Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 95
nur durchschnittlich 11 Tage. Diese Zustände sollte sich die Stadt Wien
nicht länger leisten!
Nicht länger leisten sollte sich die Stadt Wien auch, dass sehr viele
Personen aus gesundheitlichen Gründen in Frühpension geschickt werden müssen.
Im Jahr 2008 mussten 556 Bedienstete aus gesundheitlichen Gründen
frühpensioniert werden. Es steht also fest, dass die Gemeindebediensteten nicht
gesund genug sind.
Ich frage Sie daher in diesem Zusammenhang: Welche Maßnahmen werden Sie
setzen, um die Bediensteten länger gesund im Dienst zu halten und die Zahl der
Frühpensionierungen aus gesundheitlichen Gründen und der Krankenstandstage zu
senken?
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich! Sie vergleichen jetzt
Angestellte mit Bediensteten im überwiegenden Dienstleistungssektor der
Gemeinde Wien. Von den Bediensteten der Stadt Wien sind, wie wir wissen,
tatsächlich 94 Prozent im Dienstleistungsbereich tätig.
Daher kann ich zu dem Vergleich nur feststellen: Wenn Sie sagen, dass
500 Personen krankheitsbedingt in Frühpension gegangen sind, und die Gesamtzahl
jener heranziehen, die im Dienstleistungsbereich der Stadt tätig sind, dann ist
das ein geringerer Prozentsatz als in der Privatwirtschaft! Darauf möchte ich
Sie auch hinweisen.
Man muss schlicht und einfach sagen: Bei uns sind über 30 000
Menschen im Gesundheitsdienst tätig, davon ein erheblicher Teil unter sehr
schwierigen Umständen in den Krankenhäusern. Von der angesprochenen MA 48
kann man wirklich nicht sagen, dass dort ein schlechtes Betriebsklima, Mobbing
oder Ähnliches herrschen würde. In dieser Abteilung, die ich sehr gut kenne,
besteht aber natürlich beispielsweise eine Schwierigkeit darin, dass ein
60-Jähriger nach wie vor Mistkübel herumschleppt. Und es ist durchwegs Usus,
dass bei Nacht- beziehungsweise Schichtarbeitern wie beispielsweise bei der
Wiener Feuerwehr eine frühzeitige Pensionierung ja auch de iure vorgesehen ist.
Ich denke, man sollte hier mit Vergleichen ein bisschen vorsichtig
sein! Selbstverständlich ist darauf zu achten – und die technischen
Innovationen, die es insbesondere im Dienstleistungsbereich gibt, gehen ja auch
in diese Richtung –, dass die Arbeit entsprechend erleichtert wird. Aber
die Arbeit am Krankenbett, bei der Müllabfuhr oder bei der Feuerwehr wird eben
durch Menschen geleistet, und in diesem Bereich gibt es zwar zweifelsohne
technische Innovationen, die diesbezüglichen Möglichkeiten sind aber
eingeschränkt. Das steht außer jedem Zweifel.
Die wesentliche Maßnahme, die hier zu setzen ist – und darum
bemühe ich mich –, besteht darin, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Stadt Wien die Arbeit an ihren gelegentlich sehr schwierigen Arbeitsplätzen
entsprechend zu erleichtern. Ich meine, dass das die richtigen Maßnahmen sind,
denn Dienstleistungen müssen erbracht werden, das ist überhaupt keine Frage.
Ich darf Sie bitten, dass
Sie in Ihrem strengen Urteil auch die Entwicklung der Krankenstandstage mit
einbeziehen, denn ich denke, dass hier in den letzten zehn Jahren nicht
unerfolgreich gearbeitet wurde, weil sich die Krankenstandstage doch nicht
unerheblich verringert haben.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Danke. Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn GR Lasar gestellt. – Bitte.
GR David Lasar (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Wie Ihnen ja bekannt ist, sind einige Briefe an Bedienstete der
Magistratsabteilungen ergangen, woraus ich Ihnen einen Absatz vorlesen möchte:
„Wir sehen uns daher gezwungen, Sie auf die mögliche dienstrechtliche Folge der
Auflösung des Dienstverhältnisses für den Fall aufmerksam zu machen, dass in
absehbarer Zukunft kein maßgeblicher Rückgang der genannten Dienstabwesenheiten
feststellbar ist.“
Dann gibt es noch eine Steigerung: Magistratsbeamte, Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter wurden ins Personalbüro geladen. Dort mussten sie ein
Schriftstück unterschreiben, und mit dieser Unterschrift mussten die
vorgeladenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versprechen, nicht mehr in
Krankenstand zu gehen.
Herr Bürgermeister! Meine
Frage dazu lautet: In welchen Dienststellen ist diese Vorgangsweise noch
üblich?
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Nachdem Sie mir nicht verraten haben, in
welcher Dienststelle diese Briefe ausgesandt wurden, kann ich Ihnen zu den zwei
Beispielen nur sagen: Das Erste ist eine Rechtsauskunft, die ich als reichlich
unsensibel betrachte, denn selbstverständlich ist individuell vorzugehen.
Die zweite Vorgangsweise ist aus meiner Sicht eine Rechtsverletzung und
wäre auch zu ahnden.
Ich sage Ihnen aber auch mit aller Deutlichkeit – und ich bin ja
nicht seit gestern in diesem Job und im Rathaus selbst –: Ich weiß
selbstverständlich, dass Dienstunfälle, die sich bedauerlicherweise zum
Beispiel bei den Forstarbeitern, bei der Feuerwehr oder bei vielen anderen
unserer Einrichtungen ereignen, die eine Seite sind. Ich weiß aber auch, dass
auf der anderen Seite Krankenstandstage oft auch dazu ausgenutzt wurden, zum
Beispiel um zu „taxeln“ oder sich an Samstagen einen Zusatzurlaub zu
verschaffen und ähnliche Dinge. Ich weiß sehr gut Bescheid, was sich auf allen
Seiten abspielt!
Das ist der Grund, warum ich jetzt sage: Hier ist einfach eine individuelle
Beurteilung notwendig. Wenn jemand im Dienst einen Unfall hat, man daher im
Sinne der Fürsorgepflicht auch weiß, mit welchen Folgen dieser Mitarbeiter
beziehungsweise diese Mitarbeiterin konfrontiert ist, dann ist so ein Brief wie
der erstere völlig unnotwendig.
Die Situation solcher Personen ist aber nicht
vergleichbar mit dem Verhalten jener, die meinen Schutz
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