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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 24.11.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 101

 

Was heißt das? – Wer länger im Krankenstand ist, wer eine Grippe hat und 14 Tage im Krankenstand ist, bekommt aus diesem Grund keine Remuneration! Kann denn das sein? Sind die Remunerationen eine Belohnung für die Anwesenheit oder was? Und wenn das nicht der Fall ist: Wie sind dann solche Mails erklärbar, die von Vorgesetzten verschickt werden?

 

Bei einer Mail aus der MA 55 ging es darum, dass Anrufe verloren gehen. Die Vorgesetzte schreibt: „Ich möchte Sie daher alle ersuchen, sich auf Ihre Arbeit voll zu konzentrieren, da es mir sonst leider nicht möglich sein wird, alle Wünsche für die Urlaube im Winter zu genehmigen.“

 

Heißt das, dass in der Stadt Wien Urlaub nicht mit dem Arbeitsrecht zu tun hat, sondern eine Belohnung für die Anwesenheit an der Dienststelle ist? Ich würde mir eine Erklärung dazu wünschen, weil ich meine, dass es so nicht sein kann! Auf Urlaub hat man ein Anrecht, das ist keine Belohnung für Anwesenheit! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich lese Ihnen auch aus einer Mail der MA 48 vor: „Bereits vor der Einführung des Formulars für ‚Rückkehrgespräche’ hat es so genannte ‚Niederschriften’ gegeben: Die Mitarbeiter wurden unter Druck gesetzt, Krankenstandsdaten bekannt und Kopien von Befunden heraus zu geben. Man wurde gezwungen zu unterschreiben, dass man in den nächsten zwei Jahren nicht in Krankenstand gehen würde, da man ansonsten gekündigt und versetzt werden würde. – Wenn man dies nicht unterzeichnet hat, wurde man stark gemobbt. Und die Gewerkschaft sieht zu und macht mit.“

 

Auch das ist ein Problem. In vielen Abteilungen, aus denen wir vor allem Meldungen bekommen haben, stellt sich dann heraus, dass Personalvertretung und Vorgesetzte ein und dieselbe Person sind.

 

So hat zum Beispiel eine Telefonistin zu mir gesagt: „Ich hatte eine Beschwerde, und ich konnte nicht zur Personalvertretung gehen, weil das gleichzeitig meine Vorgesetzte ist. In der Gewerkschaft hat man mich abgewimmelt, und bei der Arbeiterkammer hat man mir gesagt: Wir sind für euch nicht zuständig! – Jetzt frage ich Sie: Wenn es offensichtlich keine Stelle gibt, bei der ich mich beschweren kann, bitte sagen Sie mir, bei welcher Stelle kann ich mich dafür entschuldigen, dass ich 12 oder 15 Jahre lang für die Stadt Wien gearbeitet habe?“

 

Frau Stadträtin! Ich würde Sie bitten, sich mit dieser Sache auseinanderzusetzen! Wenn Menschen so weit sind, dass sie sich dafür entschuldigen müssen oder entschuldigen wollen, dann ist etwas im Argen!

 

Es wurde argumentiert, dass „Krankenstandsrückkehrgespräche“ den Sinn haben, das Eingliederungsmanagement zu erleichtern. Es wurde auch eine Mail von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten verschickt, dass es ums Eingliederungsmanagement geht. – Ist das nicht der verkehrte Weg? Es ist doch der verkehrte Weg, wenn man, anstatt Präventivmaßnahmen zu setzen und dafür zu sorgen, dass es ein wirklich gutes Betriebsklima gibt, umso mehr Druck ausübt, indem man sagt: Wenn du länger als zehn Tage krank bist, dann bekommst du weniger Gehalt! Ist das ein sozialer und demokratischer Weg? Ich finde, dass das nicht der Fall ist und verlange von Ihnen, dass Sie das abstellen! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Warum trauen sich eigentlich viele nicht einmal, irgendetwas zu sagen? Warum steht in allen Meldungen, die wir bekommen, dabei: Bitte behandeln Sie das anonym, ich habe Angst um meinen Arbeitsplatz!

 

Das kann man vielleicht auch nachvollziehen, wenn man weiß, welche Kriterien sich in den MitarbeiterInnen-Beurteilungsbögen finden. Da gibt es neben allen möglichen Kriterien auch noch Zusatzkriterien, die mit dem Wort Einordnungsvermögen übertitelt sind. Da kann man dann alles Mögliche ankreuzen, unter anderem auch Punkte wie „fallweise Probleme im Umgang mit Vorgesetzten“. Wenn man ganz besonders auffällt, dann kann der Vorgesetzte oder die Vorgesetzte in der Beurteilung „fallweise Neigung zum Querulieren“ oder gar „ausgeprägte Neigung zum Querulieren“ ankreuzen.

 

So sieht es im Magistrat aus! Sie machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei denen Sie sich hier überschwänglich bedanken, mit diesen MitarbeiterInnen-Beurteilungsbögen und mit diesen Kriterien mundtot. Schämen Sie sich, und stellen Sie das ab! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu Wort gelangt nun Frau GRin Puller. – Bitte.

 

GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich komme zu einem anderen Thema, nämlich wieder zurück zur Integration. Ich möchte die Partie nicht aufhalten, aber ich möchte jetzt gerne eine Geschichte anbringen, die das Verhalten der hier anwesenden Fraktionen widerspiegelt, wie man es besser gar nicht aufzeigen kann.

 

Schülern und Schülerinnen der 5. Klasse im Gymnasium Rahlgasse wurde eine Projektarbeit aufgetragen. Das Thema war „Menschen- und Asylrechte“. Ausschlaggebend war der Film „Little Alien“. Für alle, die nicht wissen, worum es in diesem Film geht, sage ich ganz kurz: Er handelt von Teenagern, die allein und unter größter Gefahr aus den Krisenregionen der Welt in der Hoffnung nach Europa flüchten, ein Leben zu haben. Hier angekommen, kämpfen sie für ein normales Leben und gegen ein System, das von ihnen verlangt, ihre Jugend einer ungewissen Zukunft zu opfern.

 

Den Jugendlichen aus der Rahlgasse wurde also diese Projektarbeit aufgetragen, und einer davon hat sich per Mail an alle Fraktionen gewandt. Ich werde jetzt nur die Vornamen vorlesen:

 

„Sehr geehrter Herr Blablabla! Mein Name ist Emil. Ich besuche das Bundesrealgymnasium Rahlgasse. Wir haben ein kleines Filmprojekt zum Thema „Menschen- und Asylrechte“. Wir haben geplant, mit diesen Themen vertraute Mitarbeiter, die vier wichtigen Parteien im Rathaus, zu interviewen. Daher wäre meine Frage, ob es irgendwann im Laufe dieses

 

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