Gemeinderat,
57. Sitzung vom 26.02.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 111
Vor Ende seiner Rede führte
er aus – und ich zitiere: „Nachdem Sie immer so schnell mit den
Pauschalverurteilungen sind, muss ich das jetzt auch machen. Mehrere Dutzend
FPÖ-Politiker in hohen Funktionen sind kriminell, also ist die FPÖ eine
kriminelle Organisation und jedem Einzelnen" – und er hat also hingezeigt
– „muss ich das unterstellen."
Wegen dieser Aussage: „die
FPÖ ist eine kriminelle Organisation" gab es heftige Proteste seitens der
FPÖ und das Verlangen nach einem Ordnungsruf. Ich habe die Überprüfung des
Wortprotokolls versprochen. In Absprache mit dem Dritten Vorsitzenden, Herrn GR
Mag Reindl, der zu diesem Zeitpunkt auch den Vorsitz führte, darf ich
festhalten, dass keine der hier im Gemeinderat befindlichen Parteien als
kriminelle Organisation bezeichnet werden kann. Ich selbst würde mir allerdings
wünschen, dass straffällig gewordene Personen in unseren Parteien nichts
verloren haben.
Ich wünsche mir auch, dass
trotz des bevorstehenden Wahlkampfes ein sorgfältiger Umgang mit der Sprache
angebracht wäre. Es gibt immer den Tag nach der Wahlentscheidung und die
demokratiepolitische Notwendigkeit, eine sinnvolle Gesprächsebene im Interesse
unserer Bürgerinnen und Bürger aufrechtzuerhalten.
Herrn StR Ellensohn erteile ich wegen seiner Schlussfolgerung in der
zitierten Rede einen Ordnungsruf.
Wir kommen nun zur Fragestunde.
Die 1. Frage (FSP - 00648-2010/0001 - KSP/GM) wurde von
Herrn GR Ing Christian Peterka gestellt und ist an die Frau amtsführende
Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz
und Personal gerichtet. (Vor einem Jahr hat der Wiener Gemeinderat die
Einrichtung der Wiener Zuwanderungskommission beschlossen. Welche wesentlichen
Ergebnisse formulierte der Bericht dieser Kommission?)
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Einen schönen guten
Morgen von meiner Seite!
Danke für die Frage. Sie gibt uns die Gelegenheit, einen sehr, sehr
tollen Bericht hier näher auszuführen beziehungsweise darüber zu diskutieren.
Wir haben vor über einem Jahr im Wiener Gemeinderat gemeinsam mit der ÖVP und
mit den GRÜNEN eine Einrichtung der Kommission, der so genannten
Zuwanderungskommission beschlossen. Der Hintergrund der Einrichtung war der,
dass wir gedacht haben, es geht auf der einen Seite darum, ein
Integrationskonzept zur Verfügung zu stellen und auch zu planen, aber es geht
auf der anderen Seite auch darum, zu diskutieren und einen Vorschlag von
ExpertInnen zu erhalten, wie sich Zuwanderung in der Zukunft gestalten soll,
wie sie klar und transparent gestaltet werden soll, sodass alle, die hier sind,
wissen, unter welchen Voraussetzungen jemand kommen kann, und auch alle, die
kommen möchten, wissen, unter welchen Voraussetzungen sie kommen können und
unter welchen Voraussetzungen nicht.
Wir haben uns dann in dieser politischen Runde sehr lange damit
auseinandergesetzt, wie sich die Kommission zusammensetzen soll, wie sie
arbeiten soll, und haben heuer, Anfang des Jahres gemeinsam den Bericht der
Kommission nun vorgelegt. Es ist ein Bericht, der auf der einen Seite die
Szenarien und großen Herausforderungen im Zusammenhang mit der
Integrationspolitik einer Metropole, wie es Wien letztendlich ist, sehr gut
darstellt, und es ist ein Bericht, der Zuwanderungsphänomene beschreibt und
gleichzeitig auch etwas bietet, was eine tolle Sache ist: Er ist wie ein
Navigationsinstrument durch die Organisation von Zuwanderung zu verstehen.
Wenn ich Navigationsinstrument sage, dann kann ich das auch deshalb so
klar sagen, weil er sehr, sehr konkrete Punkte anführt, die jetzt von der Stadt
sukzessive, begleitet durch dieses breite politische Bündnis für Integration,
umgesetzt werden.
Wenn ich sage, er beinhaltet konkrete Handlungsanleitungen, dann sagt
uns der Bericht, dass wir es in Zukunft mit drei Phänomenen zu tun haben
werden. Das erste Phänomen ist, dass die Zuwanderung aus den EU-Staaten am
meisten zunehmen wird. Wenn man sich die Statistik anschaut, so sieht man, es
war schon im Jahr 2009 so, dass wir mehr ZuwanderInnen aus dem
EU-Staatenbereich hatten als aus Drittstaaten. Natürlich sagen uns dieser
Bericht und die Kommission mit all ihren ExpertInnen, dass wir uns diesem Thema
in der Integrationspolitik in einem besonderen Ausmaß widmen müssen, weil wir
sonst das Schicksal erleiden, das wir schon einmal erlitten haben, nämlich im
Zusammenhang mit der gesamten GastarbeiterInnenproblematik – das sage ich jetzt
bewusst an dieser Stelle –, wenn wir nichts in Richtung Integration wie Sprachmaßnahmen,
Orientierung am Arbeitsmarkt, Kennenlernen des Bildungssystems, et cetera für
diese Menschen anbieten. Das ist der eine Punkt.
Das zweite Phänomen ist, dass uns die Kommission auch darauf hinweist, dass
wir uns im Wettbewerb um die besten Köpfe und Hände in Europa natürlich auch
anstrengen müssen. Wir haben hier einen Standort, einen Wirtschaftsstandort,
der sehr attraktiv ist, aber wenn wir eben für Wien die besten Köpfe gewinnen
möchten, dann müssen wir letztendlich auch in diesen Wettbewerb investieren und
schauen, dass wir diese tatsächlich auch bekommen. Ich sage bewusst nicht nur,
die besten Köpfe, denn es geht nicht immer nur um WissenschafterInnen oder um
ÄrztInnen, wie es immer diskutiert wird, sondern es geht wirklich auch um die
FacharbeiterInnen, die wir brauchen, um wettbewerbsfähig am Standort bleiben zu
können.
Diesen Wettbewerb werden wir wiederum nur gewinnen,
wenn wir auch entsprechende Maßnahmen setzen. Da gibt uns der Bericht einige
Hinweise, aber gleichzeitig weist er uns auch darauf hin, dass wir diesen
Wettbewerb nur gewinnen können, wenn wir das Klima in dieser Stadt auch
entsprechend integrationsfreundlich gestalten können, denn es ist meistens auch
mit einem Familiennachzug et cetera verbunden. Wir wissen, dass es ganz, ganz
wichtig ist, diesbezüglich eine klare Haltung der Stadt zu zeigen und diese
Menschen willkommen zu
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