Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 115 von 118
Sieben Fonds versorgen
Wien und seine Verwaltung mit wissenschaftlicher Expertise, sowohl auf dem
Gebiet der Naturwissenschaften als auch auf dem Gebiet der Geistes-, Kultur-
und Sozialwissenschaften, ganz in der Tradition von Freud, von Wittgenstein und
von Marie Jahoda.
Nun noch ein paar
Highlights: Im Rahmen der Gründung des Vienna Open Medical Institute zur
Positionierung Wiens als humanitäre Hauptstadt werden gemeinsam mit der
American Austrian Foundation 200 Mediziner und Medizinerinnen aus mittel- und
osteuropäischen Ländern zu einem Studienaufenthalt in Wien eingeladen. Weiters
erwähne ich die Stiftungsprofessuren an der TU „Stadtkultur und öffentlicher
Raum“ und die Roland Rainer Professur an der Akademie der bildenden Künste zum
Thema Urbanismus.
Jetzt komme ich schon zu den Geistes-, Kultur und
Sozialwissenschaften: Hier gibt es 4,5 Millionen EUR für die nächsten drei
Jahre. Der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds
administriert diese Summe und startete 2008 den Call Art(s) and Sciences mit
international besetztem Beirat, um zu aktuellen gesellschaftspolitischen
Phänomenen Stellung zu nehmen. Hier gab es fünf Projekte und zwei Fellowships,
die mit 1,4 Millionen EUR dotiert wurden. Eines davon
war „Film.Stadt.Wien“.
Ich möchte noch erwähnen, dass das Wiener Wiesenthal
Institut für Holocaust-Studien, das zwar erst 2012 starten wird, bereits jetzt
eine vierjährige Vorlaufphase hat: Das Simon Wiesenthal Archiv wird
digitalisiert, und es wird auch eine Online-Dokumentation über NS-Quellen
geben.
Ich komme zurück zum Film: Von 20 Millionen
Besuchern, die in Wien Kultur konsumieren, gehen 7 Millionen, also mehr als ein
Drittel, ins Kino. Dazu tragen natürlich unsere Welterfolge bei. Bekanntlich
gab es 2008 den Oscar für „Die Fälscher“ von Stefan Ruzowitzky, und bei diesem
Film gab es immerhin 190 000 Besucher im Kino und fast eine Million
Zuschauer beim Fernsehstart.
Ich nenne außerdem die Oscar-Nominierung für
„Revanche“ von Götz Spielmann. Zudem gab es 32 Auszeichnungen bei
international renommierten Festivals für von der Stadt Wien geförderte Filme.
Jetzt wurde Michael Haneke für „Das weiße Band“ die Goldene Palme in Cannes
verliehen, den Preis als bester Darsteller erhielt Christoph Waltz. Ich hatte
das Vergnügen, ihn vor 35 Jahren bei seinem Debüt in „Am dam des“ zu
begleiten.
Unser Stadtrat Mailath-Pokorny schnürt mit einem Plus
von 4,25 Millionen EUR das Wiener Filmpaket: Es gibt viereinviertel
Millionen Euro zusätzlich für den österreichischen Film. Das heißt:
Fernsehfilmförderung neu zur Stärkung der Wiener Filmwirtschaft und zur
Erhöhung der internationalen Präsenz. Die Vienna Film Commission in
St Marx neu bietet Service und Beratung sowie Lobbying für den Drehort
Wien. Es kommt zu einer Erhöhung des Filmfonds Wien bis 2010 auf
10 Millionen EUR. Es ist dies immerhin der europaweit führende
Regionalfilmfonds. Weiters kommt es zu einer Erhöhung der Film- und
Kinoförderung.
Schade, dass die ÖVP und die Kammer die Sparte
Kinobetreiber im Herbst wegrationalisieren wollen! Die Kinos gehören dann zu
den Schaustellern und Schlangenbeschwörern. Aber vielleicht ist das nur ein
Gerücht!
Schließlich gibt es Erhöhung der Subvention für
Viennale und Stadtkino. Wien profitiert davon auch in puncto Tourismus. Wir
haben es gehört: 71 Prozent der Touristen und Touristinnen besuchen uns
wegen unseres Kunst- und Kulturangebotes, und jeder zweite ausländische
Medienbericht über Wien betrifft Kunst und Kultur.
In diesem Zusammenhang freut es mich ganz besonders,
dass die Vienna Ring Tram, die gelbe Ring-Rund-Bim, ein von mir schon seit
Jahren intendiertes Projekt, jetzt endlich realisiert wurde und in den gut zwei
Monaten ihres Bestehens bereits 10 000 Besucher und 87 Prozent
Auslastung verzeichnen kann.
Was wäre es ohne einen Filmtipp? – Wer nicht auf
das Filmfestival auf dem Rathausplatz warten kann, das am Samstag eröffnet
wird, wer nicht zum „Kino unter Sternen“ auf dem Karlsplatz, zum Kino auf dem
Dach der Hauptbücherei gehen will oder zu wem das mobile „Volxkino“ nicht
kommt, der sollte in den Nanni Moretti-Film „Stilles Chaos“ gehen. In diesem
Streifen werden nicht nur Liebe, Tod, Verrat und Freundschaft thematisiert,
sondern auch der Überlebenskampf des europäischen Kinos gegen den Rest der
Welt: Hingehen, anschauen! – Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich
danke vielmals. Nun gelangt Herr StR Mailath-Pokorny zu Wort. – Ich
erteile es ihm.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Auch das Jahr 2008 ist einmal mehr im Zeichen des
Versuchs meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Magistrats, die für Kultur
und Wissenschaft zuständig sind und arbeiten, aber auch meiner Person
gestanden, etwas zu erreichen, was, glaube ich, für die Kulturpolitik einer
Stadt wie Wien von großer Bedeutung ist, nämlich Qualität und Exzellenz
möglichst für alle zu ermöglichen, wobei ich die Betonung sowohl auf „
Exzellenz“ und „Qualität“ sowie auf den „Zugang für alle“, aber natürlich auf
das ganz bedeutende Wort „ermöglichen“ lege.
Das Ganze soll selbstverständlich unter Förderung
eines möglichst kritischen Bewusstseins und unter dem Aspekt der
Aufklärung – wie ich jetzt sagen möchte – stattfinden. Das halte ich
besonders in Zeiten, in denen sehr stark verengte politische Debatten
stattfinden, für ganz entscheidend.
Ich glaube, dass eine
Kulturpolitik dieser Stadt primär auch darauf ausgerichtet sein soll, ein
Kunst- und Kulturschaffen zu ermöglichen, das in einem sehr weltoffenen Klima
stattfinden kann, das die inhaltliche Auseinandersetzung fördert und sie nicht
verweigert oder sie flieht, das in anderem, in Fremdem und Neuem keine
Bedrohung sieht, sondern im Grunde eine Bereicherung
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