblingsthema handeln –, und ich habe schon
einige Male hier im Bereich des Wiener Gemeinderates, aber auch im Drogenbeirat
die Meinung vertreten, es gibt im Bereich der Drogenpolitik gescheite
Wortmeldungen, es gibt vielleicht manchmal weniger gescheite – da schließen wir
uns auch nicht aus, wir haben natürlich auch nicht immer recht –, aber es gibt
auch verzichtbare Beiträge im Bereich der Drogenpolitik. Und Ihre Vorstellung,
meine Damen und Herren der Freiheitlichen Fraktion, gehört zu den verzichtbaren
Vorstellungen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie
erklären uns, meine Damen und Herren, Sie wollen ja diesbezüglich helfen. Na,
wie schaut denn Ihre Hilfe in der Praxis aus?
Meine Damen und Herren und Herr Kollege Gudenus! Es gibt ein altes
Sprichwort: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm." Ich kann mich
erinnern, ich habe vor mehr als 20 Jahren mit Ihrem Vater in unserem
Bezirk eine ähnliche Debatte geführt (Aufregung bei GR Mag Johann Gudenus,
MAIS.) - gleiche Standpunkte: Es darf keine Drogenszene geben, weil man das
nicht haben will und die Betroffenen soll man woanders hinbringen. (GR Mag
Johann Gudenus, MAIS: Habe ich das gesagt?) Damals wurde als Beitrag von
der FPÖ, von Ihrem Vater, gemeint: „Auf die Donauinsel.“ Jetzt habe ich ihn
damals gefragt: „Und was wollen Sie dann dort mit den Betroffenen tun, wenn sie
auf der Donauinsel sind?“ Also gleiche Standpunkte, geschweige davon, konkrete
Beiträge zu liefern!
Meine Damen und Herren! Und jetzt möchte ich Ihnen etwas anderes noch
sagen, weil Sie es sich nicht merken, wenn man es Ihnen nicht öfters sagt (Weitere
Aufregung bei den GRen Mag Johann Gudenus, MAIS und Mag Wolfgang Jung.):
19.9.2006: Ausbau des Therapieplatzangebots. 17.1.2007: Genügend
Therapieplätze. 5.3.2007: Aufstockung der Therapieplätze. 10.8.2007: Ausbau von
Therapieplätzen. 12.12.2007: Genügend Therapieplätze. 7.3.2008: Aufstockung der
Therapieplätze. 21.4.2008: Ausbau der Therapieplätze. 7.7.2008, 10.10.2008,
29.10.2008, 6.11.2008, 15.12.2008, 11.5.2009, 23.7.2009 und 17.3.: Mehr
Therapieplätze mit begleitenden Maßnahmen.
Meine Damen und Herren! Wollen Sie wissen, von wem das ist? Presseaussendungen
der Freiheitlichen Partei hier im Wiener Rathaus! (Beifall bei der SPÖ.) Sie
verlangen einen Ausbau der Therapieplätze. Jetzt bekommen Sie einen Ausbau
dieser Therapieplätze. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Nein, nein!) Was
ist das für Sie? - Das sind Junkies und das ist ein neues Drogenzentrum! So
kann man aktiv mit einer vernünftigen Politik nicht umgehen! So geht man an
kein Problem heran. So löst man keine Probleme. So hetzt man Menschen nur
gegenseitig auf. Und das ist die Politik, die Sie betreiben! Sie sind auf der
Suche nach einem neuen Wahlkampfthema! (Aufregung bei der FPÖ. – Beifall bei
der SPÖ.)
Herr Kollege Gudenus und jetzt noch ein paar
prinzipielle Bemerkungen: Wenn Sie sagen, Sie kennen die Szene am Karlsplatz so
genau, dann glauben Sie mir: Ich lebe dort länger als Sie an Lebensjahren
zählen. Das möchte ich Ihnen diesbezüglich sagen. Und wenn Sie sich im Prinzip
nur die Statistiken anschauen - ich meine,
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