Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 123
durch die Bereitschaft sowohl des Bundes als auch der Stadt Wien, sich
zu generellen Finanzierungsverträgen, die ein Bündel von Maßnahmen zur
Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs beinhalten und ein flexibles
Reagieren auf veränderte Rahmenbedingungen erlauben, zu bekennen. Der Anteil
des ÖPNV an allen zurückgelegten Wegen, Modal-Splits, liegt in Wien bei
35 Prozent und dies bei steigender Tendenz. Dies bedeutet international
einen Spitzenplatz für die Wiener Linien und in der Folge einen Spitzenplatz
für die Stadt Wien in puncto Attraktivität und Lebensqualität. Ein wesentlicher
Grund dafür ist die Konzeption und Leistungsfähigkeit der Wiener U-Bahn.
Hunderttausende von täglich zufriedenen Kunden sind dafür ein unzweifelhafter
Beweis." - Weiters meinen die Wiener Linien: „Es ist für die Wiener Linien
daher unverständlich, wenn der Rechnungshof einleitend sein Prüfungsergebnis
mit der pauschal verurteilenden Aussage, das interne Kontrollsystem der Wiener
Linien hätte versagt, zusammenfasst. Nach Ansicht der Wiener Linien wurde das
Projekt technisch und terminlich höchsten Ansprüchen gerecht." - Weiters:
„Dass diese Tatsachen sowie die rechtzeitige Fertigstellung der unter schwierigsten
hydrogeologischen und servitutsrechtlichen Bedingungen gebauten U2-Verlängerung
zum Stadion vom Rechnungshof mit keinem Wort gewürdigt werden, ist nicht zu
verstehen. Von einem Versagen kann daher in keiner Weise gesprochen
werden."
Meine Damen und Herren, im Rechnungshofbericht steht auch: „Die baulich
anspruchsvollen Verlängerungen der U1 bis nach Leopoldau und der U2 bis zum
Prater-Stadion konnten trotz des Termindrucks durch die
Fußball-Europameisterschaft EURO 2008 zeitgerecht fertiggestellt werden."
- Ich denke, es ist genug gewürdigt. Ich denke, auch die Geschäftsführung der
Wiener Linien wird gewürdigt, weil ich nehme an, dass die
Geschäftsführungsgehälter der Wiener Linien Würdigung genug sind und die
Geschäftsführung diesen Job zu erledigen hat.
Weiters schließe ich mich der Meinung des Rechnungshofes voll und ganz
an, dass der Rechnungshof daran erinnert, dass weder die Kundenzufriedenheit
noch die technischen und betrieblichen Anforderungen Prüfungsgegenstand waren,
sondern die Gebarung der Wiener Linien im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen der
Verlängerung der U1 von Kagran nach Leopoldau und der U2 von Schottenring bis
Stadion.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt zur Kernaussage, zum Fakt:
Fakt ist, dass die Geschäftsführung der Wiener Linien nach Erscheinen des
Rechnungshofberichtes bei einem Professor der TU Wien ein Gegengutachten
in Auftrag gegeben hat, das an Grasser-Methoden erinnert. Das hat der Herr
Grasser bereits 2003 gemacht. Er hat damals - es ging um eine Vorstandsvergabe
in der ÖIAG zu einem kritischen Rechnungshofbericht - ein Gegengutachten
bestellt. Meine Damen und Herren, darin liegt der große Unterschied. Im
Gegensatz zu diesem Haus, und auch die Frau Finanzstadträtin hat keinerlei
Kritik geübt, hat damals der Rechnungshofpräsident Fiedler Folgendes gemeint,
ich zitiere; Fiedler hatte in diesem Zusammenhang die Frage gestellt, wie man
mit einem Gutachten gegen den Rechnungshof umgehe, ob es dazu diene, die
Kompetenz des Rechnungshofes zu untergraben: „Man könne in juristischen Fragen
durchaus unterschiedlicher Meinung sein, dennoch sollte der Rechnungshof auf
Grund seiner Tätigkeit und Kompetenz mehr Kritik haben als ein privates
Gutachten." - Und weiters, Rechnungshofpräsident Fiedler: „Es kann nicht
so sein, dass ein vom Kritisierten in Auftrag gegebenes Gutachten die Kritik
des Rechnungshofes aufhebt." - Zum Abschluss meinte er, das ist ein Auszug
aus einer Mitschrift des Rechnungshofausschusses: „Da könnte man ja gleich den
Rechnungshof abschaffen. Das käme immerhin billiger.“
Meine Damen und Herren, wir wollen den Rechnungshof nicht abschaffen.
An dieser Stelle wollen wir uns auch für die Arbeit des Rechnungshofes
bedanken. Danke vielmals!
Ich möchte zum Abschluss betonen, meine Damen und Herren, dass solche
Gepflogenheiten, und sagen wir einmal, Grasser-Maßnahmen, in diesem Haus nicht
einreißen dürfen, dass eine öffentliche Stelle, die der Rechnungshofkontrolle
unterliegt, Prüfberichte mit Gutachten, die ebenfalls mit Steuergeld bezahlt
werden, zu relativieren versucht. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächster am Wort ist Herr GR Dr Ulm. Ich erteile es ihm.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin! Meine Damen und
Herren!
Sehr geehrter Herr Präsident! Ich darf mich auch bei Ihnen persönlich,
aber auch bei allen Mitarbeitern des Rechnungshofes für die wertvolle Arbeit,
die Sie für diesen Gemeinderat leisten, bedanken. Es wird damit in der
politischen Arbeit etwas leichter für uns.
Ich darf für meine Fraktion sagen, dass ich mich durch die Aussagen,
die der Rechnungshof, insbesondere zu den Beamtenpensionen, getroffen hat,
argumentativ unterstützt fühle. Ich finde es sehr interessant, dass hier der
Rechnungshof ein Einsparungspotenzial von 350 Millionen EUR errechnen
konnte, nur ausgehend von den Normen, die in den nächsten Jahren anzuwenden
sind und ausgehend vom Regelpensionsantrittsalter.
Was dabei in diesen 350 Millionen EUR überhaupt noch nicht
berücksichtigt ist, ist die gelebte Praxis der Pensionierungen in Wien. Ich bin
davon überzeugt, wenn sich das der Rechnungshof vielleicht in einem der
nächsten Berichte ansehen sollte, dass da auch ein ganz erkleckliches
Einsparungspotenzial drinnen ist, wenn man weiß, dass in Wien die vorzeitigen
Pensionierungen nicht der Ausnahmefall, sondern der Regelfall sind. Es ist so,
dass von den ungefähr 30 000 Beamten im Jahr durchschnittlich 900 in Wien
pensioniert werden und von diesen ungefähr 900 Pensionierungen erfolgen 600 als
Frühpensionierungen. Das ist, glaube ich, schon eine ganz besondere Zahl. Da
muss es unser politisches Anliegen sein, diesen Frühpensionierungsfall vom
Normalfall wieder zum Ausnahmefall zu machen.
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