Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 95
kann, wird sich zeigen. Wir sind skeptisch und stellen fest, dass wir
leider wieder nicht präzise Auskünfte über die tatsächliche finanzielle Situation
der Vereinigten Bühnen Wien bekommen haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zum Wort
gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Bürgermeister! Meine Damen und Herren!
Im Prinzip kann ich mich ja in diesem Fall den beiden Reden, den
Argumentationslinien meines Vorredners vollinhaltlich anschließen, ich möchte
aber ein paar Punkte vielleicht doch noch ein bisschen detaillierter
betrachten.
Es wird hier jedes Mal von Seiten der SPÖ mit dem Argument hantiert:
Wie kann man so eine erfolgreiche und international anerkannte Bühne so
kritisch sehen? Wir sollten uns doch freuen, dass wir dafür noch Geld
dazukriegen! – Ja, das mag alles stimmen, aber abgesehen davon muss man auch
irgendwo wirtschaftliche Grundsätze beachten und auch demokratische Grundsätze,
was die Transparenz betrifft. Und was die wirtschaftlichen Grundsätze
anbelangt: Wenn der Herr Bürgermeister sagt, wir reden von Kunst und Kultur,
und davon hätten wir keine Ahnung, so muss ich sagen, dass er offenbar keine
Ahnung von wirtschaftlichen Grundsätzen hat, denn sonst könnte er nicht
leichten Herzens das alles so wegreden!
Schauen wir uns das doch einmal an: Die „Producers" haben
1 Million EUR Abgang produziert, produced. „Rudolf" hat laut den
Pressemeldungen ein Minus von rund 20 000 EUR pro Monat
erwirtschaftet, „Frühlings Erwachen" bis zu 400 000 EUR. Dann
gab es übrigens auch ein Schmankerl, das die Abgehobenheit der Sozialisten eindeutig
zeigt, nämlich diesen Pressedienst der Frau Vizebürgermeister, wo sie das
„Family Ticket" herausgestrichen hat. Herr Bürgermeister, Sie können sich
sicherlich an diesen Pressedienst erinnern. Damit mehr Leute in „Rudolf"
gehen, hat die Frau Vizebürgermeister in diesem Pressedienst Folgendes
vorgerechnet: Ein Erwachsener, drei Kinder - das ist für mich schon einmal
keine „Family", aber bitte - zahlen 398 EUR für die beste Kategorie;
mit dem „Family Ticket" noch 298 EUR. – Da frage ich Sie: Wer von den
normalen Menschen geht um 300 EUR ins Theater, Herr Bürgermeister? Sie sind Sozialdemokrat, Sie müssten
genau wissen, dass das total abgehoben ist: Wenn jemand 1 000 oder
1 500 EUR netto für die Familie zur Verfügung hat, dann wird er nicht
um 300 EUR ins Theater gehen! So etwas brauche ich gar nicht anzubieten! -
Aber bitte, lassen wir das.
Wir haben also diese Abgänge. Schon im Zusammenhang mit den
Kontrollamtsberichten im Mai gab es ja etliche Pressemeldungen, wo Herr Woller
das, wie immer, in den Himmel gehoben hat. Damals, im Mai, wurde aber auch
schon von Herrn Drozda gesagt, dass man mit 7 Millionen EUR Defizit
rechnen musste. Die Rücklagen werden auf ungefähr 10 Millionen EUR
geschätzt - genau wissen wir es ja nicht -, wobei sich die Frage stellt, wie
überhaupt die Rücklagen zustande kommen. Sind die zustande gekommen durch
Subvention? Und was ist, wenn sie nicht mehr da sind? Denn wenn sie heuer
aufgebraucht werden - Sie lächeln, ja -, was ist dann nächstes Jahr? (Amtsf
StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: … die Antwort des Herrn
Bürgermeisters! Da hätten Sie auch aufpassen können, ein bisschen!) Und da
hat Herr Drozda schon unmittelbar nachher gesagt, die Vereinigten Bühnen werden
bald mehr Geld brauchen.
Er hat also im Mai gewusst,
dass sie mehr Geld brauchen werden - und jetzt wird so getan, als ob alles in
Ordnung sei und man diesmal um 2,7 Millionen EUR weniger brauche. -
Ich bin kein Budgetist, ich kann diese Planergebnisrechnung nicht wirklich
hundertprozentig auf Grund dieser Daten lesen, aber irgendwie fehlen mir da
schon die Rückzahlung und die Kreditzinsen für die Funktionssanierung. Die
werden offenbar woanders bezahlt.
Also selbst bei diesem Budget von 65 Millionen EUR - was
praktisch die geplanten Gesamtaufwendungen sind - fehlt ja auch noch die
Herstellung des Gebäudes, wobei ich jetzt nicht wiederholen werde, dass das
meiner Ansicht nach nur eine halbe Herstellung ist, dass die Sanierung fehlt,
dass das alles noch Belastungen sind. Da muss man sich schon fragen, unabhängig
von der Qualität der Stücke: Ist es nicht eine politische Fehlentscheidung
gewesen, überhaupt das Ronacher um diese Summen zu sanieren - beziehungsweise
eine Funktionssanierung zu machen und dann andere Sanierungen - und dann
monatlich ein Minus in der Höhe von hunderttausenden Euro einzuspielen?
Das ist nicht nur meine Meinung, sondern ich zitiere dazu den
Intendanten Geyer - und ich habe heute auch schon festgestellt, dass wir
hundertprozentig, und das weiß Herr StR Mailath-Pokorny auch, immer für die
Neuausrichtung des Theaters an der Wien waren. Der Intendant Geyer hat auf
Grund der Meldung der Abgänge 2008 gesagt: Die soeben gemeldeten Abgänge von
2,2 Millionen EUR würden sich auf 5 Millionen belaufen, wenn das
Theater an der Wien nicht Überschüsse von 2,78 Millionen EUR in das
Gesamtbudget eingebracht hätte. - Das heißt, offensichtlich wird die Leistung
des einen Theaters dann in die politische Fehlleistung, das andere Theater
überhaupt am Leben zu erhalten, investiert.
Und das ist jetzt die politische Fehlentscheidung, Herr Bürgermeister -
wenn Sie mir kurz Ihr Ohr schenken. – Nein, er ist unkonzentriert, kein Cäsar,
er kann nur eine Sache auf einmal machen, okay. (Bgm Dr Michael Häupl:
Zwei Dinge hat der Cäsar gekonnt!) Der schon, aber ich habe jetzt von Ihnen
geredet! (Bgm Dr Michael Häupl: Ich kann auch zwei Dinge! Außerdem:
Schauen Sie einmal Ihre eigenen Leute an! Da sind bei uns mehr Leute da!)
Außerdem, so Geyer, scheint das Musical einen Lebenszyklus wie seinerzeit
die Operette zu haben, die hat zwischen 1870 und 1930 einen ständigen Verfall
vollzogen; auch das Musical ist jetzt 60 Jahre alt.
Also indirekt hat Herr Intendant Geyer - bei unserem
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