Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 116 von 123
die Wählerinnen und Wähler scharenweise davonlaufen. Die Menschen
durchschauen nämlich diese perfide Art der Steuergeldvernichtung und werden Sie
dafür bei der nächsten Wahl entsprechend abstrafen! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich tue mir ein bisschen schwer mit dem Sprechen, weil ich so viel
husten muss; ich bin leider schon krank geworden.
Das Rote Wien - wir haben es heute schon gehört - hat sicher seine
Berechtigung, speziell in der Zwischenkriegszeit. Ich habe selbst Vorträge über
roten Wohnbau, der etwas Herausragendes war, gehalten, selbst Vorträge über
diese Dinge.
Aber, um es kurz zu machen, ich kann mich natürlich den Worten meiner
beiden Vorredner vollinhaltlich anschließen! Es ist eine eigentlich fast
ungeschickte Parteienfinanzierung und ein Abgesang, wenn man das jetzt macht.
Es gibt keine professionellen Kuratoren. Herr Rieder war sicher ein guter
Finanzstadtrat, aber ob er ein Kurator für eine Ausstellung ist, weiß ich
nicht. Wenn man das ein bisschen geschickter gemacht hätte, hätte man es ins
Budget oder in ein Sonderbudget des Historischen Museums hineingegeben, und
jeder hätte gesagt: Na ja, warum auch nicht!
Nein, so macht man eine kleine Parteiveranstaltung - machen Sie nur!
Herr Kollege Dworak hat richtigerweise gesagt: Es wird sicher eine der letzten
Sachen sein, die Sie auf diese Art und Weise in diesem Gemeinderat durchtragen.
Wir sind selbstverständlich dagegen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum Wort gemeldet hat
sich Herr StR Dr Mailath-Pokorny. Ich erteile es ihm.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Vorsitzender!
Nur kurz der Versuch einer Richtigstellung: Ich meine, ich verstehe
schon, es ist Wahlkampf, und wenn irgendwo Rot oder SPÖ draufsteht, dann müssen
Sie draufhüpfen. Ich verweise nur ein bisschen auf die Ambivalenz: Alle sagen,
das ist wichtig, das Rote Wien ist eine ganz wichtige Sache (GR
Dr Herbert Madejski: In einem Museum! In ein Museum gehört es!), da
muss man Vorträge halten, man muss darüber reden und alles das. (GR
Dr Herbert Madejski: Wir haben dafür drei Museen in Wien! - Weitere
Zwischenrufe.)
Aber Sie haben hellseherische Fähigkeiten: Sie wissen genau, was dort
passiert, nämlich eine Parteipropaganda der SPÖ. Woher Sie das haben, weiß ich
nicht, weder steht das in dem Antrag drin noch sonst etwas. (GR
Mag Wolfgang Jung: So patschert sind nicht einmal Sie! - Weitere
Zwischenrufe.) Ich lade Sie ein, sich das anzuschauen, und Sie werden
sehen, es wird sicher auch für die vielen, vielen, die tatsächlich ein
Interesse am Roten Wien haben - offensichtlich auch Sie, weil Sie das sonst
nicht meinen würden -, ein interessantes Thema sein, sich das anzuschauen.
Es hat natürlich mitnichten etwas mit einer Parteienfinanzierung zu
tun! Das ist lächerlich; nur weil Rot oder SPÖ draufsteht, ist das auch keine
Finanzierung. Ich sage da immer: „Honni soit qui mal y pense“, schlecht ist,
wer Böses dabei denkt. Aber vielleicht wissen Sie ja über die Art und Weise der
Parteienfinanzierung ein bisschen besser Bescheid als wir.
Meine Damen und Herren! Ich wollte eigentlich vor allem eines
richtigstellen, weil auch GR Schreuder über den Rosa Platz so genau Bescheid weiß.
Es ist weder - wie Sie in den Aussendungen behauptet haben - das Projekt
abgesagt noch gehen wir mit den homosexuellen und Transgender-Opfern des
Nationalsozialismus irgendwie um, wie Sie uns unterstellen, sondern
selbstverständlich haben wir uns in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr
intensiv bemüht, ein, glaube ich, sehr komplexes Projekt, nämlich das Projekt
des Rosa Platzes von einem Künstler namens Kupelwieser, auch umzusetzen.
Sie können gerne in die Akten oder sonst wo Einsicht nehmen, dass es
tatsächlich an den technischen Schwierigkeiten gescheitert ist. Das ist
nachvollziehbar, das wurde auch mit dem Künstler besprochen. Wir haben ihn in
einer zweiten Phase eingeladen, dass er das adaptiert und es so schafft, dass
das an einem sehr heiklen Platz tatsächlich umsetzbar ist. Wir haben uns
daraufhin entschlossen, um selbstverständlich diesem Gedanken und der Idee,
dass es eine Auseinandersetzung beziehungsweise ein Erinnern an die
homosexuellen und Transgender-Opfer des Nationalsozialismus geben muss, als
nächsten Schritt dort an diesem Platz temporäre Projekte umzusetzen, und auch
schon einen Kurator eingeladen.
Ich sage das nur - ich meine, Sie werden es weiter behaupten -
sozusagen auch fürs Protokoll und damit Sie nicht sagen können, Sie hätten es
nicht gewusst. Sie wissen es ohnehin, ich habe Ihnen auch schon im Ausschuss
zweimal darüber Auskunft gegeben. Ich möchte nur festhalten: Selbstverständlich
ist das Projekt nicht gestorben, sondern nur dieses konkrete eine Projekt, die
Idee und die Umsetzung wird selbstverständlich weiterhin erfolgen! (Beifall
bei der SPÖ. - GR Marco Schreuder: Gibt es eine neue Ausschreibung?)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet hat sich Herr GR Dr Troch. - Bitte.
GR Dr Harald Troch (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Einer der wohl bedeutendsten österreichischen
Wissenschafter des 20. Jahrhunderts hat sich ein einziges Mal klar politisch
geäußert. Dieser Mann, der sich ein einziges Mal in seinem Leben klar politisch
geäußert hat, war Sigmund Freud. Sigmund Freud hat im Jahr 1927, als wieder
einmal die Wahl des Gemeinderates in Wien anstand, gemeinsam mit vielen anderen
Wiener
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