Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 115 von 123
Verhandlung über die Geschäftsstücke 58 und 59 der Tagesordnung - sie
betreffen Subventionen an den Verein Sammlung Rotes Wien - zusammenzuziehen,
die Abstimmung jedoch getrennt durchzuführen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? - Ich sehe hier keinen Einspruch. Ich
bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Bluma, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Susanne Bluma: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet hat sich Herr GR Schreuder. Ich
erteile es ihm.
GR Marco Schreuder (Grüner Klub im Rathaus):
Danke, Herr Vorsitzender, jetzt hätten mich meine Kolleginnen fast so
abgelenkt, dass ich Sie überhört hätte.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Wir beschließen mit diesem Akt, also Sie beschließen mit diesem Akt
165 000 EUR für die Sammlungen Rotes Wien. Wir haben hier in diesem
Gemeinderat schon sehr viele Debatten gehabt über Finanzierungen und
Subventionen an parteinahe beziehungsweise sogar parteiliche Vereine, die
allesamt sozialdemokratisch dominiert sind. Aber dieser Akt ist tatsächlich der
unverschämteste Akt, der mir bislang in diesem Gemeinderat untergekommen ist,
wenn es um Finanzierung von Parteiinteressen geht: Im Wahljahr 2010 macht die
SPÖ ein Museum über sich selbst! (GRin Mag Waltraut Antonov: Zufall! -
Weitere Zwischenrufe.)
So ist das: Im Waschsalon des Karl-Marx-Hofes wird den tatsächlich,
keine Frage, historischen Errungenschaften des Roten Wiens gehuldigt. Ich
glaube, wir sind alle in diesem Haus sicher der Meinung, dass das Rote Wien
eine große, historische, spannende Phase für Wien ist und war. (GR
Mag Wolfgang Jung: War! - Weitere Zwischenrufe.) Ja, war, vor allem.
Historisch gesehen ist das noch immer eine spannende Zeit. Aber was uns
da erwartet, ist ausschließlich Huldigung, beantragt ausschließlich von
SPÖ-Politikerinnen und -Politikern, die in diesem Verein sitzen. (GRin Mag
Waltraut Antonov: Zufall!) Da drin sitzt Herr Karl Lacina, ehemaliger
Bezirksvorsteher, der ehemalige StR Sepp Rieder, Frau Kollegin Krotsch, es
sitzt die SPÖ-Nationalratsabgeordnete Petra Bayr drin, ausschließlich Namen wie
diese. Kein Historiker und keine Historikerin sitzt drin, kein Museum, keine
Instanz, die eine wissenschaftliche, objektive Sichtweise über die SPÖ und die
sozialdemokratischen Errungenschaften dieser Stadt darstellen würde, nein!
Aber wir können ja im Akt selber einmal schauen, was diese Sammlungen
denn so planen. Es gibt Porträts zu den großen Männern - Frauen kommen nicht
vor - der Sozialdemokratie. Es hat mich sehr geschmerzt, dass wir gerade heute
erfahren haben, dass es keine fixe Installation am Morzinplatz für die
homosexuellen Opfer der NS-Zeit geben wird. Man möge sich übrigens einmal
vorstellen, es würde mit anderen Opfergruppen so umgegangen werden - man möge
sich das bitte nur einmal kurz vorstellen! Bei den Homosexuellen kann man es ja
machen.
Hier wird der sozialdemokratischen NS-Opfer gedacht. Das finde ich
wieder richtig. Aber warum es nur sozialdemokratische NS-Opfer sind, ist mir
auch ein Rätsel.
Es ist eine ausschließliche SPÖ-Propaganda, es geht ausschließlich
darum, im Wahljahr zu zeigen, wie wichtig doch die SPÖ für diese Stadt sei. Es
geht hier eindeutig nur darum. Dieser Akt ist unverschämt, mit diesem Akt wird
die SPÖ selbst museumsreif! - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN und von
Gemeinderätinnen und Gemeinderäten der ÖVP und FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr Ing Mag Dworak. Ich erteile es ihm.
GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Meine Damen und Herren!
Marco Schreuder hat schon sehr viel über diesen Akt erzählt. Der Titel Rotes
Wien, die Huldigung der SPÖ an sich selber, ist ein Inbegriff einer
Selbstbedienungsmentalität, die wirklich jedem Bürger an die Hutschnur gehen
muss. Es ist ein Inbegriff dessen, wie die SPÖ-Stadtregierung mit dem
Steuergeld, nämlich dem der Wienerinnen und Wiener, umgeht. Es ist das die
letztgültige Bestätigung der rot eingefärbten Kulturpolitik in dieser Stadt.
Meine Damen und Herren! Während eine große Zahl an Kulturschaffenden
von der MA 7 regelmäßig mit „Es gibt kein Geld!" abgelehnt werden, bedient
sich die SPÖ aus den Kassen der Stadt. Es ist ein unverschämter Griff in die
Geldbörsen der Steuerzahler, der abzulehnen ist, meine Damen und Herren. Diese
Ausstellung ist maximal aus den der SPÖ im Rahmen der Parteiensubventionen
gewährten Mitteln zu finanzieren, aber sicher nicht aus öffentlichen
Kulturmitteln dieser Stadt!
Diese Vorgehensweise, die Steuerleistungen des Volkes für
propagandistische Zwecke zu verwenden, hat geradezu marxistische und
spätkommunistische Züge. Sie bedienen sich in einer unverschämten Art und Weise
an den Geldern dieser Stadt für Ihren Wahlkampf. Mit der Subvention für dieses
Projekt betreiben Sie Missbrauch mit dem Geld der steuerzahlenden Bevölkerung
lediglich zum Eigennutz der SPÖ. Alle Oppositionsparteien kritisieren diese
Vorgangsweise und lehnen die beiden Anträge mit Entrüstung ab!
Es wird im Antrag in unverblümter Weise auf den Zweck der
Propagandaausstellung hingewiesen, hier heißt es: „damit dieses für die jüngere
Stadtgeschichte wichtige Vorhaben zu einem baldigen Abschluss gebracht werden
kann". Sie ahnen nämlich, meine Damen und Herren von der SPÖ,
offensichtlich bereits das vernichtende Wahlergebnis, das Ihnen die Wienerinnen
und Wiener im nächsten Oktober bereiten werden! Sonst würden Sie ja nicht rechtzeitig
dafür sorgen, dass man Ihre Hinterlassenschaften in einem eigenen Museum
wiederfinden kann.
Im nächsten Jahr ist nämlich endgültig Schluss mit
diesem Unfug, den Sie hier auf Kosten der Allgemeinheit veranstalten. Sie
dürfen sich nicht wundern, wenn Ihnen
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