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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 117 von 123

 

Intellektuellen, Künstlern und Künstlerinnen, Wissenschaftern, Universitätsprofessoren eine Stellungnahme abgegeben, und ich möchte ganz kurz ausschnittartig daraus zitieren.

 

Zitat: „Angesichts des politischen Kampfes in dieser Stadt fühlen wir uns vor unserem Gewissen verpflichtet, folgende Erklärung abzugeben." Es heißt dann weiter an anderer Stelle: „Es wäre aber ein wahres Versäumnis, wenn man im Abwehrkampf gegen Steuerlasten die große soziale und kulturelle Leistung der Wiener Stadtverwaltung übersähe. Diese große und fruchtbare Leistung, welche die Bedürftigen leiblich betreut, die Jugend nach den besten Prinzipien erzieht und entwickelt, den Strom der Kultur in die Tiefe leitet, diese Taten wollen gerade wir anerkennen. Dieses überpolitische Werk möchten gerade wir erhalten und gefördert wissen. Geist und Humanität sind ein und dasselbe."

 

Neben Sigmund Freud haben diesen Wahlaufruf von damals, für den damaligen Bürgermeister, unter anderem unterzeichnet: Fritz Grünbaum, Hans Kelsen, Alma Mahler-Werfel, Robert Musil, Alfred Polgar, Oskar Strnad, Franz Werfel!

 

Ich habe nur die wohl bekanntesten Namen, die alle hier kennen und deren Leistungen wohl auch alle kennen, zitieren wollen. Diesen Aufruf haben viele weitere unterschrieben, und um diesen Aufruf zu verstehen, muss man einfach wissen, was damals in diesem Wien passiert ist. Ich möchte hier nur drei Stichworte erwähnen, drei Stichworte in Erinnerung rufen.

 

Das erste Stichwort ist Tuberkulose. Die Tuberkulose ist in der Stadt nicht von der Medizin ausgerottet worden. Nein, die Architektur des so genannten Roten Wien, die von der Stadtverwaltung den Auftrag bekam, nach dem Prinzip „Licht, Luft, Sonne" zu bauen, trockene Wohnungen statt der feuchten Gelasse zu schaffen, das war ein wesentlicher Schritt, um sozusagen die sozialen Verhältnisse der Arbeiterschaft in Wien bedeutend zu verbessern. Das heißt, erst der soziale Wohnbau der Ersten Republik, der Zeit des Wien der Zwischenkriegszeit, hat die triste Mietzinskasernen-Geschichte Wiens beendet.

 

Das zweite Stichwort ist „Wasser, Bäder, Sport, Erziehung und Bildung". Wien hat sich in der damaligen Zeit der Montessori-Pädagogik geöffnet, und Anna Freud hat begonnen, pädagogische Programme für die Kindergärten zu schaffen. Die Pädagogik, die bis zum Ersten Weltkrieg fest in der Hand von Männern war, ist auch für Frauen geöffnet worden, und hier haben Pädagogen und Pädagoginnen Phänomenales für die Wiener Jugend geleistet. Es war ein echter Quantensprung, ein völlig neues Herangehen unter dem Motto: Von der Drillschule zur so genannten Arbeitsschule. Arbeit steht für Anwendung und für praktisches Leben. (Ruf bei der ÖVP: Ist das ein Seminar?)

 

Das dritte Stichwort schließlich ist „Körperkultur und Sexualität". Das Wien der Jahrhundertwende war ein sehr borniertes Wien, auch in Fragen der Sexualmoral und der Körperkultur. (Ruf bei den GRÜNEN: Wir sind heute ...!) Erst die pädagogischen Maßnahmen des so genannten Roten Wien haben die Borniertheit des christlich-sozialen Wiens überwinden können, mit verschiedensten Maßnahmen wie Sexualunterricht für Jugendgruppen, Sexualaufklärung für junge Frauen, was in Wien überhaupt nicht selbstverständlich war. Das ist ebenfalls ein gesellschaftlicher Quantensprung der damaligen Zeit gewesen.

 

Aus diesen Gründen war das Rote Wien verhasst bei den Heimwehrfaschisten, diese haben dem Roten Wien schließlich auch den Garaus bereitet. Daran sieht man ganz einfach, wer genau dieses Rote Wien auf der Abschussliste hatte, und das soll uns historisch ganz einfach zu denken geben. - Danke. (Beifall bei der SPÖ. - GR Mag Thomas Reindl: Haben Sie aufgepasst, Herr Schreuder? Jetzt haben Sie etwas gelernt!)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Die Frau Berichterstatterin hat auf das Schlusswort verzichtet, wir kommen daher zur Abstimmung.

 

Ich bitte jene Damen und Herren des Gemeinderates, die der Postnummer 58 die Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Dieses Poststück wird von der SPÖ unterstützt und hat die ausreichende Mehrheit.

 

Wir kommen zur Abstimmung über die Postnummer 59. Ich bitte jene Damen und Herren, die der Postnummer 59 die Zustimmung geben, um ein Zeichen mit der Hand. - Dies wird von der SPÖ unterstützt und hat damit die ausreichende Mehrheit.

 

Es gelangt nunmehr die Postnummer 63 der Tagesordnung zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an die Vereinigte Bühnen Wien GesmbH. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Floigl, die Verhandlung einzuleiten.

 

Berichterstatterin GRin Veronika Floigl: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Akt.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Ringler. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Noch eine Anmerkung zum letzten Akt: Bei den GRÜNEN wäre Frau Krotsch an dieser Stelle hinausgegangen. Sie hätte sich als befangen erklärt und hätte nicht für ihren eigenen Verein so viel Geld abgestimmt! (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)

 

Aber das ist das Verständnis der SPÖ von der Stadt und von dem, was man mit Steuergeld offensichtlich alles tun kann. Sie werden die Rechnung dafür bekommen! Dafür werden wir sorgen, und die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt ebenfalls. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

 

Zu den Vereinigten Bühnen werde ich nur ein paar Worte sagen. Das ist auch ein großes schwarzes Loch der Wiener Kulturpolitik, allerdings zumindest nicht so eindeutig - um nicht zu sagen, gar nicht - SPÖ-dominiert, was die politische Zusammensetzung betrifft. Allerdings sind die Vereinigten Bühnen ein Sorgenkind der Wiener Kulturpolitik, und seit vielen Jahren bemühen wir uns darum, Licht ins Dunkel zu bringen. Deshalb werden wir

 

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