Gemeinderat,
53. Sitzung vom 24.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 101
nicht, wir wollen das jetzt umsetzen. Wir sagen, wir wollen Spielräume
und Gestaltungsmöglichkeiten ausarbeiten lassen, so ähnlich wie auch die
Arbeiterkammer Oberösterreich es in Auftrag gegeben hat. Wir glauben, dass das
notwendig wäre. Wir kennen alle, wir haben das in diesem Haus auch schon
diskutiert, den Gender Gap Report, der vor ein paar Wochen herausgegeben wurde,
wo Österreich in Sachen Gleichstellung ein sehr schlechtes Zeugnis ausgestellt
wurde. Also Österreich ist vom Platz 29, der auch schon nicht gut war,
weil ich denke, eines der reichsten Länder der Welt könnte wirklich auch im
Ranking, was die Gleichstellung betrifft, etwas weiter vorne sein, also vom
Platz 29 auf den sagenhaften Platz 42 abgestürzt und auch der
Rechnungshof bestätigt die steigenden, also die wachsenden
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Österreich und auch in
Wien liegen uns solche Zahlen vor. Das heißt, hier wirklich die Unternehmen
auch in die Verantwortung zu nehmen, Gleichstellung zu fördern und auch darauf
zu schauen, dass gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – mein Gott, eine Forderung der Arbeiterinnenbewegung,
gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und seit über 100 Jahren feiern wir den
Frauentag und nichts ist weitergegangen. Die Einkommensunterschiede steigen
weiter. Also wir glauben, dass die Koppelung von öffentlichen Budgetmitteln an
Gleichstellungsmaßnahmen für Unternehmen eine wichtige Maßnahme wäre, die ein
Beitrag zur Schließung der Einkommensschere wäre. Deshalb finden wir das
wichtig und stellen auch heute wieder den Antrag dazu. Vielleicht stimmen Sie
heute zu.
Der zweite Antrag, den wir heute stellen,
meine Kollegin Eva Lachkovics wird ihn dann einbringen, ist ein
Frauenarmutsbericht für Wien. Frauenarmut ist ein Thema, das uns auch schon
sehr lange begleitet. Wir haben schon wiederholt in diesem Haus darauf
hingewiesen, dass Armut auch in dieser Stadt weiblich ist. Herr Kollege
Ellensohn hat gestern auch schon zu dem Thema gesprochen. Wir, wir heißt, wir
GRÜNE, haben vor einem halben Jahr am Institut für Soziologie der Universität
Wien eine Studie in Auftrag gegeben, weil uns die Datenlage, die wir aus
Anfragen und auch aus öffentlichen Statistiken zum Bereich Armut haben, als
sehr unbefriedigend und unzureichend erschienen ist. Also haben wir gedacht,
wir geben ein bisschen Geld aus, um selbst zu forschen und wir haben sehr
interessante Zahlen bekommen, sehr alarmierende Zahlen. Das Institut für
Soziologie der Universität Wien kommt eindeutig zu dem Schluss und jetzt
zitiere ich, das ist keine freie Interpretation, sondern Zitate: „Frauenarmut
in Wien ist ein wachsendes Problem in vielen Dimensionen, jedoch eine große
Unbekannte.“ Für eine Stadt, die so lange von der Sozialdemokratie regiert
wird, ist es interessant, dass Armut eine große Unbekannte ist. Sie wissen es
wahrscheinlich schon, aber Sie geben die Zahlen halt nicht raus. Wir wissen es
jetzt auch.
„Die Armut in statistisch relevanten Zahlen,
sofern sie vorhanden sind“, sagt die Universität Wien, „ist höchst alarmierend.
Frauen in Wien sind einem höheren Armutsrisiko als in allen anderen Bundesländern
ausgesetzt und auch einem höheren als Männer. Trotz der im Durchschnitt höheren
Erwerbseinkommen in Wien.“ - Sie weisen ja auch immer darauf hin. Frau StRin
Brauner hat es uns erstmals in ihrer Budgetrede Gott sei Dank erspart, darauf
hinzuweisen, wie hoch die Frauenerwerbsquote in Wien ist. Das kommt nämlich
jedes Mal mit Regelmäßigkeit in der Budgetrede und wir sagen jedes Mal: Nein,
der Anstieg der Arbeitsplätze, sofern es ihn überhaupt noch gibt, seit der
Wirtschaftskrise eigentlich nicht, sind Teilzeitbeschäftigungen, prekäre
Beschäftigungen, Beschäftigungen, von denen Frauen nicht leben können. Also so
toll ist es nicht mit der Erwerbsquote, aber – „leben Frauen hier häufiger als
in allen anderen Bundesländern in prekären Lebensumständen. Vor allem Einelternhaushalte
haben“ - und jetzt halten Sie sich fest – „fast 40 Prozent
Armutsgefährdung!“ Einelternhaushalte, das sind statistisch gesehen vor allem
Frauen, die überwiegende Mehrheit der Einelternhaushalte in dieser Untersuchung
sind Frauen. Sie haben in Wien ein Armutsrisiko von 40 Prozent. Das
Armutsrisiko in Wien - der Verlauf ist überhaupt recht interessant in der
Studie, denn da zeigt sich nämlich, dass das Armutsrisiko von Frauen in Wien
bis zum Alter von 40 steigt, dann leicht sinkt und ab 65 wieder steigt, während
bei Männern das Armutsrisiko kontinuierlich mit dem Alter sinkt.
Meine Damen und Herren von der
Sozialdemokratie, wir haben ein Problem. Wir haben ein Armutsproblem in der
Stadt. Dieses Armutsproblem ist weiblich und wir haben, das sagen nicht wir,
das sagt die Uni Wien, ein Problem mit der Datenlage. Wir wissen viel zu wenig.
Wir haben zwar Einkommensdaten, ich habe einige zitiert, aber was es nicht
gibt, sind aussagekräftige Informationen im Bereich der Einkommensverteilung
von Haushalten, was aber sehr interessant wäre im Hinblick auf
Alleinerzieherinnen. Zum Beispiel gibt es keine Daten über die Zeitverwendung,
über die Arbeitszeit kombiniert mit Einkommen, was aber eigentlich eines der
spannendsten Themen ist. Also wie wirken sich wirklich Teilzeitbeschäftigungen,
prekäre Beschäftigungen aus, die ja leider eigentlich schon zum
Normalarbeitsverhältnis von Frauen werden? Arbeit ist schon lange nicht mehr
das Normarbeitsverhältnis für Frauen beziehungsweise war es eigentlich noch nie.
Das war immer die männliche Norm, die da angewandt wurde. Es fehlt komplett die
Verknüpfung von geschlechtsspezifischen Faktoren mit Armutsindikatoren. Das
gibt es für Wien nicht. Das gibt es zum Teil für den Bund auch nicht, aber da
ist es leichter, das beim Statistischen Zentralamt zu beschaffen, auch für eine
Oppositionspartei. In Wien ist es eben nicht so einfach. Das würde einer
eingehenden Untersuchung bedürfen. Das Institut für Soziologie spricht sich
vehement dafür aus, dass geschlechtsspezifische Armutsdaten in Wien künftig
systematisch erfasst werden sollen und auch die Wirksamkeit bestehender
Maßnahmen untersucht werden soll. Auf das zielt auch unser Antrag ab, den wir
heute noch stellen werden, nämlich:
„Der Wiener Gemeinderat
ersucht die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe für Integration,
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