Gemeinderat,
52. Sitzung vom 30.10.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 95
Vizebürgermeister.
VBgm Dr Michael Ludwig: Welche Informationen sollte
er denn zwischen den einzelnen Losen hin und her tragen? Er würde dann ja
jeweils den anderen ARGE schaden, an denen er offensichtlich als
Geschäftsführer auch beteiligt ist! Ich kann nicht klar erkennen, welcher
Vorteil durch einen solchen Informationsfluss gegeben wäre!
Zudem sind im Vergabeverfahren alle Anforderungen, die wir an die
Unternehmen und ARGE stellen, sehr transparent. Zum einen sind
Qualitätskriterien zu erfüllen. Das ist – wenn man so will – aus dem
Bestbieterprinzip abzuleiten, und nach der Erfüllung dieser Qualitätskriterien
entscheidet nur mehr der Preis. Im Hinblick darauf bekommt der Billigstbieter
den Zuschlag.
Dass es ARGE und die
Möglichkeit gibt, dass sich mehrere Unternehmen zusammenschließen können, um
ein größeres Los zugeschlagen zu bekommen, war auch deutlicher Wunsch der
Wiener Wirtschaft. Das möchte ich auch erwähnen. Und ich halte das prinzipiell
auch für sehr richtig, weil so die Möglichkeit besteht, dass Klein- und
Mittelbetriebe, wenn sie sehr gut arbeiten, aber keine Kompetenz haben, größere
Projekte zu erledigen, in einer ARGE gemeinsam auch größere Lose zugeschlagen
bekommen. Ich glaube, das ist ein starkes Entgegenkommen, das wir vor allem der
Wiener Wirtschaft und den Klein- und Mittelbetrieben liefern. Daher bin ich
prinzipiell sehr dafür, dass ARGE die Möglichkeit haben, Angebote zu stellen,
und das funktioniert auch in den allermeisten Fällen sehr gut.
Auf den
Informationsaustausch innerhalb einer ARGE oder zwischen den verschiedenen ARGE
haben wir keinen Einfluss. Wir wollen, dass der Billigstbieter den Zuschlag
bekommt, weil wir ein Interesse daran haben, dass die Mieterinnen und Mieter
die kostengünstigsten Leistungen bekommen und für hohe Qualität die geringsten
Preise zu bezahlen haben.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. Die letzte
Zusatzfrage zu Frage 2 wird von Frau GRin Frank gestellt. – Bitte.
GRin Henriette Frank (Klub der Wiener Freiheitlichen):
Ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich vielleicht besser wäre als die
Gutachter. Uns lagen jedoch tatsächlich Angebote vor, bei denen man vielleicht
ursprünglich noch einen Arbeits- und Lohnanteil ausgepreist, den Arbeitsanteil
dann geringfügig erhöht und den Kostenanteil gestrichen hat. Und ich gebe den
Gutachtern recht: In Summe war das Angebot billiger. Was aber noch nicht zum
Tragen kam, war, dass bei der Durchführung der Leistungen Regiepreise verrechnet
wurden. Das konnte man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht sagen. Das war
sehr gut manipuliert, das muss ich ehrlich sagen! Und diese Regiepreise waren
um ein Wesentliches höher als jene Preise, die in den ursprünglichen Angeboten
ausgewiesen wurden. Das ist der Grund, warum die Mieter letztlich
wahrscheinlich noch tief in die Tasche greifen müssen, wenn es zur Ausführung
dieser Leistungen kommt.
Ich möchte jetzt
grundsätzlich noch das Kontrahentenwesen ansprechen: Ich habe schon Ende der
90er Jahre darauf verwiesen, dass die Kontrahentenverträge dann, wenn das
Preisniveau bei Bauunternehmen extrem niedrig war, weil es auf Grund diverser
Umstände gefallen ist, trotzdem noch sehr hoch lagen und man sie trotzdem
verlängert und mit einem prozentuellen Zuschlag praktisch noch einmal erhöht
hat, obwohl sowieso schon von einer Hochpreissituation ausgegangen wurde.
Im Hinblick darauf frage ich Sie jetzt: Wie werden Sie solchen
Gebarungen entgegentreten, damit man – wie ich wirklich sagen
möchte – ausschließen kann, dass man nicht dann, wenn die Preise sinken,
bei der Verlängerung der Kontrahentenverträge dann noch von einer
Hochpreissituation ausgeht und zusätzlich prozentuell Zuschläge vornimmt, wie
das in der Vergangenheit wirklich sehr oft geschehen ist?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Herr
Vizebürgermeister.
VBgm Dr Michael Ludwig: Ich kann das deshalb
ausschließen, weil wir immer nach dem Billigstbieterprinzip vorgehen.
Sie haben sicherlich recht, dass es auch für uns immer wichtig ist,
dass es auf einem Markt unterschiedliche Anbieter gibt. Wir beobachten das sehr
genau und registrieren, wenn es einen Verdacht auf Preisabsprachen gibt. Das
gilt für alle Bereiche der Wirtschaft. Das ist immer kritisch zu hinterfragen.
Wir haben jetzt unser System mit der Schwellwertverordnung verschärft,
und viele Unternehmen haben keine reine Freude, dass wir zusätzlich zu dieser
neuen Schwellwertverordnung bei Wiener Wohnen noch eine weitere Grenze
eingeführt haben, nämlich dass man bereits ab 200 000 EUR
ausschreiben muss und nicht erst ab 1 Million. Auf diese Weise kommt es zu
einer besonderen Möglichkeit, unterschiedliche Anbieter miteinander zu
vergleichen und bei Beobachtungen entsprechende Schritte zu setzen.
Ich glaube, dass auch die Einsprüche, die es beispielsweise auch beim
Vergabekontrollsenat Wien gibt, sehr genau zu beobachten sind und dass dieses
unabhängige Organ sehr gewissenhaft entscheidet, ob der Verdacht besteht, dass
es etwaige Preisabsprachen gibt. Der Vergabekontrollsenat ist nicht nur von
Vertretern der Stadt Wien beschickt, sondern auch von der Wiener Wirtschaft, wo
auch ein starkes Interesse besteht, all diesen Beobachtungen auch entsprechende
materielle Auswirkungen folgen zu lassen.
Daher kann ich auch etwas ausschließen, was immer wieder in diesem
Zusammenhang erwähnt wird, dass nämlich Mieterinnen und Mieter durch eine
solche Maßnahme geschädigt werden. Geschädigt wird primär Wiener Wohnen als
Auftraggeber, denn die etwaigen zusätzlichen Kosten, die ein solcher Prozess
verursachen würde, gelangen ja nicht in die Betriebskostenabrechnung an die
Mieterinnen und Mietern, sondern das wirkt sich nur auf die Mietzinsreserve
aus, und das wird erst dann schlagend, wenn es quasi einen Sanierungsbedarf
gibt. Dann gibt es für uns aber noch die Möglichkeit, diesen Prozess zu
überprüfen.
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