Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 123
Autos hinten herauskommt, nicht in Wien entschieden wird, sondern das
werden die internationale Autoindustrie und die Europäische Union
determinieren. Ich glaube nicht, dass es von heute auf morgen eine breite
Palette von Elektromobilität geben wird.
Ich anerkenne, dass wir es hineingeschrieben haben, dass wir auch im
nächsten Jahr dafür sorgen werden, dass es die Infrastruktur gibt, wenn Autos -
was ich viel mehr glaube - wie zweirädrige, dreirädrige, leichte vierrädrige
Elektrofahrzeuge mit zweieinhalb Kilogramm etwas bringen. Ich glaube, dass wir
einen neuen Fahrzeugtyp bekommen werden, den wir uns ansatzweise in China
anschauen können. Die Idee, dass man eineinhalb Tonnen auf Elektro umrüstet und
dazu, ich weiß nicht, um 10 000 EUR Batterien hinten hineinpackt, das
ist eine Fehlkonstruktion - meine bescheidene technologische Einschätzung. Ich
glaube, dass es da Leichtfahrzeuge geben wird, die völlig anders aussehen werden,
als wir es uns heute vorstellen können.
Ich anerkenne, dass wir den Solarinvestitionsanteil signifikant erhöht
haben, ich anerkenne, dass wir Passivhausäquivalent als Standard drinstehen
haben, ich anerkenne einiges. In Summe ist das Ergebnis für uns als Gesellschaft
ernüchternd und für mich Motivation, noch viel drastischer und radikaler zu
fordern.
Lassen Sie mich mit dem schließen und es wiederholen, aber es ist mir -
und diejenigen, die mich kennen, wissen das - ein wirklich tiefes Anliegen: 30
bis 40 Prozent CO2-Reduktion in den nächsten elf Jahren geht so
weit über alles hinaus, was wir in unserer Gesellschaft verändern müssen! Das
sagt nicht irgendwer, das verhandeln derzeit die Regierungschefs aller
wesentlichen Länder der Welt.
Da gibt es eine Errungenschaft der Zivilisation, die ein wunderbares
Modell ist, und diese zivilisatorische Errungenschaft heißt: das Modell
europäische Stadt. Ich bin viel in Johannesburg, das kenne ich sehr gut, das
ist eine Stadt wie Los Angeles: Wenn ich dort einen Liter Milch einkaufen will,
fahre ich 20 km mit dem Auto. Das geht nicht anders, dort gibt es keinen
öffentlichen Verkehr. Ich fahre dort in vier Wochen mehr, als ich das ganze
Jahr in Wien oder in Österreich mit dem Auto fahre. Das sind Länder, das sind
Städte, die vor dramatischen Herausforderungen stehen. Ich sage nur ein
bisschen, in welche Richtung das passieren wird; das sage ich nicht in Richtung
Destruktion, sondern nur, um die Phantasie aufzumachen.
Wenn es ein Siedlungsmodell gibt, das bei 40 Prozent CO2
beendet ist, ist das die Suburbanisierung. Was machen wir denn mit diesen
Riesengebieten rund um Wien, in denen gesagt wird: „Was soll ich denn anderes
tun, ich kann ja nur mit dem Auto fahren?“ Ja, du kannst dort nur mit dem Auto
fahren, wenn du dein Kind in die Schule bringst, du kannst nur mit dem Auto
fahren, wenn du einkaufen gehst, du kannst nur fahren, wenn du Freunde triffst.
Und wenn du dann 60 oder 70 bist und allein in einem riesigen Haus sitzt? Auch
dort werden zwei Drittel oder 60 Prozent der Leute geschieden.
Wir haben das neulich einmal diskutiert: Was machen wir denn mit diesen
Siedlungen? Mitte des 19. Jahrhunderts haben wir eine Infrastruktur
niedergerissen, das war die Stadtmauer, da ist etwas übrig geblieben. Ich frage
mich, ob wir nicht ernsthaft weite Teile der Stadt wirklich neu bauen müssen,
nämlich neu bauen, was Verdichtung betrifft - und das nur als eine Metapher,
damit Sie spüren, wie weit das letztlich gehen wird!
Abschließend noch einmal: Ich anerkenne, was hier versucht worden ist.
Ich anerkenne vor allem das Procedere, dass man sich hinsetzt und verhandelt,
dass man Vorschläge aufnimmt und bewertet. Vieles war nicht durchsetzbar, weil
wir hier zu weit auseinander sind, insbesondere im Verkehrsbereich. Der
überwiegende Teil, ein großer Teil des Klubs wird in seinem
Abstimmungsverhalten zeigen, dass das nicht weit genug geht.
Ich werde diesem Beitrag zustimmen, denn ich anerkenne das, was da
drinnen ist. Und ich hoffe, dass wir bald darangehen können - nicht zuletzt
wegen der Ergebnisse, die in Kopenhagen, fürchte ich, nicht passieren werden -,
40 Prozent CO2-Reduktion auch für Wien anzustreben. Wir haben dann
eine andere Stadt. Ich bin mir aber sicher, es wird eine bessere - nicht nur
eine grünere, sondern eine bessere - Stadt für die Menschen sein. - Danke
schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Stiftner. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Während wir hier über das neue Klimaschutzprogramm und die Evaluierung
des alten sprechen, debattieren zeitgleich in Kopenhagen die weltweit
wichtigsten Entscheidungsträger des internationalen Klimaschutzes über die
globalen Maßnahmen zur Bekämpfung der Erderwärmung. In diesen Stunden und
Tagen, so kann und muss man annehmen, werden in der dänischen Hauptstadt
hoffentlich doch noch jene Beschlüsse gefasst werden, dass fünf vor zwölf die
Weichen so gestellt werden, dass unserer Erde ein Klima-Crash erspart bleibt.
Es mag - und das ist in den vergangenen Tagen auch medial da und dort
immer wieder berichtet worden - wissenschaftlich nicht alles zu 100 Prozent
klar erhärtet worden sein. Es wird immer debattiert, was für eine Rolle
Sonnenflecken bei der Klimaerwärmung spielen. Manche quittieren es mit einem
Schmunzeln, wenn sie über den Methanausstoß der Kühe diskutieren. Aber eines,
glaube ich, kann man generell festhalten: dass es hier nur mehr um Nuancen der
Interpretation geht! Denn im Wesentlichen ist die Situation klar analysiert:
Unser Globus und damit alles Leben darauf geraten in Gefahr, wenn es nicht
gelingt, die Erderwärmung zu stoppen, verehrte Damen und Herren! Denn die Situation
um die globale Erderwärmung ist mehr als bedenklich.
Ich möchte hier sehr wohl auch einige Fakten
anführen, damit klar ist, warum es so wichtig ist, auch in Wien
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular