Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 123
Abend mit einem Fragekatalog konfrontiert, von dem ich jetzt nur mehr
sage: Ich fasse es einfach nicht! Das kann nicht tatsächlich Ihr Ernst sein!
Zu all dem kommt hinzu, dass jetzt Fragen gestellt werden, die
manipulative Textpassagen enthalten. Sie werden sich daher den Vorwurf gefallen
lassen müssen, dass die Erläuterungstextblöcke zwischen den einzelnen Frage
sehr wohl bestimmte Antworten suggerieren. Sie legen diese nahe. Ich halte es
für unverschämt zu fragen, ob die U-Bahn am Wochenende in der Nacht fahren
soll, und einen Text voranzustellen, der besagt, dass das eh zu teuer ist und
die Nachtbusse dann anders fahren werden. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.)
Ich halte es für unverschämt, die Frage nach der City-Maut zu stellen
und dem einen Text voranzustellen, der besagt, dass wir in der Stadt großartige
Verkehrsreduktionen erreicht haben. Das sagt die SPÖ! Entschuldige, Christoph
Chorherr, du hast nicht recht, das ist die Wahrheit der SPÖ! Sei still und hör
zu! Hier wird die Wahrheit der SPÖ verkündet!
Und die Wahrheit der SPÖ lautet: Die SPÖ hat es geschafft, den Verkehr
zu reduzieren, entgegen den Wahrnehmungen aller Wienerinnen und Wiener, die
täglich stauen und sich ärgern, und entgegen der Wahrnehmung Tausender von
Pendlerinnen und Pendlern, die in den nächsten Jahren auf der Tangente kochen
werden, wo es sich stauen wird. Entgegen all dem, was jeder Mensch
beziehungsweise sogar jedes Kind in dieser Stadt weiß, hat es die SPÖ geschafft,
den Autoverkehr in dieser Stadt durch großartige Maßnahmen drastisch zu
reduzieren. Sie glauben doch eh nicht wirklich, dass wir die City-Maut hier
brauchen, oder? Und so weiter und so fort.
Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass das direkte Demokratie ist, Herr
Bürgermeister! Es kann nicht Ihr Ernst sein, dass das direkte Demokratie ist,
meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wenn man direkt demokratische Instrumente auf diese Art und Weise
missbraucht, dann rächt sich das! Das rächt sich zum einen, weil auf diese Art
und Weise die Demokratie in einer Stadt sehr wohl untergraben wird. Daher
möchte ich dringend davon abraten, diesen Weg weiterhin zu beschreiten! Es
rächt sich aber auch für Sie, denn man merkt es, wenn man diesen Text liest.
Sie werden sehen, dass die Wienerinnen und Wiener sehr wohl begreifen werden,
dass ihnen da manipulative Texte vorgelegt werden.
Ich halte es, gelinde ausgerückt, für unverschämt, in einem
Wahlkampfjahr mehr als 6,7 Millionen EUR schlussendlich auf
Staatskosten für Wahlwerbung für die SPÖ auszugeben! Denn das ist in der Art
und Weise, wie sie es ausgestaltet haben, letztlich nichts anderes! Hätten Sie
Wert darauf gelegt, eine wahre Volksbefragung abzuhalten, dann hätten Sie es
von Anfang an anders angelegt! Es hat Sie niemand daran gehindert, das Gespräch
mit den Oppositionsparteien von Anfang an zu suchen! Es hat niemand den sonst
so eloquenten und umgänglichen Wiener Bürgermeister daran gehindert, sich mit
den Vertretern der anderen Parteien an einem Runden Tisch zusammenzusetzen, wie
es auch mein Vorschlag war, und zu sagen: Welche Fragen stellen wir den
Wienerinnen und Wienern, wenn wir wissen wollen, wie die Stimmung zu
verschiedenen Themen ist? Wie könnten diese Fragen lauten?
Niemand hat Sie gezwungen, diese peinlichen manipulativen Texte zu
erstellen! Das tun Sie, weil Sie es so wollen! Das ist – und das sage ich
Ihnen auch – eine Machtdemonstration! Und so kommt das auch an! So wird
das wahrgenommen! Das ist die Art und Weise, wie die SPÖ offensichtlich
gedenkt, ihre letzten Monate der Alleinherrschaft über diese Stadt zu
verbringen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich glaube tatsächlich, dass man jetzt bereit wäre, auf die Vorschläge
der Opposition einzugehen. Die Art und Weise, wie das Ganze in den letzten
Tagen abgehandelt wurde, zeugt davon, dass man jetzt beschlossen hat, einen Weg
zu gehen, den man auch gehen wird. Nichtsdestotrotz haben wir einige Anträge in
dem Versuch vorbereitet, um das Ganze in eine Form zu bringen beziehungsweise um
auch zu zeigen, wie solche Fragen gestellt und textlich ausgestaltet werden
könnten, damit sie fair und keine Suggestivfragen sind.
Ich beginne mit dem Thema City-Maut. – Ja! Das sind
Suggestivfragen. So wie die Fragen an Hand der suggestiven Textblöcke, die Sie
davor einbauen, gestellt werden, sind das Suggestivfragen. Damit legen Sie den
Menschen ganz klar und eindeutig – das sage ich Ihnen, so oft Sie es hören
wollen! – nahe, wie sie antworten sollen. Zunächst haben wir einen Antrag
in Sachen City-Maut vorbereitet. Der Antrag ist vom Text her neutral gehalten
und lautet:
„Einige Großstädte - Klammer: zum Beispiel London oder Stockholm -
haben zur Bewältigung des innerstädtischen Verkehrs eine Einfahrtsgebühr für
das Stadtgebiet oder das Stadtzentrum eingeführt. Eine auf Wien zugeschnittene
City-Maut sollte vorerst für ein Probejahr eingeführt werden. Danach soll der
Wiener Wohnbevölkerung die Möglichkeit gegeben werden, mittels Volksbefragung
zur Fortführung dieser Maßnahme Stellung zu nehmen."
So hätte man das machen können, Herr Bürgermeister, wenn man gewollt
hätte, dass über eine City-Maut auf eine faire Art und Weise diskutiert wird. (Zwischenruf
von Amtsf StR Christian Oxonitsch.) Auf eine faire Art und Weise, Herrn
Oxonitsch!
Ich bringe ... (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Willst du sagen,
dass das seriös ist?) Ja, das ist absolut seriös! Erkläre mir bitte an
dieser Stelle, was nicht seriös daran sein soll, wenn man sagt, dass eine
City-Maut für ein auf Wien zugeschnittenes Gebiet eingeführt werden kann! Was
damit genau gemeint ist, sollten Expertinnen und Experten entscheiden. Und es
soll möglich sein, die City-Maut vorerst für ein Probejahr einzuführen und in
einem Jahr noch einmal zu fragen, wie das in Stockholm der Fall war, ob die
Bevölkerung wünscht, dass das fortgeführt wird oder nicht. – Das ist fair!
(Beifall bei den GRÜNEN. – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist fair!
Ich möchte noch etwas sagen ...
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