Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 95
klar: Die Vereinigten Bühnen Wien bekommen
50 Prozent der darstellenden Förderungen in dieser Stadt. Das heißt, wir
sprechen vom größten Posten, der in dieser Stadt zu vergeben ist.
Dementsprechend hat natürlich die Opposition - und das ist keine Koalition, das
sage ich gleich einmal vorweg, weil wir das jetzt gleich zu hören bekommen
werden - dementsprechenden Bedarf und Wunsch, hier Aufklärung zu bekommen und
nachvollziehen zu können, welche Förderungen wie vergeben werden und warum.
Gleichzeitig vermisse ich vor allem eine Debatte darüber, was die Vereinigten
Bühnen Wien denn überhaupt können sollen, was in Zukunft geplant ist, welche
Konzepte auf dem Tisch liegen. Und eines kann man jetzt schon vorab sagen: Der
Umbau des Ronacher hat sehr, sehr viel Geld gekostet und ist, wie mein Kollege
im Vorfeld schon zu Recht gesagt hat, noch nicht beendet. Wir haben fast
47 Millionen EUR für den Umbau des Ronacher ausgegeben und es kommt
noch mehr hinzu: Die Fassade, die Fenster, dergleichen sind noch nicht
renoviert und die Produktionen, die dort laufen, habe eine Dauerserie an Flops.
Das muss man einfach feststellen, leider. Wir freuen uns sehr, dass „Tanz der
Vampire“ gut verkauft ist. Wir sind die Ersten, die erleichtert sind, dass dem
so ist. Nichtsdestotrotz muss man sagen, von all diesen Musicals, die in
letzter Zeit laufen, seien es nun die „Producers“, sei es „Rudolf“, sei es
„Frühlings Erwachen“, muss man leider feststellen, dass es nicht funktioniert
hat, weder das Gebäude Ronacher noch die Programmierung des Ronacher.
Eine rühmliche Ausnahme ist im Übrigen das
Theater an der Wien, das mit seinen Opernproduktionen eine sehr gute Arbeit
macht, sehr gute Auslastungen macht, sehr gut arbeitet. Das Theater an der Wien
gehört in diesem Bereich tatsächlich ausgenommen. Das Problem, das wir bei den
Vereinigten Bühnen Wien haben, ist eindeutig die Musical-Sparte. Mit „Rudolf“
beispielsweise wurde versucht, den Flop in dieser Stadt auszugleichen, indem
man zum Beispiel auf Gastspiel gegangen ist. Man ist nach Berlin gegangen in
der Hoffnung, dass dort die Kritiken vielleicht anders sind, in der Hoffnung,
dass dort die Besucher und Besucherinnen dieses Musical stürmen. Aber es ist nicht
passiert, das wissen wir. Das heißt, etwas, was nicht funktioniert hat, hat man
in letzter Konsequenz noch versucht zu verkaufen und damit das Defizit der
Vereinigten Bühnen Wien dramatisch erhöht. „Frühlings Erwachen“ sollte auf
Gastspiel nach Düsseldorf gehen. Düsseldorf hat schon wieder abgewunken und
gesagt: „Nein, wir wollen es nicht!“ Diese Serie hat auch eine Verantwortung
und die Verantwortung liegt in der Intendanz der Musical-Sparten.
Jetzt haben wir, weil wir wissen, dass es in
den Vereinigten Bühnen Wien ein Budgetloch gibt, diesen Sonderkulturausschuss
bekommen. Wir waren auch sehr erfreut, dass es diesen Sonderkulturausschuss
dann auch gab, weil wir hofften, auf konkrete Fragen konkrete Antworten zu
bekommen, zum Beispiel, wie groß das Finanzloch denn nun wirklich sei. Seit
vielen Monaten wird in den Medien immer kolportiert, der Verlust der
Vereinigten Bühnen Wien würde 6 Millionen EUR betragen und die würden
aus den Rücklagen genommen werden. Wenn man die Fehlleistungen, die dann
nachfolgten, hinzurechnet und hochrechnet, kommt man auf
10 Millionen EUR. Nun wissen wir gleichzeitig, dass die Rücklagen der
Vereinigten Bühnen Wien ebenfalls 10 Millionen EUR betragen. Jetzt
stellt sich doch die Frage: Wie geht’s weiter? Wenn die jetzige Subventionssumme
nicht ausreicht, um ein hochwertiges Programm der Vereinigten Bühnen Wien zu
gewährleisten, was kommt und wer sind die Leidtragenden, wenn eingespart werden
muss? Sind das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vereinigten Bühnen
Wien, die nichts dafür können oder werden die Konsequenzen nicht doch woanders
angesetzt, dort, wo Fehlleistungen tatsächlich passieren? Gleichzeitig sollten
wir ernsthaft in dieser Stadt eine Diskussion darüber beginnen, was das
Ronacher ist, was das Ronacher sein kann und was dort gespielt werden soll.
Derzeit haben wir zwei Musical-Bühnen in Wien und ich frage mich ernsthaft:
Brauchen wir zwei Musical-Bühnen in Wien? Ich sage: Nein, offensichtlich nicht,
wenn ich mir die Zahlen ansehe. Und dann könnten wir doch wunderbarerweise eine
offene Debatte führen, was das Ronacher kann, was das Ronacher ist und endlich
eine Lösung finden, was mit dem Ronacher passieren soll. Das Ronacher - und ich
erinnere ungern an die späten 80er, die frühen 90er Jahre - war ja immer schon ein
Thema und war immer gekennzeichnet von Planlosigkeit. Es gab ein hervorragendes
Konzept eines Umbaus damals von Coop Himmelb(l)au. Hätten wir das heute, hätten
wir einige Probleme weniger. Das ist damals kulturpolitisch gescheitert. Und
jetzt reden wir immer noch darüber und das darf einfach nicht sein.
Beim eigentlichen Akt, den wir jetzt
behandeln - und wir werden ja im Laufe des Nachmittags oder Abends im Rahmen
der Dringlichen Anfrage noch vertiefend über die Vereinigten Bühnen Wien
diskutieren - und den wir jetzt beschließen, handelt es sich um Umbaukosten von
2,1 Millionen EUR für die Hinterbühne und Hubbühne, et cetera, und um
den Umbau des hinteren Bereichs des Theaters an der Wien. Auf die Frage im
Sonderkulturausschuss, wie es denn zu diesen Notwendigkeiten überhaupt dieses
Umbaus kommt, kam doch tatsächlich die Erklärung, es sei nicht zumutbar, dass
Placido Domingo neben einem Bühnenarbeiter das Haus betritt. Also wenn das die
Begründung für 2,1 Millionen EUR für den Umbau der Hinterbühne des Theaters
an der Wien ist, dann kann ich mir wirklich nur noch an den Kopf greifen und
fragen: Reicht das in dieser Stadt als Begründung, um 2,1 Millionen aus
einem 2,5 Millionen-Topf zu erhalten? (Heiterkeit
bei GR Dr Mathias Tschirf.)
Ich erinnere: Im Rahmen
des Konjunkturpakets von Finanzstadträtin Brauner, das zu Recht gemacht worden
ist, ein Konjunkturpaket braucht die Stadt jetzt notwendiger denn je, wurden
für die Kultur 2,5 Millionen zur Verfügung gestellt, Sanierungen,
Renovierungen, Wohnbauten, was denn auch immer für die Kultur.
2,5 Millionen EUR. Und heute beschließen wir, dass
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