Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 109 von 118
identitätsstiftendes Merkmal einer Region eine große
Rolle spielt und daraus ein großer ökonomischer Nutzen entsteht. Das heißt,
auch jemand, der oder die nie ins Theater oder in die Oper geht, profitiert
daher indirekt durch Steuereinnamen, die durch kulturelle Einrichtungen
entstehen.
Die Wiener Tourismuswirtschaft gibt mehr als
70 000 Menschen Arbeit und erwirtschaftet ungefähr 6 Prozent des
Wiener Bruttoregionalproduktes. Wien hat im vergangenen Jahr mit mehr als zehn
Millionen Nächtigungen einen neuen Jahresrekord erreicht. Nach der letzten
Gästebefragung ist Kunst- und Kultur für über 70 Prozent der Touristinnen
und Touristen das entscheidende Motiv für die Auswahl ihres Reiseziels. Touristinnen
und Touristen geben 14 Prozent ihrer Ausgaben für Kultur und Unterhaltung
aus. Die „New York Times" hat Wien heuer an die achte Stelle unter den Top
Zehn der Reisedestinationen gewählt und verweist in einem besonderen Tipp auf
das Haydn-Jahr.
Investitionen in Kultur sind Investitionen in die
Zukunft. Kunst und Kultur fördern die Identität der Menschen mit ihrer
Heimstadt, sichern die Lebensqualität, sind wichtige Voraussetzungen für
Kreative und erhöhen die Attraktivität des Standortes für Firmen und qualifizierte
Arbeitsplätze. Wien bietet täglich 25 000 Plätze für Musik und Theater an.
Die Wiener Kultureinrichtungen haben 20 Millionen Besucherinnen und Besucher im
Jahr.
Ich danke an dieser Stelle allen, die dieses große
Angebot ermöglichen, den Künstlerinnen und Künstlern, den Beamtinnen und
Beamten der zuständigen Abteilungen und den vielen Besucherinnen und Besuchern,
die dieses Angebot nützen und die Karten kaufen. Herzlichen Dank! (Beifall
bei der SPÖ.)
Die Kulturausgaben laut Rechnungsabschluss betragen
heuer 234 Millionen EUR. Ich habe mir das ausgerechnet: Das sind
36 Cent pro Kopf der Bevölkerung und Tag; das entspricht dem Preis von
einer bis zwei Zigaretten.
Das Wiener Kulturbudget ist seit 2001 um rund
40 Prozent gestiegen. Die Wiener Kulturausgaben betragen knapp die Hälfte
jener des Bundes in ganz Österreich. Jeder 50. Euro wird in Wien für
Kultur ausgegeben.
Die Ausgaben liegen um 7,6 Prozent über dem
Voranschlag. Das wurde schon erwähnt. Die Stadt Wien hat im vergangenen Jahr
Mehreinnahmen erwirtschaftet, mit denen wir zum Beispiel das Theater in der
Josefstadt, den Loos-Nachlass und das Off-Theater finanzieren konnten.
Erfreulicherweise wurde in den Magistratsabteilungen des Kultur- und
Wissenschaftsbereichs bei Personalkosten, Mieten und EDV-Kosten eingespart.
Kunst und Kultur, die mit Steuergeldern gefördert
werden, sollen nicht nur einer Elite vorbehalten, sondern allen Menschen
zugänglich sein. Wie verlangt, sind viele Veranstaltungen wie die Eröffnung der
Wiener Festwochen, das Filmfestival auf dem Rathausplatz, das Blasmusikfest
oder das Adventsingen frei zugänglich. Ein wichtiges Ziel ist es, das
Kulturangebot der Stadt für sozial Benachteiligte noch stärker zu öffnen und
Jugendliche, bildungsferne Schichten, aber auch Menschen mit
Migrationshintergrund anzusprechen.
Das Festival der Bezirke, das heute auch schon
erwähnt wurde, erreicht die Menschen in allen Stadtteilen. Es wurde 2008
entworfen, und das Konzept ist heuer bereits voll aufgegangen. Die
Dauerausstellungen des Wien Museums können sonntags bei freiem Eintritt besucht
werden.
Die Aktion Kulturpass ermöglicht sozial
Benachteiligten den Besuch von 120 Kultureinrichtungen. Das MUSA bietet
kostenlose Führungen bei freiem Eintritt und bietet auch kostenlose Führungen
für Schulklassen an, damit die Kinder sich so früh als möglich mit geistes- und
kulturwissenschaftlichen Inhalten auseinandersetzen können.
Mit der Aktion „Cash for Culture" hat Wien ein
schnelles Förderprogramm für junge Kreative von 13 bis 20 Jahren ins Leben gerufen.
Im ersten Jahr wurden bereits 40 Kulturprojekte realisiert. Dieses
Förderprogramm trägt dazu bei, kulturelle Barrieren abzubauen, geistige
Freiräume zu schaffen und so junge Menschen für Kunst und Kultur zu gewinnen.
Eine ähnliche Funktion hat die Kunst im öffentlichen
Raum. Ihre Hauptaufgabe ist die Belebung des öffentlichen Raums mit
künstlerischen Projekten. Kunst im öffentlichen Raum soll nicht Dekoration der
Stadt, sondern ein Angebot zur Auseinandersetzung mit ästhetischen und
gesellschaftspolitischen Fragen sein.
Ich möchte eine interessante Intervention besonders
hervorheben, nämlich „99,73 – Mahnmal gegen den Mythos des ersten
Opfers" im Park des Mexikoplatzes. Der Künstler Marco Lulic errichtete
überdimensionale Ziffern, die das Ergebnis der Anschlussabstimmung vom
10. April 1938 darstellen und dem Satz vom gewaltsamen Anschluss
Österreichs gegenüber stehen. Dieses Projekt fügt sich in das Gedenkjahr im
vorigen Jahr, das ganz im Zeichen der Gründung der Republik 1918, des Anschlusses,
des Novemberpogroms 1938 und der Gründung Israels stand.
Musik und Theater haben einen besonderen Stellenwert
im kulturellen Leben der Stadt. Die Wiener Symphoniker sind Wiens
Konzertorchester und Kulturbotschafter und außerdem unser Opernorchester im Theater
an der Wien. Andere, wie zum Beispiel das Frauen-Kammerorchester, haben sich
auch der Moderne verschrieben oder bieten, wie das Ensemble „Die Reihe“ oder
das Ensemble „Wiener Collage“, zeitgenössische Musik dar. Das
Akkordeon-Festival, das Festival Wien Modern und das Wienerlied-Festival „Wean
hean“ zeigen, dass Wien für jeden Geschmack und für jede Musikrichtung etwas zu
bieten hat.
Ich bin davon überzeugt, dass die
Umstrukturierung der Vereinigten Bühnen richtig war. Mit Thomas Drozda wurde
ein Mann mit Erfahrung zum Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien
bestellt. Das Theater an der Wien konnte sich in kurzer Zeit mit einer Mischung
aus klassischen Opern in höchster Qualität, seltener gespielter Barockopern und
moderner Opern als das
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