Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 95
wesentlich schlechter als prognostiziert sei, aber Näheres könne er
nicht sagen. Zusätzliche Fragen waren nicht möglich, da der Vorsitzende des
Kulturausschusses die Geschäftsordnung sehr restriktiv ausgelegt und bei
Nachfragen das Wort entzogen hat - etwas, was noch zu diskutieren sein wird,
nach einer Interpretation der Geschäftsordnung.
Wir verlangen - und darum geht es - Transparenz im Interesse der
Öffentlichkeit. Wir wollen Transparenz über die Verwendung von Budgetmitteln.
Herr Bürgermeister! Ich sage Ihnen ein Beispiel, wie der größte
Subventionswerber dieser Stadt vorgeht. Am 11.11.2008, zum Faschingsbeginn,
haben die Vereinigten Bühnen Wien ein Budget mit einem Subventionsbedarf von
37,7 Millionen EUR und 3,3 Millionen Auflösung von Rücklagen
vorgelegt, sodass man zu einer ausgeglichenen Gebarung kommen könnte. Bereits
wenige Wochen später, nämlich am 19. Jänner 2009, hat der Aufsichtsrat ein
anderes Budget beschlossen, das einen Abgang von zusätzlich mehr als
3 Millionen EUR vorsieht. Ich frage Sie, ob das die richtige Gebarung
eines Kulturbetriebes, der von der Stadt Wien subventioniert wird. Es wird mit
Vorlage eines Budgets um Subventionen angesucht und wenige Wochen später sind
diese Zahlen Schall und Rauch. Das ist das System, das hier offenbar herrscht:
Tricksen, verschleiern und kassieren! (Beifall bei der ÖVP.)
Zwischenzeitlich sind Flops - zugestandenermaßen Flops, nämlich von der
Geschäftsführung zugestandene Flops - wie „The Producers" eingetreten.
„Frühlings Erwachen" ist unter den Erwartungen geblieben. Die Einnahmen
von „Rudolf" sind geringer als vorgesehen. Das Budget, das Basis für die
Gewährung der Subvention war, ist völlig unrealistisch. Es gibt offenbar einen
zusätzlichen Abgang, dessen Höhe die Öffentlichkeit wissen soll und erfahren
wird - ich hoffe, von Ihnen, Herr Bürgermeister!
In dieser Situation ist unverständlich, dass die verantwortliche
Intendantin für die kommerziellen Flops der Musical-Sparte, nämlich Kathrin
Zechner, vor der Zeit einen Vertrag verlängert bekommen hat, vor der Zeit auf
drei Jahre verlängert, was der amtsführende Stadtrat begeistert begrüßt hat,
ebenso wie den großen Erfolg von „The Producers", die tatsächlich
mindestens eine Million Miese gebaut haben.
Die Argumentation, dass die Subvention heuer geringer als im
vergangenen Jahr sei und man die zusätzlichen Finanzmittel aus Rücklagen
abdecken würde, ist bestenfalls ein hübscher Bilanztrick, aber nicht mehr. Im
Jahr 2009 sind es 37,3 Millionen Subvention, wenn ich die Investitionen,
die wir am Vormittag diskutiert haben, außer Acht lasse. Im Jahr 2008 waren es
42,5 Millionen, im Jahr 2007 41,3 Millionen. Offenbar wurden die
viel zitierten Rücklagen in Höhe von 10 Millionen aus Subventionen der
öffentlichen Hand gebildet. Jetzt so zu tun, als ob das eine Eigenleistung der
Vereinigten Bühnen Wien wäre, ist, gelinde gesagt, ein Trick, ein
Täuschungstrick! (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Bürgermeister! In dem Zusammenhang wird auch interessant sein, wie
weit die Verpflichtung der Stadt Wien geht, Defizite und Abgänge der
Vereinigten Bühnen Wien abzudecken. Ist das gedeckelt, oder können die
Vereinigten Bühnen Wien Abgänge produzieren, egal, wie hoch, und die Gemeinde
Wien bezahlt sie, weil im Hintergrund entsprechende Verträge sind?
Alles Fragen, auf die die Öffentlichkeit das Recht hat, Antworten zu
erfahren. Ich gehe davon aus, dass Sie das tun werden, und bitte um die
Beantwortung unserer Fragen. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Ich danke dem Herrn
Gemeinderat für die Begründung. Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat
sich der Herr Bürgermeister zum Wort gemeldet. - Bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Zu Ihrer Dringlichen Anfrage ist - nicht in Ergänzung zu dem, was heute
schon gesagt wurde - Folgendes doch noch anzumerken:
Die Vereinigten Bühnen Wien sind ein international anerkanntes und
höchst erfolgreiches Musiktheaterunternehmen und betreiben die historischen Theater
der Stadt Wien. Das Unternehmen ist professionell geführt, und es arbeiten dort
motivierte Mitarbeiter. Das werden wir uns nicht wegreden lassen.
Als ein Markenzeichen der Stadt Wien im In- und Ausland ist das
Unternehmen mit etwa 700 Mitarbeitern und einem Budgetvolumen von rund
70 Millionen EUR - rund 70 Millionen EUR! - auch ein
bedeutender Wirtschaftsfaktor. So werden über 50 Prozent der Dekorationen
und Materialen sowie 80 Prozent der Kostüme von Wiener Unternehmen
erzeugt, was zweifelsohne die Wirtschaft interessiert.
Gemeinsam mit dem IHS und der Wirtschaftskammer Wien ist zur Zeit eine
Studie in Arbeit, welche die Kulturrendite der Vereinigten Bühnen Wiens und
deren vielseitige Verflechtung mit der heimischen Wirtschaft belegen wird. Schon
jetzt kann gesagt werden, dass die Vereinigten Bühnen Wien Arbeitsplätze
schaffen, ein großer Auftraggeber für Vorleistungen und darüber hinaus ein
wichtiger Tourismusfaktor sind. Zwischen 500 000 und 600 000
Besucherinnen und Besucher pro Jahr zählen die drei Bühnen allein in Wien. Bei
den Musical-Exportproduktionen in Deutschland, den Niederlanden, in der
Schweiz, Polen, Ungarn, Skandinavien sowie Japan und den USA zählen die
Vereinigten Bühnen Wien seit 1996 jährlich über eine Million Besucher.
Das neue Opernhaus Theater an der Wien wird im Stagione-System
ganzjährig bespielt und zeigt jährlich an die zehn Opernpremieren sowie
hochkarätige Konzerte und Tanzabende. Es verzeichnet für die Saison 2008/09
einen enormen Abonnentenzuwachs, die Anzahl der Abonnenten konnte verdreifacht
werden. Für 2008/09 wurden somit insgesamt 2 700 Abonnements verkauft, für
die Saison 2009/10 erwartet das Theater an der Wien ein Plus von 30 bis
40 Prozent. Die Sommerbespielung im Theater an der Wien und das Festival
Osterklang locken zusätzlich Jahr für Jahr internationales Publikum nach Wien.
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