Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 111
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Unsere Galerie hat sich wieder gefüllt. Ich begrüße die Besucherinnen und
Besucher der Meidlinger Pensionistenklubs auf der Galerie.
Als nächster Redner ist Herr
StR Ellensohn gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
StR David Ellensohn: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen
und Herren!
„Die Wiener Ausbildungsgarantie - Meilenstein in der
Arbeitsmarktpolitik Wiens" – so nennt sich jetzt die Stunde und ich will
nicht da lange herumpolemisieren, sondern das ist ein ernsthaftes Thema und
trifft viele Jugendliche. Nur, so schön sich dieser Satz auch anhört, denkt man
doch im Moment, wo habe ich das schon gehört, weil im Gegensatz zum Vorredner
von der FPÖ glaube ich eben nicht, dass man das jetzt erst in diesem Wahlkampf
erfunden hat, sondern in jedem Wahlkampf wird diese Garantie erfunden. Und
offensichtlich glauben Sie es selber nicht, sonst müssten Sie es nicht ständig
wie ein Mantra immer wieder und immer wieder wiederholen.
Der Letzte, der das versprochen hat, war erst letztes Jahr der Herr
Hundstorfer. Der sagt, Ausbildungsgarantie – und der Satz von ihm lautet: „Wer
eine Lehrstelle haben will, bekommt eine, Punkt, und ohne Wenn und Aber.“
Offensichtlich glauben Sie ihm die Garantie nicht, weil Sie garantieren jetzt
dasselbe, was er garantiert, (GRin Mag
(FH) Tanja Wehsely: Die Garantie ist aber mehr wert!) dasselbe, was Sie
übrigens 2005 im Wahlkampf garantiert haben, und 2001. Ich war zweimal bei den
Wiener Wahlkämpfen dabei und ich bin etliche Male auf Podien gesessen, auch mit
Vertretern/Vertreterinnen der Sozialdemokratie. Und es war immer das Gleiche:
„Wer in Wien eine Lehrstelle will, bekommt hundertprozentig eine.“
Die Zahlen sagen aber was
anderes. Man muss es nicht überdramatisieren im Sinne von das ist das
Schlechteste in Wien, und es gibt Städte, die noch einen Haufen mehr Probleme
haben, nur nützt das unseren jungen Leuten da nichts.
Stand Jänner 2010: 1 081 vorgemerkte Jugendliche suchen eine Lehrstelle
und bekommen keine. Denen nützt die Garantie von Hundstorfer nichts, denen
nützt die Garantie von Häupl, von Brauner von den letzten Jahren nichts. Die
1 081 (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Nein, nein, nicht schwindeln!) können
sich das immer wieder anhören. Und was ich nicht möchte, ist, dass wir in fünf
Jahren da stehen und die, die heute 10 Jahre alt sind, können sich dann
wieder die Garantie anhören, und in zehn Jahren kommen die heute 5-Jährigen und
die, die frisch geboren sind, hören den gleichen Schmäh in 15 Jahren.
Da muss man sich überlegen, was man da machen kann. Eine Dunkelziffer
gibt es ja auch noch, aber die 1 081 sind die, die hingehen, sich anmelden
und sich tatsächlich bemühen, eine Lehrstelle zu bekommen und keine kriegen.
Letzte Woche hat die Caritas 30 Jahre Sozialberatung gefeiert und ich war dort
und habe mit Einzelnen geredet. Da sind ja viele Institutionen oder viele
Gruppen dabei und da gibt es eine Gruppe, die kümmert sich in erster Linie um
Frauen, die schwanger werden mit 16, 17, 18. Und das Wesentliche bei denen ist,
dass nahezu alle, die dort sind und mit 17 schwanger sind, sagen, die letzten
zwei Jahre habe ich nichts gemacht. Gar nichts. Die stehen auch in keiner
Statistik, die werden aus der Schule ausgesondert und das war es dann, und zwei
Jahre später hängen sie bei der Caritas, haben ein Problem mehr, ein großes
Problem mehr, nämlich, wie bewältigen sie die Schwangerschaft und das Kind
auch, aber die sind in dieser Statistik von den 1 081 Jugendlichen noch gar
nicht drinnen. Da gibt es nämlich auch eine Dunkelziffer. (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Das Problem wurde erkannt!) Jetzt
will ich nicht irgendeine Zahl erfinden, weil ich weiß das auch nicht, wie
viele es sind, aber alleine, dass wir in Wien irgendwas zwischen 1 000 und
1 500 Leute haben, die 15, 16, 17 Jahre alt sind und die nichts bekommen,
heißt, dass die Garantie nicht erfüllt wurde.
Jetzt sage ich für mich, Wahlkampf hin oder her, ich bin gnädig und
sage, okay, nehmen wir es als Wahlkampf, ich sage jetzt nicht einmal
Wahlkampf-Gag, betonen Sie diese Geschichte im Wahlkampf, sagen Sie es so oft
wie möglich, so laut wie möglich, und wenn es alle glauben, wird man es
vielleicht auch nachher nicht einklagen können, aber wenn sich die Leute daran
erinnern, kann man vielleicht nach dem 10. Oktober tatsächlich daran gehen
und sagen, machen wir nicht Wahlkampf, sondern, wie machen wir das. Ich weiß,
dass wir in Wien immer mehr Lehrlingsplätze haben als in den Lehrwerkstätten.
Das ist ohnedies positiv, weil es notwendig ist, weil offensichtlich die freie
Wirtschaft nicht in dem Ausmaß mitspielt, wie wir es gerne hätten. Aber das
genügt den 1 000 Jugendlichen, die heuer vorgemerkt sind, die 2011
vorgemerkt sein werden, die in den letzten Jahren vorgemerkt waren, nicht. Es
waren ja immer über 1 000, mit Stichtag 1. Jänner, immer über
1 000, das ist ja nie weniger geworden. In Wirklichkeit haben wir auch
nicht viel Neues gehört. Das Neue war halt die Kummer-Nummer. (GRin Mag (FH)
Tanja Wehsely: Kümmer-Nummer!) Kümmer-Nummer heißt sie, Entschuldigung,
Kümmer-Nummer, und diese Nummer wird hoffentlich auch in Anspruch genommen und
führt dann also auch zu Ergebnissen. (GRin
Mag (FH) Tanja Wehsely: Nun, das geht schon!)
Was den Lehrlingen auf die Schnelle was nützen würde
oder den jungen Leuten, wäre eine Lehrlingsfreifahrt auf den Öffis. Die haben
wir hier schon mehrfach gefordert und ist abgelehnt worden. Und was ich gerne
sehen würde, wenn man immer sagt, man soll den jungen Leuten helfen: Wir haben
für Studierende nach meiner Meinung zu Recht die Universitäten frei gemacht, so
sollten wir auch jungen Leuten, die einen Lehrberuf abschließen und die eine
Meisterinnenprüfung, eine Meisterprüfung machen, diese kostenfrei geben. Da
sind wir auch noch weit hinten, denn das, was den Studierenden recht ist,
sollte uns für Lehrlinge recht und billig sein. Die sollten den gleichen
Anspruch haben und ihre
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular