Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 123
nicht gegeben ist. Aber wir stellen den
Antrag, dass der Bürgermeister und die zuständigen Stellen der Stadt Wien
aufgefordert werden, vom Innenministerium Maßnahmen einzufordern, damit die
Dauerbelästigung durch Demonstrationen in Einkaufsstraßen Wiens zum Nachteil
und Schaden der Anrainer, Kunden und Geschäftsleute beendet wird. Schließlich
wäre ein Verbot von Demonstrationen in Einkaufsstraßen ins Auge zu fassen.
Ich hoffe, dass diesbezüglich die
Unterstützung der ÖVP gegeben ist, die ich übrigens auch bei der Frage von
nicht in die historische Bausubstanz passenden Gebäuden erwarte. In diese
Richtung hat sich nämlich nicht zuletzt auch die Innenministerin bereits
positiv geäußert. Daher meine ich, dass die Innenministerin auf Anregung des
Herrn Bürgermeisters wirklich Schritte setzen sollte, damit ein Weg gefunden
wird, dass die Schädigung eines Großteils der Wiener Bevölkerung, nämlich die
Störung der Interessen der einkaufenden Bevölkerung, die sich in großen Scharen
in der Mariahilfer Straße aufhält und dort von Kleinstgruppen mit obskuren
Anliegen belästigt wird, ein Ende hat.
Ich stelle noch einmal fest, dass das
Demonstrationsrecht als Grundrecht selbstverständlich zu achten ist.
Demonstrationen müssen aber nicht dort stattfinden, wo niemand ist, der diese
Anliegen entgegennehmen kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Als Nächste am Wort ist Frau GRin Mag Vassilakou. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr
Bürgermeister!
Ich möchte zu Beginn Solon zitieren.
Diejenigen von Ihnen, die sich ein humanistisches Gymnasium angetan haben,
werden womöglich gleich verstehen, worum es geht. Solon hat gesagt: „Gerasko
d’aei didaskomenos.“ (Zwischenruf von GR Mag Johann Gudenus, MAIS.) Ah,
das wissen Sie? Das ist wunderbar! Wir haben hier jemanden, der Griechisch
versteht, Altgriechisch noch dazu! Gratuliere!
Das bedeutet: „Doch werde ich nicht alt,
ohne dass ich dazulerne.“ – Und ich muss zugeben, dass ich nach 13 Jahren
im Haus geglaubt habe, dass ich jetzt mehr oder weniger alles erlebt hätte, was
machbar ist und was die SPÖ auf dem Programm hat. – Ich habe mich aber
geirrt! Ich habe in den letzten Tagen nämlich definitiv wieder einmal
ordentlich dazugelernt!
Und das, was ich gelernt habe, lautet, dass die SPÖ zu allem fähig ist
und auch zu allen Mitteln greift, wenn sie angesichts alarmierender Umfrageergebnisse
erkennen muss, dass sie kurz davor steht, die Alleinherrschaft über Wien zu
verlieren! Dann greift sie buchstäblich zu allen Mitteln, meine Damen und
Herren! (Zwischenruf von VBgm
Dr Michael Ludwig.)
Ja, wir kommen schon noch zur direkten Demokratie! Unser Herr
Bürgermeister und die Wiener SPÖ entdecken nach immerhin mehr als
15 Jahren ihre große Liebe zu und ihren großen Respekt vor der direkten
Demokratie. Es ist zwar nicht so, dass wir in Wien keine Volksbefragungen
gehabt hätten. Vor etwas mehr als 15 Jahren, als Helmut Zilk Bürgermeister
dieser Stadt war, hat es mehrere Volksbefragungen gegeben, die übrigens auch
den Namen Volksbefragung verdient haben. Dabei handelte es sich nämlich um
Befragungen betreffend aktuell strittige Probleme oder anstehende
Entscheidungen der Stadt. Es waren dies also Befragungen hinsichtlich
ausgegorener Konzepte. Sie betrafen Dinge, die vollkommen klar auf dem Tisch
lagen, und das Volk wurde aufgerufen, kundzutun, ob man dafür ist oder ob man
dagegen ist. Meine Damen und Herren! Solche Volksbefragungen hat es damals, wie
gesagt, öfters gegeben.
In den 15 Jahren, in denen Michael Häupl Bürgermeister ist, hat es
hingegen kein einziges Mal eine Volksbefragung gegeben. Jetzt aber, vor dem
Wahlkampfjahr, entdeckt die Sozialdemokratie plötzlich, wie großartig es ist,
das Volk zu befragen, und ruft es auf, seine Meinung kundzutun. Das tut sie
allerdings in einer Art und Weise, die wirklich ihresgleichen sucht!
Zunächst verkündet man wochenlang vollmundig, wie offen man für
Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger und für Vorschläge der Opposition ist.
Dann schießt der Bürgermeister vor drei Tagen in seiner Pressekonferenz ein
Sammelsurium an Fragen geradezu aus der Hüfte, die zunächst aber mehr oder
weniger nur aus Überschriften bestehen, die unkonkret und unausgegoren und
teilweise auch inhaltlich widersinnig sind. – Dazu komme ich noch.
Dann gibt es entrüsteten Protest seitens der Opposition und die Frage,
ob das denn ernst gemeint ist und ob man wirklich meint, auf diese Art und
Weise und auf diesem Niveau jetzt eine Volksbefragung abhalten zu können.
Dann – und jetzt wird es spannend! – heißt es, dass man mit
den Oppositionsparteien das Gespräch suchen möchte, um immerhin vielleicht die
konkrete Ausgestaltung des Textes gemeinsam gestalten zu können, und zwar
sowohl betreffend die City-Maut als auch die Frage des Hundeführscheins, als
auch die Frage des U-Bahn-Betriebs in der Nacht. Dabei handelt es sich ja
immerhin um Forderungen, die von den Oppositionsparteien, insbesondere von den Grünen und teilweise auch von der ÖVP,
kamen, und zuletzt hat sich auch die FPÖ für den U-Bahn-Betrieb in der Nacht
ausgesprochen. – Diese Forderungen wurden, wie gesagt, seit Jahren hier im
Haus von der Opposition gestellt. Die SPÖ hat sich jedoch bis jetzt dagegen
gewehrt, diese Forderung auch tatsächlich umzusetzen.
Man ist jetzt so gnädig – wofür ich an dieser Stelle wirklich
vielmals danke! – und war so knieweich zu sagen: Setzen wir uns zusammen
und schauen wir, dass der Text jetzt vielleicht so gestaltet wird, dass er auch
für diejenigen akzeptabel ist, die diese Forderung seit Jahr und Tag gestellt
haben und die entsprechende Konzepte dafür haben, damit sie schlussendlich
innerhalb dieser Volksbefragung einen aktiven Part einnehmen und auch für das
eine oder andere Konzept tatsächlich werben können.
Das Ganze kostete uns zwei Tage Arbeitszeit, es gab
sinnlose Gespräche, und letztlich wurden wir gestern
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