Gemeinderat,
53. Sitzung vom 24.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 101
Frau VBgmin Brauner hat gestern gesagt: „Wien ist und bleibt die
Sozialhauptstadt Österreichs.“ – Jedem, der hier um sich blickt und sich
auf der Straße unter den Menschen bewegt, kann dazu nur ein hämisches Lächeln
gekommen sein!
Nächste Worthülse – ich zitiere: „Wir schauen darauf, dass die
Sozialleistungen bei den Richtigen ankommen, nämlich bei denen, die es wirklich
brauchen“. – Im Hinblick darauf frage ich: Wie schaut es bei den Familien
und vor allem bei den Jungfamilien, wenn wir uns jetzt gerade mit dem Thema
Jugend beschäftigen, aus? In der Häupl-Periode der letzten drei bis vier Jahre
wurde ein Wiener Haushalt pro Monat mit bis zu 90 EUR belastet!
Tatsache ist, dass die Sozialisten durch ihr Belastungspaket, meine
sehr geehrte Damen und Herren, einen gewaltigen Wahlschwindel zu vertreten und
hier auch zu verantworten haben: Das Häupl-Belastungspaket der letzten drei bis
vier Jahre trifft die kleinsten Einkommen in den zentralsten Lebensbereichen am
härtesten. Im Gegensatz zur Einkommenssteuer gibt es keine soziale Staffelung.
Ich kann jetzt einige Belastungen noch einmal zum Besten geben:
Erhöhung des Gaspreises um 29 Prozent auf plus 293 EUR, Erhöhung des
Strompreises um 20 Prozent auf plus 252 EUR, Erhöhung der
Kanalgebühren um 35 Prozent auf plus 51 EUR, Müllgebührenerhöhung um
27 Prozent auf plus 92 EUR, Erhöhung der Tarife der Wiener Linien um
plus 20 Prozent. Das lässt sich weiterführen über die Tarife der
städtischen Bäder, den Kehrtarif, den Spitalskostenbeitrag, die
Friedhofsgebühren und so weiter. Somit sind wir insgesamt bei einer jährlichen
Mehrbelastung für die Wiener Familien und vor allem für die Jungfamilien von
1 100 EUR angelangt. Ein Wiener Haushalt wird also von den
Sozialdemokraten, die hier in Wien die Alleinherrschaft haben, pro Monat um
rund 90 EUR mehr belastet, und das trifft eben vor allem auch junge
Menschen in Wien und Jungfamilien. – Allein aus diesem Grund lehnen wir
das vorliegende Budget ab!
Frau VBgmin Brauner sagt weiters: „Dass unsere Maßnahmen wirken, zeigt
ganz konkret der Bereich der Lehrstellensuchenden.“ – Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Wien ist weiterhin Schlusslicht bei den Lehrstellen in ganz
Österreich! Es besteht enormer Aufholbedarf, es gibt eklatante Defizite, vor
allem auch beim Bildungsniveau der Lehrlinge. Sie haben Probleme beim Lesen,
Schreiben und Rechnen. Leider hat sich somit in den letzten Jahren in der
Bundeshauptstadt der Lehrstellensektor zum Schlusslicht entwickelt. Das ist
alles andere als erfreulich, und deswegen verstehe ich die diversen
Wortmeldungen der Frau Vizebürgermeisterin von gestern überhaupt nicht!
Andere Bundesländer haben ganz erfolgreiche Konzepte entwickelt, wie
zum Beispiel die Steiermark, Niederösterreich oder Oberösterreich, die
diesbezüglich erfolgreich sind. In Wien fehlen 1 230 Lehrstellen. Das ist
eine gewaltige Anzahl! Und auf eine offene Lehrstelle gibt es bereits fünf
Lehrstellensuchende. Das ist der Stand von Oktober 2009, und Sie werden mit dem
künftigen Budget die Situation auch nicht ändern können!
Ich komme zurück zur Ausschussreise nach Helsinki: Wir durften eine
Gesamtschule besuchen, und das war sehr interessant. Wir hatten die
Möglichkeit, endlich eine solche Gesamtschule aus dem Land jener zu sehen, die
die PISA-Studie schon öfters angeführt haben. Es hat ja immer geheißen, dass
die Gesamtschule wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass Finnland
Nummer 1 ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wird es sicherlich nicht
sein! Wenn man in die Klassen blickt, so sieht man durchwegs eine homogene
Schülerzahl, und wenn es Zuwanderer gibt, dann sind sie aus Estland, aus dem
angrenzenden Russland oder aus Ländern der Europäischen Union. Anders verhält
es sich in Wien, wo ein Großteil der Schüler nicht aus europäischen Ländern
kommt, sondern aus der Türkei. Und genau das ist der Unterschied! In Wien haben
40 Prozent der Schüler Migrationshintergrund, über 50 Prozent in den
ersten Volksschulklassen.
Trotzdem wollen Sie die Gesamtschule? – Das kann nicht
funktionieren! Finnland ist nicht nämlich nicht auf Platz 1 bei der
PISA-Studie, weil es dort eine Gesamtschule gibt, sondern weil dort die
Gesamtschule auf Grund einer homogenen Schülermehrheit funktioniert, die
einfach weniger Konflikte verursacht. Es gibt dort auch nicht das Problem, dass
die Landessprache nicht beherrscht wird, sondern alle wissen, wovon sie reden,
und so kann auch der Unterricht durchgeführt werden.
In Wien haben vier Fünftel der Hauptschüler Migrationshintergrund. Von
den 262 Volksschulen in Wien weisen 10 Prozent einen über 90-prozentigen
Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund auf; bei jeder zweiten dieser
Schulen liegt der Anteil bereits bei mehr als 50 Prozent.
Eine andere Statistik: Österreichweit weisen von den knapp 6 000
Schulen 13,7 Prozent einen mehr als 32-prozentigen Anteil von Kindern mit
Migrationshintergrund auf, und am höchsten liegt Wien mit knapp 60 Prozent
aller Schulen. – Da wollen Sie weiterhin eine Gesamtschule, damit die
Mehrheit der Schüler in diese Misere hineingezogen wird und eine Bewegung nach
unten stattfindet? – Dazu sagen wir: Nein danke, so etwas brauchen wir
sicherlich nicht! (Beifall bei der FPÖ.)
Ich möchte ganz kurz auf einen Weggefährten beziehungsweise
Parteigenossen der SPÖ zu sprechen kommen, nämlich auf Thilo Sarrazin, der in
den letzten Wochen durch seine Aussagen für großen Aufruhr und Aufsehen gesorgt
hat. Der Bundesbankvorstand und Ex-SPD-Finanzsenator hat einmal die Wahrheit
ausgesprochen, und ich würde mir wünschen, dass es auch im SPÖ-Bereich in Wien
oder in Österreich einen Mutigen gibt, der einmal zur Aufklärung sagt, was
Sache ist, anstatt dass man immer nur versucht, alles zu vertuschen, unter den
Tisch zu kehren und irgendwie rosig und schön darzustellen!
Herr Thilo Sarrazin hat einige interessante
Aussprüche von sich gegeben, und ich zitiere Ihnen einen davon, meine sehr
geehrten Damen und Herren: „Wenn die
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