Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 60 von 93
Partei, die hier im Haus vertreten ist, die seit Jahr und Tag dafür
plädiert und öffentlich eintritt, Einbürgerungsverfahren zu verschärfen, damit
diejenigen, die seit Jahren in Österreich leben und Steuern zahlen, noch mehr
und noch mehr nachweisen müssen, wie brav und anständig sie sind, und noch mehr
Steuern zahlen müssen und viel mehr Jahren warten müssen, bis sie die
Staatsbürgerschaft bekommen. Dieselbe Partei allerdings scheint wahnsinnig
großzügig mit Einbürgerungen und Staatsbürgerschaftsverleihungen umzugehen,
wenn es um russische Unternehmer geht, die offensichtlich sehr, sehr
zahlungskräftig sind und die entweder großzügige Beträge für die Parteikassa
übrighaben oder aber unter Umständen mit sehr großzügigen Beträgen die teuren
Hobbys von befreundeten Personen aus dem Parteiumfeld unterstützen. Das alles
ist noch sehr, sehr höflich und vorsichtig formuliert.
Das heißt, Sie werden verstehen, dass wir es hier sehr wohl zu tun haben
mit einer Situation in der Zweiten Republik, wo Österreich, ein Land, das sich
immerhin stolz und groß auf die Fahnen heftet, ein Land zu sein, das Korruption
bekämpft und das für moderne Demokratie und Transparenz steht, gleichzeitig
aber, wenn es um die Transparenz der Parteienfinanzierung geht, nach wie vor
eine Rechtsgrundlage hat, die es diesen Herren nach wie vor ermöglicht, sehr,
sehr, sehr, sehr gut geschützt ihre Geschäfte zu betreiben und teilweise
offensichtlich auch gute Geschäfte mit der österreichischen Staatsbürgerschaft
zu machen. Und das, denke ich, sollten wir nicht unterstützen.
Ich verstehe, dass das ein bisschen weh tut. Ich verstehe, dass das den
größeren Parteien auch nicht so besonders angenehm ist, vielleicht das eine
oder andere offenlegen zu müssen, aber ich glaube sehr wohl, dass wir uns einen
Ruck geben und diesen Schritt in Richtung Offenheit, Demokratie und Transparenz
auch tun sollten.
Deshalb bringe ich einen Antrag ein, mit dem der Wiener Gemeinderat
diesbezüglich die Bundesregierung auffordern sollte, die notwendige
Rechtsgrundlage dafür zu schaffen, dass endlich auch in Österreich Transparenz
bei der Parteienfinanzierung, hier insbesondere Transparenz bei den anonymen
Spenden, bei den direkten und auch bei den indirekten Spenden, hergestellt
werden kann. Gläserne Parteikassen ist das Motto, meine Damen und Herren!
Ich schließe damit ab, dass ich hoffe und davon ausgehe, dass die
Partei der Redlichen und der Anständigen laut Eigendefinition, also die ÖVP,
die immerhin in Kärnten in einer Regierung sitzt mit besagten Herren, die uns
ja alle sehr, sehr beschäftigen dieser Tage und auch die Öffentlichkeit sehr
beschäftigen und die offensichtlich ein Herz für Russen haben, vielleicht ein
Herz fasst und diesem Antrag zustimmt, damit wir diesen Vorgangsweisen und
diesen Malversationen einmal einen Riegel vorschieben können. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.)
Sie brauchen sich ja nicht aufzuregen, sie sind doch nicht in Ihrer
Partei. Oder doch schon wieder nicht? Oder dann schon wieder doch? Aber wie
auch immer. Ich sehe jedenfalls nichts, was Sie daran hindert, auch für
Transparenz zu stimmen. Und allen voran sehe ich überhaupt nichts, was in
Gottes Namen die SPÖ daran hindern könnte, diesem Antrag zuzustimmen und dafür
zu appellieren, dass diese Herren offenlegen müssen, woher sie ihre Spenden
haben.
Stimmen Sie mit, und sorgen wir für mehr Transparenz und für eine
bessere Qualität unserer Demokratie, meine Damen und Herren! (Beifall bei
den Grünen.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Baxant. Ich erteile es ihm.
GR Petr Baxant (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Meine Damen und Herren! Sehr geehrter
Herr Vorsitzender!
Zuerst einmal zum Akt: Natürlich bekennen wir uns zur Vielfalt der
Jugendorganisationen. Die politische Kultur, die politischen Parteien brauchen
die politischen Jugendorganisationen, aber wir bekennen uns natürlich auch
dazu, dass wir konfessionelle Jugendorganisationen haben, die ganze Vielfalt
soll abgebildet werden. Deswegen verstehe ich persönlich eigentlich auch immer
noch nicht, warum Sie von den Grünen
der Subvention an Ihre eigene Jugendorganisationen immer noch nicht zustimmen
können. Das wird mir auf ewig einfach unverständlich sein.
Zum Antrag der Grünen:
Natürlich muss man sich anschauen, wie in Zukunft Parteispenden ablaufen und
woher manche Parteien ihr Geld haben, vor allem, wenn man sich überlegt, was da
in Kärnten mit der Freiheitlichen Partei, Uwe Scheuch und so weiter alles
passiert ist. Da muss man sich natürlich ansehen, woher die Freiheitliche
Partei das Geld hat, wie sich die Freiheitliche Partei das leisten kann, Wien
monatelang zuzuplakatieren. Das wird ja alles noch sehr interessant sein.
Und natürlich muss man sich auch – das hat auch unser
Bundesgeschäftsführer Kräuter dargelegt – die Parteienfinanzierung anschauen,
aber nicht so. Ich behaupte einmal, dieser Antrag ist sehr unausgegoren, das
riecht nach Anlassgesetzgebung, und er ist durchaus getragen von einer
parteifeindlichen Stimmung. Ich behaupte einmal, die Parteien sind neben dem
Souverän wichtige Säulen der Demokratie, und demokratiepolitisch erachte ich es
als relativ problematisch, einen Antrag in der Art und Weise anzunehmen.
Natürlich gibt es Probleme, und es ist ein sehr sensibles Thema. Aber bitte
nicht so! Deswegen plädiere ich auch dafür, diesen Antrag abzulehnen. – Danke
sehr. (Beifall bei der SPÖ. – GR Dipl-Ing
Martin Margulies: Auf welchen Anlass soll man noch warten?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die
Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet. Wir kommen daher zur
Abstimmung. Es wurde hier die getrennte Abstimmung verlangt.
Als Erstes lasse ich abstimmen über die Subvention an den Verein SPÖ –
Sozialistische Jugend, Landesorganisation Wien. Wer dieser Subvention zustimmt,
den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das wird von ÖVP, FPÖ und SPÖ und
damit ausreichend unterstützt.
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