Gemeinderat,
56. Sitzung vom 27.01.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 93
der Stadt abzuhalten. Das machen Sie nun. Wir brauchen nicht mit Ihnen
zu diskutieren, weil Sie dasitzen und genau diesen Gesichtsausdruck haben, den
ich schon dreimal erlebt habe. Es ist eigentlich blunznwurscht, was hier gesagt
wird, weil Sie haben die Mehrheit. Sie haben beschlossen, das durchzuziehen.
Sie ziehen es durch.
Meine Damen und Herren, deshalb werde ich hier auch nicht darüber
diskutieren, wie diese Fragen hätten formuliert werden sollen. Diese Debatte
haben wir sowohl in diesem Haus als auch in der Öffentlichkeit geführt. Ich
werde auch nicht mehr über die unfassbare Vorgangsweise mit der
Oppositionspolitik diskutieren, so zu tun, vorzugaukeln, dass man bereit ist,
eine gemeinsame neutrale Formulierung der Fragen zu entwickeln, nur um uns dann
erst recht vor den Kopf zu stoßen und die eigenen suggestiven und grundfalschen
Formulierungen durchzuziehen.
Ich werde auch nicht darüber diskutieren, dass jetzt alle Haushalte aufgerufen
sind, schlussendlich alle Wählerinnen und Wähler in Wien, also direkt zu Hause,
über Konzepte zu entscheiden, über die es keine Information seitens der Stadt
gibt, wo man teilweise nicht weiß, worüber man eigentlich genau abstimmt. Bei
vielen Fragen fehlen die Rahmenbedingungen gänzlich, etwa in der Frage der
ganztägigen Schulen, um ein Beispiel zu geben, oder aber auch in der Frage der
City-Maut. Das ist überhaupt der Gipfel, weil das ist schlussendlich eine
Entweder-oder-Frage. Wie auch immer, das alles haben wir bereits ausdiskutiert.
Umso mehr kann ich Ihnen sagen, es ist schade, dieses wertvolle
direktdemokratische Instrument auf diese Art und Weise zu verballhornen und
jene Bürgerinnen und Bürger in der Stadt, die schon seit Längerem darauf warten,
dass sie die Möglichkeit haben, ihre Meinung einzubringen, etwa in der Frage
der Verbauung des Augartenspitzes oder die Schülerinnen und Schüler in der
Geblergasse mit ihren Lehrern und ihren Eltern, die gern ihre Meinung
einbringen würden, ob sie denn wünschen, dass unter ihrem Pausenhof eine
Tiefgarage für Autos kommt, in der ewigen SPÖ-Manier nichts zu melden haben.
Das werden sie sich merken! Und das werden Sie dann auch spätestens am Wahltag
merken! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächster am Wort ist Herr GR Lindenmayr. Ich erteile es ihm.
GR Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich zitiere einen Antrag aus der letzten Gemeinderatssitzung:
„Beschlussantrag: Direktdemokratische Instrumente wie Volksbefragungen sind
wichtige Elemente unserer parlamentarischen Demokratie. (GR Alfred Hoch: Wo sind die SPÖ-Gemeinderäte?) Der Einsatz von
Instrumenten der direkten Demokratie, wie zum Beispiel Volksbefragungen, möge
daher im Sinne eines modernen Verständnisses von aktiver Bürgerbeteiligung in
Zukunft vom Wiener Gemeinderat vermehrt initiiert werden." - Überraschung,
dieser Antrag wurde von der ÖVP gestellt! Das heißt, der ÖVP ist es sehr wohl
wichtig, dass Volksbefragungen stattfinden, nur wenn die Fragestellungen und
Fragen der ÖVP nicht passen, dann ist die ÖVP auf einmal dagegen und sagt, es
sind Suggestivfragen, rhetorische Fragen und Ähnliches. (GR Dr Matthias Tschirf: Weil wir verhindern wollen, wie es die SPÖ
macht!)
Die ÖVP hat diesen Antrag eingebracht. (GR Dr Matthias Tschirf: Aber keine Suggestivfragen! Keine
verfassungsrechtlich bedenklichen Fragen!) Der Antrag wurde hier übrigens
mit Stimmenmehrheit angenommen, weil die SPÖ zugestimmt hat. (GR Alfred Hoch: Es hört Ihnen in der
eigenen Fraktion niemand zu!) Von der ÖVP hat nur eine einzige Person
diesem Antrag zugestimmt. Da sieht man schon die Zerrissenheit der ÖVP. (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist doch
Blödsinn!) Sie weiß selbst nicht, ob sie für direkte Demokratie oder nicht
für direkte Demokratie ist. (GR Dr
Matthias Tschirf: Das ist ein Wahnsinn! Das ist völliger Blödsinn!) Den
Saal zu verlassen, ist auch keine demokratiepolitische Errungenschaft der ÖVP.
Das muss man klar aufzeigen. (Zwischenrufe
von zwei Besucherinnen auf der Galerie: Hausprojekt her!)
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Bitte nehmen Sie Platz
auf der Galerie. Sie dürfen nicht stehen und auch nicht schreien. Setzen Sie sich
bitte wieder nieder. (Zwischenrufe von
zwei Besucherinnen auf der Galerie: Hausprojekt her! – Die zwei Besucherinnen
werfen Flugzettel mit der Überschrift „Hausprojekt her!" in den
Sitzungssaal.) Setzen Sie sich bitte wieder nieder. Sie dürfen weder stehen
noch schreien.
GR Siegi Lindenmayr (fortsetzend):
Leider habe ich nur wenig Zeit. Ich hoffe, dass mir diese Sekunden eingerechnet
werden.
Ich bin dabei stehen geblieben, dass die ÖVP, wenn es ihr in den Kram
passt, sagt, das ist demokratiepolitisch bedenklich, aber selbst verhält sie
sich demokratiepolitisch bedenklich.
Ich nütze hier sehr gerne die Gelegenheit, noch einmal auf unsere
Volksbefragung hinzuweisen. Hätten nämlich wir die Aktuelle Stunde gestaltet
und dieses Thema vorgeschlagen, hätten wir die Vorwürfe bekommen, wir nützen
schon wieder die Zeit, um noch einmal Werbung zu machen und so weiter.
Ich
danke der ÖVP, dass sie das getan hat! Und wenn die FPÖ und Kollege Herzog von
Steuergeld sprechen, dann frage ich mich: Warum fällt mir zur FPÖ und zu
Steuergeld immer Kärnten ein? – Ich weiß es ganz genau! Dort ist es
nämlich erst vor kurzer Zeit passiert, dass die Kärntner Freiheitlichen
1 Million EUR aus der Parteienförderung direkt sozusagen als
Schutzgeld an die FPÖ in Wien, an Herrn Strache, überwiesen haben. Die FPÖ
geriert sich hier als Schutzpatron – wie ich sagen möchte – der
organisierten Kärntner Untreue oder Wirtschaftskriminalität. Das ist, wenn man
FPÖ und Steuergeld in Zusammenhang bringt, der Öffentlichkeit bekannt, und ich
wundere mich daher, dass die FPÖ das hier überhaupt zur Sprache bringt!
Wien will’s wissen: Die Volksbefragung findet von
11. bis 13. Februar 2010 statt. Alle Infos, sehr geehrte
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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