Gemeinderat,
51. Sitzung vom 24.09.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 83
40 Prozent
zurückgeht. Und das als einziges Bundesland!
Im Burgenland geht sie ganz wenig zurück, im
einstelligen Prozentbereich. Bei allen anderen steigt sie, in Wien geht sie um
40 Prozent zurück. Ich glaube, das ist das
Ergebnis dieser Maßnahmen.
Insofern ziehe ich einmal positive
Zwischenbilanz, ohne aber zu sagen, damit ist schon alles erledigt. Wir werden
sicher noch weiter Anstrengungen setzen müssen, um gegen die Krise anzukämpfen.
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Danke. – Die 3. Zusatzfrage wird von Herrn GR Dr Günther gestellt.
GR Dr Helmut Günther (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau
Finanzstaatssekretärin!
Ich stimme Ihrer Vorschau, dass die Krise
noch nicht beendet ist, durchaus zu. Das führt auch dazu, dass die
Ertragsanteilsleistungen auf Grund des Finanzausgleichs und der nicht so hoch
fließenden Steuereinnahmen zurückgehen werden.
Dagegen kann auch das Wiener Budget jetzt nur
mit mehreren Vorstellungen etwas machen. Sie haben gesagt: A, wir werden
Fremdmittel aufnehmen müssen, b, wir werden Rücklagen auflösen! – Wie viel
Rücklagen können wir auflösen? Und die dritte Möglichkeit ist immer noch eine,
die Sie unerwähnt gelassen haben, die aber auch gerne herangezogen wird und auf
Bundesebene auch schon diskutiert wird: Man kann Steuern und Gebühren erhöhen!
Und jetzt meine Frage dazu, um ausgleichend
wirken zu können: Können Sie ausschließen, dass in nächster Zeit in Wien
Steuern und Gebühren erhöht werden, um das Budget in den Griff zu bekommen?
Vorsitzender GR Godwin Schuster:
Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner:
Jawohl, Sie haben recht. Selbstverständlich gehen die Ertragsanteile zurück.
Ich habe bei den Interviews, die ich gegeben habe, immer gesagt, wir erwarten,
dass unsere Ertragsanteile heuer zwischen 300 und 400 Millionen EUR zurückgehen werden. Leider muss
ich Ihnen sagen, dass die momentane Vorausschau eher in Richtung 400 Millionen EUR geht. Wir haben ja auch schon
entsprechende Fremdmittel aufgenommen. Zirka 300 Millionen EUR haben wir schon an Fremdmitteln
aufgenommen. Zirka 100 Millionen
EUR – 93 Komma irgendetwas, das habe ich jetzt nicht genau im Kopf – haben wir
an Rücklagen aufgelöst heuer.
Das ist natürlich für nächstes Jahr in
keinster Weise besser zu erwarten, sondern wir werden diese jetzt
präliminierten 400 Millionen EUR nächstes Jahr sicher
überschreiten. Es gibt noch keine fixen Prognosen, aber es wird jedenfalls
logischerweise um einiges höher sein, weil die volle Wucht der Wirtschaftskrise
ja jetzt erst im Frühjahr und im 2. Halbjahr begonnen hat.
Was ich Ihnen ganz sicher sagen kann, ist, dass wir sicher nicht mit
Gebührenerhöhungen Geld für die Stadt Wien holen werden, sondern mit dem von
mir vorher genannten Mix aus Rücklagenauflösung, die wie gesagt heuer über
93 Millionen EUR erfolgt ist, mit Effizienzsteigerungen und mit
Fremdmittelaufnahmen, die wir uns ja glücklicherweise leisten können.
Die Stadt Wien hat in den vergangenen Jahren, wie Sie ja alle wissen,
Schulden zurückgezahlt. Wir sind eines der wenigen, wenn nicht sogar das
einzige Bundesland, das seinen Schuldenstand verringert hat in Zeiten der
Hochkonjunktur. Antizyklisch – das vergisst man nämlich oft – heißt nicht nur,
in schwierigen Zeiten Geld auszugeben, antizyklisch heißt auch, in guten Zeiten
Geld anzusparen beziehungsweise Schulden zurückzuzahlen. Das haben wir getan.
Deswegen haben wir jetzt die Möglichkeit, Fremdmittel auch zu halbwegs
akzeptablen Bedingungen aufzunehmen.
Wir werden sicher Gebühren nicht erhöhen. Erstens wäre das eine
Belastung der Wienerinnen und Wiener, die gerade in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten absolut nicht meiner Linie und meiner politischen Meinungen entspricht.
Zum Zweiten wäre es – sage ich als Ökonomin – auch wirtschaftspolitisch falsch,
weil wir wissen, dass ein ganz entscheidendes Element in der Frage der
Krisenbekämpfung eine gute Inlandnachfrage ist, gerade für Wien. Wien ist weit
weniger exportorientiert als viele andere Bundesländer, das heißt, der
Inlandskonsum, der Binnenkonsum ist für uns ganz besonders wichtig. Diesen
sozusagen einzuschränken, indem man Gebühren erhöht, wäre auch
wirtschaftspolitisch falsch.
Das ist auch der Grund, warum ich immer sage: Die Einführung des
Gratiskindergartens ist nicht nur frauenpolitisch, bildungspolitisch,
familienpolitisch und so weiter wichtig, es ist auch wirtschaftspolitisch
wichtig, weil wir den Menschen damit hunderte Euro mehr Geld in die Hand geben,
was auch wirtschaftspolitisch in Zeiten der Wirtschaftskrise wichtig ist, weil
wir damit gerade für die Mittelschicht – die ganz Armen haben ja vorher auch
schon nichts bezahlt – mehr Konsumnachfrage ermöglichen. Also: Keine
Gebührenerhöhungen, da wirtschaftspolitisch falsch, aber auch nicht meinen
gesellschaftspolitischen Vorstellungen entsprechend!
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke. – Wir kommen zur
4. Zusatzfrage. Sie wird von Herrn GR Dipl-Ing Margulies gestellt. –
Bitte.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Es freut mich immer wieder, wenn Sie im Laufe der Zeit dann von mir
prognostizierte Zahlen schon vor Monaten bestätigen, insbesondere, was 2010 und
2011 betrifft. Insofern wage ich natürlich noch eine Prognose und werde dann
gleich auf die Kritik zu sprechen kommen. Natürlich sprechen auch Sie ein
bisschen von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, aber ich habe das Gefühl, die
Dimension machen Sie den Wienerinnen und Wienern nach wie vor nicht klar.
Wir haben in den kommenden Monaten in Wien mit einem
Anstieg der Arbeitslosigkeit um 25 bis 30 Prozent vom jetzigen Stand aus
zu rechnen. Das ist eine Dimension, wo ich glaube, dass es bei Weitem
sinnvoller wäre, viel mehr Geld tatsächlich in innovative Projekte und
arbeitsmarktfördernde Projekte und wirtschaftsfördernde Projekte zu stecken,
als das bisher passiert ist. Wir
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