Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 111
wäre und hier eine solche Volksbefragung durchführen würde, dass man
sagt: Mir war es wichtig, die fünf wichtigsten Fragen für die Stadt zu stellen.
Aber diese fünf wichtigsten Fragen waren anscheinend doch nicht so wichtig,
sondern es war einfach wichtiger, in einem Versuch zu schauen: Wie viele Wiener
kann ich mobilisieren?
Oder ich hätte auch sagen können: Es war mir wichtig, zumindest eine
dieser fünf Fragen ganz besonders zu diskutieren. Auch das ist nicht gefragt.
Oder ich hätte mir vorstellen können, dass wir heute nicht nur darüber
reden, was waren die Ergebnisse, denn die haben wir ja alle schon in der
Zeitung gelesen. Stellen wir uns das vor: Wir brauchen einen Bürgermeister, der
den Mandataren jetzt noch erzählt, wie die Ergebnisse der Volksbefragung waren,
in Prozentsätzen genau. Na, glaubt er, dass wir alle nicht die Zeitung gelesen
haben? Na, glaubt er, dass wir nicht alle offiziellen Amtsergebnisse bekommen
haben? Und mehr hat er auch heute nicht gesagt.
Ich hätte mir aber heute zwei Dinge vom Bürgermeister erwartet:
Erstens hätte ich mir erwartet, dass er ganz konkrete
Umsetzungskonzepte bekannt gibt und dass er genau sagt, wann was passieren
wird. Doch da ist jeder von uns enttäuscht worden. Nichts war davon da.
Zweiter Punkt, den ich mir erwartet hätte, nachdem, was er medial
angekündigt hat: Er äußert sich zur Briefwahl, über das Instrument der
Briefwahl. Auch da bin ich enttäuscht worden, auch zur Briefwahl hat er nichts
gesagt. (Beifall bei der ÖVP. – GR Ernst Nevrivy: Tosender Applaus!)
Meine Damen und Herren! Sie von der SPÖ müssen sich einfach den Vorwurf
gefallen lassen, dass diese Volksbefragung nicht dazu gedient hat, wichtige
Fragen der Stadt einer Lösung zuzuführen, sondern dass diese Fragen nur dazu
gedient haben, 7 Millionen EUR Steuergeld für sich selbst, für die
Bürgermeister-Partei, als Wahlwerbung in Anspruch zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – GR Ernst Nevrivy:
Wieder starker Applaus! Zumindest vier haben applaudiert!)
Diesen Vorwurf werden Sie nicht mehr los. Und daher sage ich auch, wenn
Sie ein wahres Interesse an direkter Demokratie hätten, dann würden Sie dafür
sorgen – und ich sehe, da können wahrscheinlich auch wir von den
Oppositionsparteien auf einen gemeinsamen Nenner kommen –, dass die
Bestimmungen für die Volksbefragung in Wien geändert werden, damit das, was
Ihnen heute hier passiert ist, nicht noch einmal vorkommt: Nämlich, dass Ihnen
vorgeworfen werden muss, dass hier vielleicht Stimmzettel später ausgefüllt
wurden, nämlich nach Ende der Wahlzeit, weiters, dass Ihnen vielleicht
vorgeworfen werden muss, dass Sie die Fragen suggestiv gestellt haben, weiters,
dass Ihnen vorgeworfen werden muss, dass Sie gar kein Interesse gehabt haben,
dass diese Fragen auch wirklich einer Lösung zugeführt werden, weiters, dass Ihnen
vorgeworfen werden muss, dass Sie eigentlich andere Fragen unterdrücken
wollten, die in der Stadt so wichtig wären und für deren Lösung viel Geld
erforderlich wäre. Et cetera, et cetera.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Sie, wenn Sie Anstand hätten und wenn
Sie sich wirklich als große Partei verstehen, über den Dingen stehen könnten.
Sie könnten zum Beispiel sagen: Ich bin bereit, aus den Fehlern, die jetzt
passiert sind, zu lernen und Änderungen vorzunehmen. Aber leider habe ich das
Gegenteil hier bemerkt. Sie sind überhaupt nicht bereit, eine Metasicht
einzunehmen, Sie sind nicht bereit, darüber zu diskutieren, was vielleicht da
oder dort falsch gelaufen sein könnte und was man tun kann, damit so etwas in
Zukunft vermieden wird. Das kritisiere ich an der arroganten SPÖ. (Beifall bei der ÖVP. – GR Ernst Nevrivy:
Drei von der ÖVP waren es jetzt!)
Meine Damen und Herren! Ich weiß, das
Wichtigste wäre eigentlich, dass wir nicht mehr über diese Volksbefragung
reden, und das zeigen Sie mir ja hier auch schon die ganze Zeit. Sie haben
ohnehin kein Interesse mehr. Sie wollen nur noch mehr Inserate schalten, Sie
wollen nur noch mehr Auftrittsmöglichkeiten für den Bürgermeister schaffen. Und
das alles auf Kosten des Steuerzahlers und nicht auf Kosten der SPÖ. Aber da
wollen wir nicht mitspielen. (Beifall bei der ÖVP. – GR Ernst Nevrivy: Zwei
haben noch applaudiert! Jetzt ist es bald nur mehr einer!)
Herr Kollege! Wenn Sie glauben, dass Sie nach Ihrer Parteimeinung, nach
den Meinungen in Ihren Sektionen, nach den Vorgaben der Propagandisten in Ihrer
Partei Auftrieb erhalten haben durch diese Volksbefragung, dann schauen wir uns
das gerne an. Da sage ich: Ja, gut, mit Überheblichkeit hinein in die nächste
Periode. Das wird der Wähler auf keinen Fall goutieren, und das werden Sie auch
noch spüren. (Beifall bei der ÖVP.)
Denn Sie haben hier jetzt fünf Fragen
gestellt, die sicherlich zu einem erheblichen Teil dem letzten
Verfassungsgerichtshoferkenntnis widersprechen; jedenfalls sehe ich bei drei
Fragen diese Rechtswidrigkeit. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich im
Jahr 2000 entschieden, dass Manipulationen hintangehalten und
Missverständnisse so weit wie möglich ausgeschlossen werden müssen. Fragestellungen,
mit denen versucht wird, die Antwort in eine bestimmte Richtung zu lenken,
entsprechen nicht – da ging es damals um ein Gesetz aus der Steiermark – den
jeweiligen gesetzlichen Vorschriften.
Ich würde Ihnen daher raten, dass Sie das
entsprechend ändern und vor allem in Zukunft nur mehr Fragen betreffend die
Gemeinde Wien zulassen. Wenn es nach uns ginge, würden wir das jedenfalls tun,
nämlich Fragen, die in den Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, bei den
Gemeindebürgern abzufragen.
Erste Frage, die Sie
gestellt haben: Hausbesorger: Bundesgesetzliche Rahmenbedingungen. Sie können
es selbst gar nicht entscheiden. Sie beweisen es auch selbst, denn auf Ihrer
„netten“ Webseite, wo Sie jetzt den WienerInnen und Bürgern erklären wollen,
wie es nun weitergeht in dieser Volksbefragung, schreiben Sie ja selbst bei den
Hausbesorgern: „Nicht ganz so schnell
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