Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 93
Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort gelangt Frau GRin Dr Pilz. –
Bitte.
GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herr Kollege Ebinger! Wir haben gestern im
Kontrollausschuss eine sehr, sehr spannende Debatte gehabt zu diesem
Kontrollamtsbericht, zu den Transparenzmängeln und zum Korruptionsrisiko im
Bereich des Wiener Gesundheitswesens. Und mein Eindruck war, dass Sie, Frau
StRin Wehsely, tatsächlich - und das habe ich gestern sehr, sehr positiv
empfunden - ein offenes Ohr und auch ein Problembewusstsein haben, was diese
Dinge betrifft, dass wir nur sozusagen in der Konsequenz, was wir jetzt tun
müssen, auseinanderliegen, aber dass die Richtung stimmt. Also insofern, Herr
Ebinger, war das gestern ein guter Anfang, finde ich, und auch eine sehr, sehr
zielführende Debatte. Bevor ich auf die Rettung zu sprechen komme, möchte ich
aus gegebenem Anlass auch auf diese Fragestellungen eingehen.
Sie haben gestern gemeint, Frau Stadträtin,
dass man durch Bewusstseinsbildung viel erreichen kann. Da gebe ich Ihnen total
recht. Es geht darum, dass Leute vor 20 Jahren noch gemeint haben: Wenn
ich etwas geschenkt bekomme, freue ich mich! - Das war ja auch in anderen
Bereichen der Fall. Ich kann mich selbst erinnern, dass man früher auch
Kalender bekommen hat, oder ich weiß nicht, was man alles bekommen hat, wenn
ein Jahreswechsel war. Diese Dinge sterben aus. Wir hoffen, dass auch jene
Dinge aussterben, wo es wirklich um Geld geht. Die Bewusstseinsbildung ist
eines, und Sie haben auch recht, dass sozusagen die Generation der Ärzte und
Ärztinnen im Abtreten ist, die sagt: Der OP gehört mir, der Patient gehört mir (Amtsf
StRin Mag Sonja Wehsely: Die Schwestern!), die Schwestern stehen mir zur
Verfügung, und da mache ich jetzt einmal meine Privatpatienten und
-patientinnen und habe kein Unrechtsbewusstsein angesichts dessen, dass das
alles öffentliche Einrichtungen sind.
Bewusstseinsbildung ja, Generationswechsel
ja, aber: Strukturmaßnahmen! Sozusagen: Und führe mich nicht in Versuchung! -
Das gibt es ja in jeder Institution, wenn jemand sich vielleicht vom Chef
benachteiligt fühlt oder in der Karriere nicht zum Zug gekommen ist, dass er
oder sie sich dann denkt: Da habe ich eine Möglichkeit, das zu kompensieren,
meinen Frust damit zu bearbeiten, indem ich schaue, dass ich anderswo dazu
komme! - Solche menschliche Reaktionen gibt es in allen Unternehmungen, es gibt
diesbezüglich - und es ist mir wichtig, das zu sagen - kein
gesundheitsbereichsspezifisches Problem. Und es ist auch sicher so, dass das
Personal in den Spitälern in erster Linie und vorrangig heilen will und helfen
will. Aber wollen wir darauf hinschauen, wo sozusagen dann diese Lücken sind!
Und das geht, finde ich, mit
Bewusstseinsbildung auch, aber nicht nur. Da geht es um Strukturveränderungen.
Und da hat ja das Kontrollamt ein paar Wege gewiesen, wie das sein könnte, und
auch ein paar wirklich sehr gravierende Probleme geschildert. Für die, die
nicht im Kontrollausschuss sind und die vielleicht die Berichte zu anderen
Geschäftsgruppen weniger gründlich lesen, sei einmal zusammengefasst:
Da geht es darum, dass man – und nach wie
vor - davon sprechen muss, dass es im Gesundheitsbereich „informal payments“
geben kann, also sozusagen die Kuvertmedizin. Und wenn man dann nichts findet -
und das Kontrollamt hat das hier auch ganz deutlich gemacht - und alle sagen:
Nein, das ist ja nicht der Fall!, und: Beweisen Sie es uns!, dann muss man sich
darauf zurückbesinnen, dass es ja so ist, dass man zwei Gewinner hat: den, der
Geld gibt, und den, der Geld nimmt. Und der Dritte, der Geschädigte, die
öffentliche Hand, ist außen vor. Es ist also schwer, diese Dinge aufzufinden.
Und so sagt das Kontrollamt auch ganz klar: Die Aufklärung im
Krankenanstaltenverbund wurde nicht mit der letzten Konsequenz vorangetrieben.
- Also, da ist zu handeln.
Aber es ist auch dort zu handeln, wo es
darum geht, Unvereinbarkeiten aus der Welt zu schaffen. Es kann nicht so sein,
dass bei der Anschaffung von Medizinprodukten - es geht nicht immer nur um
Medikamente, sondern es geht auch um Implantate und andere Dinge;
Herzschrittmacher und Stents werden vom Kontrollamt konkret erwähnt – zu wenig
Unterlagen vorliegen und dass nicht schlüssig argumentiert wird, warum ein
Produkt zum Zug kommt, dass Preisverhandlungen in manchen Fällen direkt von den
Ärzten, Ärztinnen geführt werden und nicht über die Wirtschaftsabteilungen.
Wenn es dann gleichzeitig, wie wir wissen, nicht notwendig ist,
Firmenbeteiligungen offenzulegen, wenn Nebenbeschäftigungen,
Konsulentenverträge und so weiter nicht in dem Ausmaß lückenlos bekannt sind,
dann kann es hier - wir unterstellen nicht im Einzelfall, dass es so ist, aber es besteht
faktisch theoretisch, vielleicht auch praktisch die Möglichkeit - durch
Unvereinbarkeit zur Vorteilsnahme einzelner Akteure, Akteurinnen kommen.
Als besonders kritikwürdig in diesem Zusammenhang hat das Kontrollamt
auch festgestellt, dass es bei der Beschaffung von Implantaten - im
Bundesvergabegesetz sind ja Wertgrenzen bei der Beschaffung vorgesehen -
schlicht und einfach dort, wo diese Wertgrenzen bei Weitem überschritten
wurden, Direktvergaben gegeben hat, während die rechtlich korrekte
Vorgangsweise wäre, dass man diese Dinge im Rahmen eines Vergabeverfahrens
anschafft und auch die entsprechende Dokumentation vorgehalten wird. Auch das
war nicht der Fall.
Wenn wir uns dann die Situation bezüglich der
Nebenbeschäftigungen der Ärzteschaft vor Augen halten - und wir kennen die
Dinge ja, leider, und die Frau Stadträtin hat es ja gestern auch als sozusagen
nicht wünschenswerte Situation beschrieben: die schwierigen Fälle machen wir im
KAV, und dort, wo es super lukrativ ist, machen wir es auf der „Goldenen
Meile"; und wenn ein Problem auftritt, sind wir ganz schnell, aber ganz
schnell wieder zurück im AKH, weil dann dort die Dinge, wie wir ja wissen,
sehr, sehr gut erledigt werden –, dann müssen wir wirklich sagen: So kann es
nicht sein! Und die Frage ist: Was tun wir? - Da sind wir uns
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