Gemeinderat,
55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 123
Wege der Briefwahl bestehen. An den drei Tagen im Februar werden dann
etwa 100 Abgabestellen für die persönliche Abgabe der Stimmkarte
eingerichtet sein. – Über all diese formalen Voraussetzungen und
Möglichkeiten wird die Stadt ihre Bürger zeitgerecht und ausreichend
informieren.
Das Ergebnis der Volksbefragung ist danach dem Wiener Gemeinderat zur
geschäftsordnungsgemäßen Behandlung in der nächsten Sitzung zuzuleiten, was
voraussichtlich Ende Februar sein wird.
Wir haben die Ergebnisse der bisherigen Volksbefragungen stets ernst
genommen und als Orientierung für unsere weitere Vorgangsweise betrachtet. Das
soll auch diesmal so sein. Die Ergebnisse dieser Volksbefragung werden wir als
Arbeitsauftrag akzeptieren.
Ich ersuche die Mitglieder des Wiener Gemeinderates, der Wiener
Bevölkerung diese Chance zu geben, in für das Zusammenleben wichtigen Fragen
durch eine Volksbefragung mitentscheiden zu können. – Ich danke Ihnen für
Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Ich danke dem Herrn
Bürgermeister für diesen Bericht.
Die Geschäftsordnung bestimmt, dass bei der nun folgenden Besprechung
kein Redner öfter als zweimal und mehr als insgesamt 20 Minuten sprechen darf.
Ausgenommen von dieser Beschränkung sind der Herr Bürgermeister und die
zuständigen amtsführenden Stadträte. Deren Redezeit ist pro Wortmeldung mit 20
Minuten beschränkt.
Zur Besprechung der Mitteilung erteile ich als Erstem Herrn StR Herzog
das Wort.
StR Johann Herzog: Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Frau Vorsitzende! Herr Bürgermeister!
Sie haben uns die fünf Fragen präsentiert. Wir konnten sie auch schon
in den Zeitungen – ohne nähere Detaillierung, wie ich dazusagen
muss – lesen. Das heißt, es war dies eine sehr unausgestattete Information
des politischen Gegenübers.
Diese fünf Fragen des Bürgermeisters an das Wahlvolk sind allerdings
teuer. Sie kosten 10 Millionen EUR. Meine Damen und Herren! Das ist ein
Beitrag, den die Wiener Steuerzahler und die Wiener Bürger zum Wahlkampf der
SPÖ leisten, und sonst gar nichts!
Was ist das Wesentliche? – Die SPÖ finanziert ihren Wahlkampf, den
sie offensichtlich bereits im Herbst oder Winter dieses Jahres beginnt, mit
Steuerzahlermitteln. Diese Vorgangsweise ist in einer Zeit der Wirtschaftskrise
bei einer Unmenge an bedürftigen Personen in dieser Stadt eine
Ungeheuerlichkeit!
Man muss dazu auch sagen, dass das etwas nicht ganz Außergewöhnliches
ist. In der letzten Zeit häufen sich auch gewisse – unter
Anführungszeichen – Informationen von Stadträten und Stadträtinnen in den
diversen Tageszeitungen. Davon sind täglich zwei bis drei Seiten in drei bis
vier Zeitungen enthalten. Dabei muss man bedenken, was ein solches Inserat
kostet, nämlich zwischen 30 000 und 50 000 EUR. Auf diese Weise
kommen pro Tag hunderttausende Euro zusammen! Und all das zahlen die
Wienerinnen und Wiener! All das ist ein Beitrag der Wiener zur Finanzierung des
Wahlkampfes der Sozialdemokraten in dieser Stadt!
Wie das funktioniert und wie das im Einzelnen geschieht, konnten wir
dem Rechnungshofsbericht entnehmen. Bei den Stadtwerken fanden Bestellungen
durch die politischen Vertreter beziehungsweise durch die Eigentümervertreter
der SPÖ in Höhe von 2 Millionen EUR statt, und diese wurden natürlich
abgenickt. So läuft das in dieser Stadt! Und das kann man sich nicht gefallen
lassen!
Die Fragen selbst sind eine bunte Mischung aus vielem. Es sind dies zum
Teil „No-na-Fragen“ beziehungsweise Fragen, die das nicht enthalten, was der
Bürgermeister jetzt vor fünf Minuten gefordert hat, dass nämlich dann eine
Befragung abzuhalten ist, wenn keine eindeutige Meinungsbildung in der
Bevölkerung gegeben ist.
Meine Damen und Herren! Zur Hausbesorgerfrage: Die Mehrheit der
Bevölkerung in Wien ist klar für Hausbesorger. Das weiß der Bürgermeister, das
wissen alle. Die Mehrheit in diesem Haus ist sicherlich auch für die Einführung
eines Hausbesorgergesetzes. Daher ist es völlig unnötig, Unmengen Geld für ein
Thema auszugeben, im Hinblick auf welches der Bürgermeister hier in diesem Haus
und bei den Bürgern offene Türen einrennt. Man braucht nicht so viel Geld, um
das Volk zu befragen, wenn das Ergebnis ohnedies bereits feststeht!
Die Abschaffung des Hausbesorgergesetzes war sicherlich damals eine
Notwendigkeit. Dieses völlig veraltete Gesetz, das nicht mehr den
Erfordernissen der Zeit entsprach, war fraglos abzuschaffen! Ich wundere mich,
dass die Sozialdemokraten das so sehr beklagen, denn sonst stehen sie im
Zusammenhang mit Sozialgesetzen und sonstigen Gesetzen auch nicht unbedingt auf
der Gesetzgebungsstufe der Ersten Republik!
Die Lösung wäre gewesen – und dazu hatten Sie genug Zeit, denn Sie
waren dauernd in der Regierung! –, ein neues Hausbesorgergesetz mit der
Volkspartei zu vereinbaren! Das ist nicht geschehen, wobei ich nicht weiß,
warum! Vielleicht wollte das die Volkspartei nicht. Das wird sie uns ja
erzählen.
Es gibt aber auch andere Lösungen. Sie könnten als größter
Hauseigentümer Europas in Eigenregie endlich das machen, was wir seit Jahr und
Tag vorschlagen, nämlich einen Generalkollektivvertrag, der den Hausbesorgern
zum Beispiel unter Einbeziehung der Wohnbaugenossenschaften eine neue Rolle
gibt. Dann wäre das sehr wohl etwas, was der Bürgermeister heute gefordert hat,
dass nämlich ein neues, zeitgemäßes Berufsbild entworfen wird.
Das gilt übrigens auch für alle anderen Fragen: Es ist echter Unfug,
mit 10 Millionen EUR Gesamtkosten letzten Endes Wahlwerbung im Hinblick
auf irgendwelche Fragen zu betreiben, deren Beantwortung mit Ja zum größeren
Teil von der Bevölkerung sowieso erwünscht wird!
Ähnliches wie für die Hausbesorgerfrage gilt auch
für die vierte Frage betreffend den 24-stündigen U-Bahn-Betrieb: Sie haben hier
eine Mehrheit im Haus, und Sie haben sicherlich in der Bevölkerung eine
Mehrheit, wie
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