Gemeinderat,
58. Sitzung vom 25.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 46
sind.
In Wien wurden durch jahrzehntelange konsequente Arbeit Einrichtungen
und Programme etabliert und weiterentwickelt, die weltweit ihresgleichen
suchen. Da darf man aber nicht die Prävention, die niederschwellige Arbeit und
die Therapie vermischen. Das sind völlig unterschiedliche Bereiche.
Der Ganslwirt und diese niederschwelligen Projekte zeichnen sich
dadurch aus, dass sie eben leicht erreichbar sind, dass sie dort sind, wo auch
die Suchtkranken sind. Das heißt, man kann ein niederschwelliges Tageszentrum
nicht in Biedermannsdorf machen, wenn man die Suchtkranken aus Wien erreichen
will. Ein Ganslwirt dient der Schadensbegrenzung, nämlich, dass Menschen keine
Folgeerkrankungen bekommen, dass sie nicht auf der Straße schlafen müssen und
dass sie unter Umständen auch – und das ist dann das Fernziel – in eine
Therapie kommen.
Die FPÖ zeigt mit dem Titel dieser Aktuellen Stunde wieder einmal, wie
ihre Politik ist. Die Sorge und Ängste von Anrainern werden verstärkt und
instrumentalisiert mit dem Ziel, die Gesellschaft zu entzweien in gut und böse,
in fleißig und faul, in inländisch und ausländisch und in vermeintlich gesund
und krank. Ich möchte aber ein Teil einer Gesellschaft sein, in der auch die
Schwächsten mit Respekt behandelt werden, ein Teil einer Gesellschaft, in der
es einen Grundkonsens der Solidarität gibt. Und für eine solche Gesellschaft
lohnt es sich, immer wieder einzutreten und Überzeugungsarbeit zu leisten. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster am Wort ist
Herr GR Lasar. Ich erteile es ihm.
GR David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Vorerst möchte ich vielleicht einen Satz zur Frau Kollegin
Praniess-Kastner sagen. Sie wissen aber auch ganz genau, dass die Initiative
bezüglich dieses Drogenzentrums am Wiedner Gürtel nicht alleine von der FPÖ
kommt, sondern auch aus sehr hohen ÖVP-Kreisen.
Und ich glaube, das sollten Sie auch wissen, wenn Sie schon nicht wissen, was
in Ihrer Partei genau vorgeht. Ich weiß es. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber lassen Sie mich bitte zur Drogenpolitik
einiges sagen. Sehr geehrte Frau Stadträtin! Wenn ich mir Ihre Erfolgsbilanz
der letzten zehn Jahre ansehe, dann muss ich schon einiges dazu sagen.
Erstens: Es ist mir unbegreiflich, dass Sie
nach dieser Bilanz, die ich Ihnen jetzt ein bisserl näherbringen werde, nicht
irgendwie von Ihrem Drogenkonzept abrücken.
Schauen wir uns einmal die Bilanz an.
7 000 Spritzen werden heute täglich in Wien getauscht. Alle
1,5 Minuten spritzt sich heute in Wien ein Drogensüchtiger bereits Heroin.
Das ist Ihre Erfolgsbilanz, Frau Stadträtin, und da sprechen Sie von einem
erfolgreichen Drogenkonzept. Wissen Sie, ich kann Sie bei Gott genau in dieser
Sache nicht verstehen. Gehen Sie nirgends hin? Wissen Sie nicht, was sich in
Wien wirklich abspielt?
Sie haben in Ihrer zehnjährigen Bilanz auch
noch eines geschafft: Dass wir nicht einen Karlsplatz haben, wir haben ja schon
viele Karlsplätze – ich habe Ihnen das schon öfter gesagt –, wir haben einen
Schottenring, wir haben einen Schwedenplatz, wir haben die U-Bahn-Stationen,
wobei viele dieser Plätze heute rund um die Uhr schon nur mehr
Drogenumschlagsplätze sind. Es fürchten sich schon die Leute, wenn man über
gewisse Brücken im 2. Bezirk geht, die Sie persönlich auch kennen sollten,
die Augartenbrücke, zum Beispiel. Sie fahren mit dem Auto drüber, das ist ein
Fehler. (Amtsf StRin Mag Sonja Wehsely: Ich gehe dort
immer wieder, habe ich gesagt!) Aber mit Sicherheit
nicht alleine. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Aber trotzdem: Das ist Ihre
Bilanz. Das ist Ihre Erfolgsbilanz einer zehnjährigen Drogenpolitik.
Aber was machen Sie jetzt in Zukunft? Ihnen
ist an und für sich nichts eingefallen. Vorher in meiner mündlichen Anfrage,
die ich an Sie gestellt habe, haben Sie ja schon fast gejubelt, Frau
Stadträtin, als Sie gesagt haben: Eine Erfolgsbilanz, wir tauschen Spritzen.
7 000 Spritzen am Tag! Sagen Sie mir, was ist das für ein Erfolg?
Entschuldigen Sie bitte, wenn ich heute so eine Steigerung beim Spritzentausch
habe und wenn immer mehr Leute zu den Spitzen greifen, dann ist das doch ein
Zeichen dafür, dass ich eine verfehlte Politik habe. Es ist nicht so, dass man
jetzt weniger Spritzen tauscht, dann Sie von einer Erfolgsbilanz sprechen. Das
ist Ihr Problem. (Beifall bei der FPÖ.)
Was machen Sie in Zukunft, Frau Stadträtin?
Da sind Sie uns sehr viele Antworten schuldig geblieben. Ich glaube, Sie werden
gar nichts machen. Wenn man sich heute anschaut, dass in Therapieeinrichtungen,
wo ja die Leute von den Drogen wegkommen sollen, auch schon gedealt wird, dann
sage ich Ihnen, dann sind Sie aber wirklich am Ende mit Ihrer ganzen
Drogenpolitik. Das muss man auch einmal klar und deutlich sagen, Frau
Stadträtin.
Wenn heute in diesen Therapieeinrichtungen
auch gedealt wird, dann will ich Ihnen eines sagen, Frau Stadträtin: Ändern Sie
wirklich Ihre Meinung zur Wiener Drogenpolitik! Setzen Sie wirklich andere
Sachen um. Greifen Sie zum Beispiel die so genannte Zwangstherapie auf, wie wir
sagen. Sie sagen immer nur Zwangstherapie, aber wir sagen Zwangstherapie mit
begleitenden Maßnahmen. Und warum? Sie können heute nicht zu einem
Drogenkranken sagen, geh, komm auf einen Entzug, und in zwei Tagen geht der
wieder weg, weil es ihm einfach nicht mehr gefällt oder weil es ihm zu hart
ist. Sie müssen diese Menschen dort anhalten, aber Sie müssen ihnen auch die
Chance geben, dass Sie nachher sagen: Okay, wir helfen ihnen, wir werden auch
Schritte setzen wie ein betreutes Wohnen, soziale Umgebung, wo man sich um den
Menschen dann auch weiter kümmert. Dann werden Sie in Zukunft auch von einer
Erfolgsbilanz reden können.
In anderen Ländern wird es bereits heute
schon gemacht, genau diese Zwangstherapie mit begleitenden Maßnahmen. Nur Sie
wollen es, ich weiß nicht aus welchen Gründen, noch immer nicht in Wien haben.
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