Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 107 von 118
bis jetzt nicht getan habe, ist, den Steuerzahlern
dafür zu danken, dass sie so bereitwillig so viel Geld für die Kultur zur
Verfügung stellen. (Beifall bei der ÖVP.)
Mehr Geld für die Wiener Kultur ist gut und wird die
Mehrheitsfraktion wieder zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Aber die Frage ist
schon erlaubt, was mit dem Geld geschieht. Es hat ja schon eine Fülle von
Beispielen gegeben, was alles mit dem Geld auch passiert und geschieht: Es
versickert, es wird fehlinvestiert, es wird einfach falsch investiert. Das
alles kann man schönreden, aber damit wird der real existierende Sozialismus in
der Kulturpolitik ausgeblendet.
Der Kontrollamtsbericht über die Vereinigten Bühnen
Wien, der auch schon zitiert wurde, ist sozusagen ein Kernstück dessen, was
hier wirklich passiert. Sie erinnern sich: Unverhältnismäßige Steigerungen der
Gehälter für die Manager wurden kritisiert, zusätzliche, nicht nachvollziehbare
Prämienzahlungen, hohe Gagen für die Manager, Privatverkauf des Dienstwagens an
Geschäftsführer, zusätzliche, nicht gedeckte Sozialleistungen für Intendanten,
Gewinne der Auslandstätigkeit, die im Subventionsantrag nicht angegeben wurden,
die Auslandsproduktionen mussten wertberichtigt werden, die Abrechnungen mit
Lizenznehmern stimmten nicht, der Umbau des Ronacher hätte als Leasing-Variante
ausgeführt werden sollen, um die Ausschreibungspflicht zu umgehen, der
Aufsichtsrat wurde über die Finanzierungsangebote nicht ausreichend oder
umfassend informiert, die Umbaukosten wurden falsch eingeschätzt, die Baukosten
sind schon vor Beginn überschritten worden, nach der Funktionssanierung ist vor
der Sanierung des Ronacher, es muss nämlich schon wieder saniert werden.
Das alles sind Dinge, die nicht nur bekannt sind,
sondern die auch wiederholt an dieser Stelle diskutiert wurden. Konsequenzen
blieben aus. Wir haben das vor wenigen Wochen diskutiert.
Interessant ist das alles auch deshalb, weil die
Vereinigten Bühnen Wien der größte Einzelposten im Kulturbudget sind, mit
42,4 Millionen EUR im Jahr 2008, wie aus dem Kulturbericht hervorgeht. Das
sind wirklich gigantische Summen! Darüber ist zu diskutieren, ob diese Mittel
richtig eingesetzt wurden und ob es auch die entsprechende Kontrolle über die
Verwendung dieser Subventionsmittel gibt.
Apropos Kulturbericht - es wurde schon gesagt: Wie
üblich wurde uns der Kulturbericht knapp vor Sitzungsbeginn des heutigen Tages
in der Druckversion zugänglich gemacht, und in der Online-Version am vergangenen
Freitag. Es ist hier wie immer der Versuch, Transparenz nicht walten zu lassen
und Kontrolle der Opposition möglichst zu erschweren. Aber es wird Ihnen das
nicht wirklich helfen, weil die Kontrolle die wesentliche Aufgabe der
Opposition ist. (Beifall bei der ÖVP.) Im Zusammenhang mit den
Vereinigten Bühnen Wien möchte ich einen Resolutionsantrag einbringen:
„Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass die
zuständigen Mitglieder der Stadtregierung als Subventionsgeber sowie auch als
Eigentümervertreter der Wien Holding sich dafür einsetzen, dass den Intendanten
und Geschäftsführern im Bereich der Vereinigten Bühnen Wien im Vergleich zu den
anderen Geschäftsführern der Wien Holding leistungsbezogene Gehälter gezahlt
werden sowie objektive und nachvollziehbare Kriterien etwaiger Prämienzahlungen
eingeführt werden.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung das Antrages
an den Ausschuss der Geschäftsgruppe für Finanzen, Wirtschaftspolitik und
Wiener Stadtwerke verlangt." (Beifall bei der ÖVP.)
Danke schön für die Weiterreichung des Antrages, auch
wenn ich Sie im Augenblick bei der Lektüre des „profil" gestört habe, Herr
Stadtrat.
Der Kulturbericht wurde, so wie der
Wissenschaftsbericht, heute veröffentlicht und soll eben, wie gesagt, auf Grund
der Knappheit der Vorbereitungszeit dazu führen, dass hier möglichst wenig über
Kulturpolitik diskutiert wird. Sie haben offenbar kein Interesse an einer
kunst- und kulturpolitischen Diskussion. Sie reichen Subventionen durch, Sie
verwalten, statt zu gestalten, und Sie tun einfach immer weiter, wobei es
brennende Probleme in der Wiener Kulturpolitik gibt.
Ein paar Beispiele: Die soziale Lage der Künstler ist
nach einer Studie, die seit einiger Zeit vorliegt, katastrophal. Mehr als
50 Prozent der in dieser Studie befragten Künstlerinnen und Künstler
stammen aus Wien, arbeiten in Wien, und geschehen ist nichts! Bis jetzt ist
dieser Frage nicht nachgegangen worden, das ist so. Hier würden wir Taten
erwarten, hier würden wir kräftige kulturpolitische Initiativen erwarten. Es
kann nicht sein, dass das in der Studie behauptete Ungleichgewicht bestehen
bleibt und nichts weiter geschieht.
Auch Ihre Lippenbekenntnisse zu Partizipation von
vielen, von möglichst vielen oder allen an der Wiener Kultur, sind in der Tat
nur Lippenbekenntnisse. Was ist mit dem Gratiseintritt in Museen? Nicht an
einem Tag einmal im Monat, sondern eine Öffnung der Museen mit Gratiseintritt!
Was ist mit dem freien Eintritt für Begleitpersonen von behinderten Menschen?
Wir haben diese Anträge wiederholt gestellt, sie wurden immer wieder abgelehnt.
Ebenso abgelehnt wurden - es wurde schon darauf
hingewiesen - alle Anträge für den Ausbau des Musikschulwesens. Ich weiß schon,
dass es ressortmäßig nicht im Kulturbereich ressortiert oder hier keine Zuständigkeit
besteht - wobei übrigens auch zu diskutieren wäre, ob das richtig ist. Aber
hier wurden zwölf Anträge unserer Fraktion seit 2006 abgelehnt.
Da wären kulturpolitische Initiativen gefragt, aber stattdessen
gibt es Lippenbekenntnisse wie die des Kernöl-Marxisten Franz Voves, der nichts
anderes tut, als jeden Tag Steuererhöhungen zu verlangen - Reichensteuern,
Erbschaftssteuer-Wiedereinführung -, und selbst von Stiftungen in seiner
politischen Arbeit zumindest profitiert: Oder von Erich Haider, dem
oberösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreter, der nicht genug an
verbalen Rundumschlägen produzieren kann, um selbst von Stiftungen zu
profitieren.
Hier wird die Doppelzüngigkeit
manifest, eine
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