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Gemeinderat, 48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll  -  Seite 108 von 118

 

Doppelzüngigkeit, die es auch in der Wiener Kulturpolitik gibt. Hier gibt es wirklich Beispiele - eines oder ein anderes kann ich Ihnen noch kurz nennen -, wo sich zeigt, wie falsch diese Politik läuft.

 

Im Herbst soll ein Roma-Festival stattfinden - eine Volksgruppe, die aus mehreren Gründen schwer unter Druck steht und in Gefahr ist, ihre Identität zu verlieren. Dieses Roma-Festival, das Tanz, Musik und Literatur darstellt, hat um eine Subvention in Höhe von 10 000 EUR angesucht: 10 000 EUR, um ein Kulturfestival zu veranstalten, das im vergangenen Jahr noch unter dem Ehrenschutz des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl stand. Heuer gibt es eine Ablehnung von der MA 7. Das Förderansuchen wurde abgelehnt, weil das Kuratorium für Off-Theater und Tanz, das sich damit beschäftigt hat, keine Empfehlung abgegeben hat.

 

Das sind formale Tricks, die nicht in Ordnung sind. Es ist nicht zu verstehen, dass eine derartige kulturpolitische Initiative von einem Verein nicht unterstützt wird. Immerhin wird dieses Festival breit unterstützt, von Ö1, 3sat, Okto, Arte, also Medien, die auf Qualität ausgelegt sind. Die Wiener Kulturpolitik tut nichts, um das zu unterstützen.

 

Oder ein anderes Beispiel, das ganz gut zeigt, wie die Kulturpolitik in Wien funktioniert: Bei den Bezirksfestwochen in Margareten - Bezirksfestwochen, die ja neu strukturiert wurden - gibt es unter anderem die Möglichkeit, „gastliches Margareten zu erleben als kulturinteressierter Margaretner und Margaretnerin“, und es wird um Anmeldung gebeten: „Telefonische Anmeldung ist erbeten.“ Wer dort anruft, wird bei der SPÖ-Margareten landen.

 

Das ist genau jene Vermischung zwischen Stadt und Partei, die wir ablehnen! (Beifall bei der ÖVP.) Diese Gleichsetzung von Wien und SPÖ, die sich auch in allen Ihren Reden durchzieht, ist etwas, was zum Nachteil der Kultur, zum Nachteil auch der Stadt gereicht. Dieses Kulturverständnis ist abzulehnen. Daher bringe ich einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein:

 

„Die Gemeinde Wien möge einen jährlichen Bericht vorlegen, der alle Subventionen, die Empfänger, die Höhe der Summen, den Subventionszweck und die subventionsvergebende Stelle der Gemeinde Wien auflistet und öffentlich einsehbar macht. Transparenz ist ein Gebot der Stunde, und Transparenz ist offenbar das, was Sie am meisten fürchten. Des Weiteren möge auch dem Wiener Gemeinderat eine Auflistung jener Institutionen und Personen vorgelegt werden, die um eine Subvention angesucht haben, die aber abgelehnt wurde.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Für den Fall, dass sie sich durchringen, hier in der Kulturpolitik und in der Subventionspolitik der Stadt Wien eine gewisse Transparenz und Offenheit - Perestroika und Glasnost hat das vor vielen Jahren geheißen - walten zu lassen: Dann würden solche Fälle wie der von mir zitierte Fall des internationalen Roma-Kulturfestivals 2009 nicht stattfinden.

 

Den Rechnungsabschluss lehnt meine Fraktion ab. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Zankl. - Bitte.

 

GRin Inge Zankl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Es sind nicht viele, die sich für die Kultur interessieren. (Rufe bei der ÖVP: Bei der SPÖ! - GRin Mag Marie Ringler, auf die anwesenden Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der GRÜNEN verweisend: O ja! - GR Alfred Hoch: Ein klassisches Eigentor war das! - Weitere Zwischenrufe.)

 

Kollege Gudenus hat in seiner Rede bewiesen, dass er sehr schnell reden und in 30 Sekunden 5 Mal begeilen sagen kann. Das ist das, was bei mir hängen bleibt.

 

An Kollegin Ringler: Das Wiener Volksbildungswerk hat zwar einen sozialdemokratischen Präsidenten, ist aber der Dachverband für, ich weiß nicht, wie viele Vereine, und das sind, zu unserem Leidwesen, nicht alles Sozialdemokraten. (GRin Mag Marie Ringler: Aha, das wird Harry Kopietz ...! - Weitere Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Und zur Kunst am Grund: Der betroffene Kollege hat mich gebeten, zu sagen, er ist ein Förderer, er hat selbst gespendet, und er ist nicht der Obmann dieses Vereins. Vielleicht könnten Sie mit ihm darüber sprechen. (GRin Mag Marie Ringler: Nein, aber er hat zumindest im letzten Jahr das Subventionsansuchen unterschrieben!)

 

Von der Opposition werden jeweils konträre Schwerpunkte des Kulturangebotes verlangt. Die SPÖ möchte die Vielfalt des Angebots erhalten. Daher werden wir weiterhin große und kleine Vereine, Theatergruppen oder konservative und avantgardistische Projekte fördern.

 

Eine EU-weite Studie hat ergeben, dass der Kulturbereich EU-weit 2,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union beiträgt. Der Jahresumsatz beträgt das Zweieinhalbfache der jetzt so viel besprochenen Automobilherstellung. Das Wachstum des kulturellen Sektors liegt weit über dem allgemeinen Wirtschaftswachstum. Zuletzt waren beinahe sechs Millionen Menschen im kulturellen Bereich beschäftigt; zum Vergleich: Das sind die Berufstätigen von Griechenland und Irland zusammen. Der Zuwachs der Beschäftigung liegt über dem europäischen Durchschnitt. Fast die Hälfte der im kulturellen Bereich Tätigen haben einen Hochschulabschluss.

 

Nach einer Untersuchung des Instituts für Höhere Studien über die ökonomischen Wirkungen ausgewählter Kultureinrichtungen wurden durch die Ausgaben der Salzburger Festspiele und die Ausgaben der Besucherinnen und Besucher eine Wertschöpfung von 148 Millionen EUR generiert und mehr als 2 400 Vollzeitarbeitsplätze in Österreich geschaffen. Auch bei den Wiener Festwochen bringt jeder Euro an Subvention der Wiener Wirtschaft 2,3 EUR zurück; inklusive Multiplikatoreffekt liegt der Mehrwert sogar bei 4,2 EUR.

 

Eine Studie des IHS bezüglich ökonomischer Wirkungen der Theater ergab, dass Kultur als

 

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