Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 111
Erbe gehören und daher einer Förderung bedürfen?)
Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Herr Gemeinderat!
Ihre Frage beantworte ich mit Nein, füge aber hinzu: Wenn das, was Sie
da immer behaupten, tatsächlich so ein riesengroßer Skandal ist, dann sage ich
Ihnen, die FPÖ ist die beste Werbeagentur für diesen Skandal. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Wir kommen nun zur
1. Zusatzfrage. Sie wird von Herrn GR Mag Ebinger gestellt. – Bitte.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Ich möchte Sie gerne fragen, weil es hier steuerrechtlich nicht klar
ist, wie das alles funktioniert, wer denn konkret den Eintritt erhebt? Über die
Homepage der Secession erfährt man nichts über den Eintritt. Man kommt dann
über die Homepage zu „Element6", und dort stehen dann diese Eintritte
angeführt. Da steht, die Abendeintrittspreise werden von der Secession erhoben
und betragen je nach ... und so weiter. Gleichzeitig wird aber dann
festgestellt, dass man eine Konsumation von 20 EUR erwartet.
Meine Frage ganz konkret an Sie: Werden diese Eintrittspreise und die
Konsumationen von der Secession oder von „Element6" erhoben?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Nein, ich kann
Ihnen nicht die Einzelheiten über die Eintrittspreisgestaltungen von über
5 000 Kultureinrichtungen in dieser Stadt, die bei uns um Förderungen
einkommen, nachtragen. (GR Mag Gerald Ebinger: Es reicht eine!)
Ich sage Ihnen aber gerne eines: Die Secession ist eine Kultur- und
Künstlereinrichtung von unabhängigen Künstlern, die sich zu zwei Drittel selbst
finanziert, über Einnahmen über Sponsoringgelder. Und auch dieser eine Raum,
von dem Sie immer behaupten, er werde mit 90 000 EUR subventioniert,
was nicht stimmt (GR Mag Wolfgang Jung: Mehr! 140 stimmt!),
finanziert sich selbst (GR Mag Wolfgang Jung: Wie?), beziehungsweise
hat sich auch der Künstler in dem Vertrag mit der Secession verpflichtet, dass
er, sollten Zuschüsse aus öffentlichen Geldern für diese Ausstellung, für
diesen Teil der Ausstellung notwendig sein, diese selbst tragen wird.
Ich halte daher noch einmal fest – auch wenn es Ihnen nicht gefällt und
Sie da als Werbeagentur für diesen Skandal vielleicht dann Ihre Argumente noch
etwas schärfen müssten –: Dieser Teil der Ausstellung erhält kein öffentliches
Geld. Und weil er kein öffentliches Geld erhält, ist es nicht möglich und
sinnlos, eine Rückforderung zu erheben. (GR Mag Wolfgang Jung:
Das ist ja nicht wahr!)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 2. Zusatzfrage
wird von Herrn GR Schreuder gestellt. – Bitte.
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus): Guten
Morgen, Herr Stadtrat!
Bitte erlauben Sie mir noch vorher eine kleine Anmerkung: Man ist nicht
jeden Tag im Gemeinderat Teil eines Kunstprojekts. Ich finde es sehr
erstaunlich und auch schön, dass wir heute sogar mehrere Stunden Teil eines
Kunstprojektes sind. Man kann einem Schweizer Künstler, der das schafft, nur
gratulieren, dass die Politik Teil der Kunst wird und inszeniert wird, und zwar
gar nicht von uns selbst, sondern von ihm. Ich finde das allerhand, ich finde
das großartig! (Beifall bei den GRÜNEN
und von GR Ernst Woller.)
Erlauben Sie mir diesbezüglich auch eine Zusatzfrage! Diese Diskussion
eröffnet ja durchaus auch Chancen, nämlich generell zu fragen: Hat die Politik
die Aufgabe, Kunst moralisch oder unmoralisch zu finden? Um das zu diskutieren,
schlage ich vor – und vielleicht können Sie sich meinem Vorschlag anschließen,
das ist eben die Frage –: Könnten wir nicht die Secession besuchen? Sie laden
die Mitglieder des Wiener Gemeinderates oder des Kultursausschusses,
insbesondere die freiheitliche Fraktion ein, in die Secession auf Fact Finding
Mission zu gehen, da die FPÖ ja diesbezüglich über einschlägige Erfahrungen
verfügt.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Ich finde das einen
sehr interessanten Vorschlag, der mir natürlich auch schon in den Sinn gekommen
ist. (Ruf bei der FPÖ: Wer zahlt das?) Die Fact Finding Mission ist ja
geradezu eine Spezialität der FPÖ. Angesichts der einschlägigen Wortwahl, die
der FPÖ so schnell eingefallen ist, wie zum Beispiel „Gang Bang" und
„verschwitzt" und „Gruppensex" und anderes mehr, habe ich mir auch
gedacht, da muss schon einschlägiges Wissen vorhanden sein, denn Menschen von
der Straße verwenden wahrscheinlich diese Begriffe nicht so oft. (Heiterkeit
bei SPÖ und GRÜNEN.) Aber vielleicht handelt es sich da um
Tiefenpsychologie, sozusagen: Je lauter man sich über etwas aufregt, desto mehr
wünscht man sich das vielleicht. (Heiterkeit bei SPÖ und GRÜNEN.) Oder
man wäre gerne dort. Aber das ist ein bisschen zu weitgehend, was die
Tiefenpsychologie anbelangt.
Ich glaube, eine Fact Finding Mission wollen wir doch der FPÖ
überlassen. Ich glaube allerdings auch, dass vielleicht – und das jetzt
ernsthaft gesprochen – in dieser gesamten Debatte ein wenig mehr Gelassenheit
an den Tag zu legen wäre. Eine Kulturstadt wie Wien, eine Großstadt wie Wien,
die sehr auch davon lebt, dass es ein offenes, ein liberales Klima gibt, tut
gut daran, mit diesen Dingen auch etwas gelassener, auch etwas
selbstverständlicher umzugehen.
Ich verneine nicht, dass es viele Menschen gibt, die sich angesichts
der Darstellung der Werbeagentur FPÖ im Zusammenhang mit dieser Kunstaktion
fragen, wozu Steuergeld dafür auszugeben ist und ob das überhaupt Kunst ist.
Meine Antwort darauf ist: Was Kunst ist, definiert
mit Sicherheit nicht die Politik. Was Kunst ist, definiert auch mit Sicherheit
nicht eine einzelne Partei. Sondern was Kunst ist, ist eine über die Geschichte
hinweg sehr, sehr
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