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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.12.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 123

 

der katholischen Kirche bei antisemitischen Aussagen von Katholiken, wofür sich dankenswerterweise unser Erzbischof und Kardinal auch öffentlich entschuldigt hat, gemacht haben. Dass wir das in ähnlicher Form durchführen sollten, halte ich für sinnvoll. So etwas kann ich mir vorstellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. - GR Mag Wolfgang Jung: Auch bei der Stalin-Gedenktafel?)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Die 3. Zusatzfrage wird von GR Dr Wolf gestellt.

 

GR Dr Franz Ferdinand Wolf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Bürgermeister!

 

Der derzeitige Punkt der Fragestunde macht es natürlich notwendig, eine klare, eindeutige und entschiedene Ablehnung des Antisemitismus von Lueger zu sagen. Keine Frage, das ist deutlich, entschieden und eindeutig abzulehnen.

 

Sie haben mit dem historischen Kontext argumentiert. Ich halte Ihre Position, ein klares Nein zu der Umgestaltung historischer Bezeichnungen oder Denkmäler und ein klares Ja zu erklärenden Hinweisen über den historischen Kontext, auch für richtig.

 

Frage: Wird das generell von Ihnen angegangen oder beschränkt sich das auf das Lueger-Denkmal? Ich denke insbesondere daran, dass das Che-Guevara-Denkmal auch nach Erklärung verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr Bürgermeister.

 

Bgm Dr Michael Häupl: Herr Gemeinderat!

 

Grundsätzlich kann ich mir das generell durchaus vorstellen. Ich fürchte nur sehr, dass wir uns auf einen Text zum Che-Guevara-Denkmal schwerlich einigen können, weil wir wahrscheinlich von unterschiedlicher Akzeptanz historischer Quellen ausgehen. Ich gehe sicher nicht davon aus, dass in der Beurteilung der historischen Person von Che Guevara die Berichte des CIA nach seiner Ermordung tatsächlich die entsprechende Grundlage dazu darstellen können. Aber es gibt in der Zwischenzeit durchaus differenziert zu sehende Literatur, die auch das Leben und die Persönlichkeit Che Guevaras beurteilt. Da würden wir uns dann wahrscheinlich schon eher einer tatsächlichen Sicht annähern. (GR Mag Wolfgang Jung: Wie ist es mit der Stalin-Gedenktafel, Herr Bürgermeister?)

 

Aber ich glaube, darum geht es nicht. Ich glaube, es geht darum, dass wir bei der Gelegenheit - und ich bedanke mich für Ihre sehr saubere Haltung in der Verurteilung zum Antisemitismus Luegers - auch genauso sauber zu unterscheiden haben zwischen historischen Persönlichkeiten, die Fehlhaltungen eingenommen haben, die wir heute natürlich ganz anders sehen und die entsprechend nach außen hin sichtbar, klar und deutlich dokumentiert werden sollen, und Hinterlassenschaften von Verbrechern. Das ist ein wesentlicher Unterschied und eine wesentlich zu differenzierende Darstellung! Selbstverständlich würde ich niemals eine Adolf-Hitler-Büste oder ein Adolf-Hitler-Denkmal akzeptieren. Das würde mit Sicherheit auch niemand anderer hier tun. Ich gehe jedenfalls einmal davon aus, dass das so ist. Hoffentlich ist es auch so! Das ist aus meiner Sicht gesehen eine völlig klare Differenzierung, eine völlig klare Haltung.

 

Ich denke, dass wir uns gerade auch in diesem kommenden Jahr mit der möglichen historischen Erfahrung und mit der nötigen Distanz, aber auch, völlig klar, inhaltlich gesehen, mit dieser Periode des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu beschäftigen haben, mit all dem, was letztendlich auch die Schattenseiten dieser Zeit gewesen sind. (GR Dr Matthias Tschirf: Auch der Sozialdemokratie?) - Ja, selbstverständlich auch mit dem so genannten proletarischen Antisemitismus. Dieser war ja auch der christlichen Arbeiterbewegung nicht fremd (GR Dr Matthias Tschirf: Ja!), gar keine Frage. Er war auch der katholischen Kirche nicht fremd. Ich denke, dass das durchaus etwas ist, wo man nach der sicherlich sehr guten Periode der Aufarbeitung der dunkelsten Zeit unserer Geschichte nunmehr auch weitergehen kann. Es war Lueger auch nicht der Erfinder des Antisemitismus. Wenn jemand heute auf den Judenplatz und beispielsweise unter das Schoah-Denkmal geht, sich die Reste der Or-Sarua-Synagoge und das dazu erläuternde Museum anschaut, wird er erkennen, dass, jedenfalls zu meinem, aber ich bin überzeugt davon, der überwältigenden Mehrheit im Haus, tiefen Bedauern der Antisemitismus fast ein Geschichtsbestandteil unserer Stadt über viele Jahrhunderte hinweg gewesen ist. Das ist aufzuarbeiten, so wie wir das auch mit der zweifelsohne sehr wichtigen Rettung der Reste der Or-Sarua-Synagoge plus den Erläuterungen gemacht haben. Da wird es sicherlich auch noch weitere entsprechende öffentliche und sichtbare Merkmale zu geben haben, die unsere heutige Haltung entsprechend klarlegen. Ich glaube, dass es höchst an der Zeit ist, dass unsere Generation hier einen Bruch mit diesem Teil der Wiener Geschichte herstellt.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke, Herr Bürgermeister, für die Beantwortung der 4. Anfrage.

 

Bevor wir zur 5. Anfrage kommen, freut es mich besonders, dass heute eine größere Abordnung des Gymnasiums der Geblergasse auf der Galerie anwesend ist. - Herzlich willkommen im Gemeinderatssitzungssaal! (Allgemeiner Beifall.)

 

Die 5. Anfrage (FSP - 05279-2009/0001 - KGR/GM) wurde von Frau GRin Mag Lachkovics gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Integration, Frauenfragen, KonsumentInnenschutz und Personal gerichtet. (Auf dem Schlingermarkt im 21. Bezirk gibt es Marktstände, die schon lange widmungswidrig als Lager benutzt wurden und kurz vor der Delogierung stehen bzw. schon delogiert wurden. Hat die Stadt Wien vor, die frei werdenden Superädifikate zu kaufen und wieder ihrer ursprünglichen Verwendung als funktionierende Marktstände zuzuführen, wie das die Floridsdorfer Bezirksvertretung einstimmig beantragt?)

 

Bitte, Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!

 

Es ist so, dass wir, gerade was das Thema Märkte betrifft, in guter Verbindung und in einem guten

 

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