Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 95
Daher ist der unmittelbar Geschädigte Wiener Wohnen, und wenn sich
herausstellen sollte – das wissen wir noch nicht, das Kartellgericht wird
erst befinden –, dass es hier Preisabsprachen gegeben hat, dann werden wir
rechtlich eine entsprechende Schadenswiedergutmachung in Aussicht stellen und
auch versuchen, möglichst viel für Wiener Wohnen und damit natürlich in
weiterer Folge für alle Mieterinnen und Mieter zu lukrieren.
Eine unmittelbare Schädigung
für die Mieterinnen und Mieter ist also nicht direkt abzuleiten, sondern
betroffen wäre Wiener Wohnen, und wir werden selbstverständlich all unsere
Möglichkeiten einsetzen, um diesen Prozess zu begleiten. Wir haben auch jetzt
im laufenden Verfahren alle Informationen, die wir haben, zur Verfügung
gestellt, und es besteht auch bei Wiener Wohnen größtes Interesse an
lückenloser Aufklärung aller Verdachtsmomente.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke für die
Beantwortung der 2. Frage.
Die 3. Frage (FSP–04295-2009/0001–KGR/GM) wurde von Herrn GR
Dipl-Ing Martin Margulies gestellt und ist an den Herrn Bürgermeister
gerichtet. (Werden Sie dafür Sorge tragen, dass hinkünftig im gesamten
Magistrat, den Unternehmen der Stadt Wien sowie in den ausgegliederten
Unternehmungen der Stadt Wien sichergestellt ist, dass MitarbeiterInnen seitens
ihrer Vorgesetzten nicht nach einer Krankheitsdiagnose gefragt werden?)
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Ich möchte die Frage recht differenziert beurteilen, weil es hier
nämlich nicht nur ein Prinzip oder eine rechtliche Seite zu beachten gibt,
sondern zwei.
Es steht für mich außer jedem Zweifel, dass der Dienstnehmer natürlich
das Recht auf vertrauliche Behandlung seiner Krankheitsdaten hat. Das steht
außer Zweifel: Der Dienstgeber hat die Pflicht, diese Daten entsprechend
vertraulich zu behandeln. Das ist aus meiner Sicht unerlässlicherweise
einzuhalten.
Es gibt aber – um das sehr kompakt zusammenzufassen – auf der
anderen Seite auch die rechtliche Bestimmung der Fürsorgepflicht des
Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, und diese ist gleichfalls mit
derselben Deutlichkeit und mit derselben Konsequenz zu sehen. Es steht außer
jedem Zweifel – ich sage das auch so –, und es war für mich auch
selbstverständlich, dass ich mich, als ich vom Unfall des Herrn
Magistratsdirektor-Stellvertreters gehört habe, erkundigt habe, was denn nun
passiert sei und wie es ihm geht. Ebenso selbstverständlich habe ich aber natürlich
nicht herumgequatscht und nichts herumerzählt.
Wenn ich das daher von beiden Seiten her betrachte, dann meine ich,
dass es wichtig ist, dass man beiden Aspekten das gleiche und korrekte
Augenmerk schenkt. Sollte dies nicht der Fall sein, dann wird man mit
Sicherheit – und zwar sehr stark mit meiner Unterstützung – darüber
nachdenken müssen, wie man diese Ausgewogenheit entsprechend herstellen kann.
Ich halte das im Hinblick auf mein Verständnis dafür, wie Mitarbeiter korrekt
behandelt werden sollen, für wichtig.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die
1. Zusatzfrage wird von GR Dipl-Ing Margulies gestellt.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Die Frage war an sich recht einfach: Werden Sie dafür Sorge tragen,
dass hinkünftig im gesamten Magistrat et cetera MitarbeiterInnen seitens ihrer
Vorgesetzten nicht nach einer Krankheitsdiagnose gefragt werden? – Darauf
gibt es eine einfache Antwort, und diese lautet: Ja.
In
einem guten Betriebsklima können alle Menschen miteinander sprechen, und man
kann Verbesserungen immer in Angriff nehmen. Wir haben jedoch in den letzten
Tagen zahlreiche Briefe und E-Mails darüber bekommen, wie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
des Magistrats, insbesondere bei der MA 48, aber auch in vielen anderen
Bereichen, unter Beisein der roten Personalvertretung unter Druck gesetzt
werden, ihre Diagnose und zum Teil auch noch Prognosen bekannt zu geben.
Das
ist schlichtweg eine Sauerei! Ich hätte mir erwartet, dass Sie sagen: Ja, als
oberster Dienstherr der Gemeinde Wien, als derjenige, der an der Spitze der
Weisungskette steht, werde ich diese Nachfragen abstellen!
Ich
frage Sie daher jetzt noch einmal ganz konkret: Wollen Sie dafür Sorge tragen,
dass das, was jetzt bei den ÖBB selbstverständlich ist, dass keine Diagnosen
mehr erfragt werden, auch im gesamten Magistrat plus den Unternehmungen
umgesetzt wird?
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Bitte, Herr Bürgermeister.
Bgm Dr Michael Häupl:
Nachdem mich die Undifferenziertheit nicht mehr wirklich überraschen kann,
wiewohl ich sagen möchte, dass ich mich trotzdem darum bemüht habe, können wir
es natürlich auch auf die Holzhammermethode versuchen: Ich sage in Beantwortung
dieser Frage dezidiert: Nein. Für mich ist nämlich selbstverständlich die
Fürsorgepflicht ebenso wichtig wie die Pflicht zum vertraulichen Umgang mit
sensiblen Daten nach dem Datenschutzgesetz. Sollte ich diese Frage mit „Ja“
beantworten, dann wäre diese Fürsorgepflicht nicht mehr auszuüben. Daher mache
ich das nicht.
Das Ganze ist nicht eine Frage des Betriebsklimas, sondern eine
Frage – und da werden wir sehr formal – der entsprechenden
rechtlichen Bestimmungen. Was Sie hier verlangen, ist, einen wesentlichen Teil
arbeitsrechtlicher Bestimmungen, nämlich die Fürsorgepflicht, außer Acht zu
lassen. Das mache ich nicht! Das ist einmal mehr eine Aufforderung zum
Rechtsbruch.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Ulm gestellt.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Faktum ist, dass wir zu viele Krankenstände haben.
Schlechtes Betriebsklima, Abhängigkeitsverhältnisse beziehungsweise Mobbing
führen zu mehr Krankenständen, als notwendig wären. Gemeindebedienstete sind
durchschnittlich 20 Tage im Krankenstand, Angestellte
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