Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 118
GR
Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Bevor
ich mich der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr zuwende, möchte ich
auf die Frau Vizebürgermeisterin eingehen.
Meine
Damen und Herren! Österreich und nicht nur Österreich, sondern viele Staaten
der Welt beziehungsweise fast alle Staaten der Welt befinden sich in der
weltweit größten Krise seit der Zwischenkriegszeit. Diese Krise erfordert ein eindeutiges
Zusammenstehen.
Im
Hinblick darauf hätte ich mir von der Frau Vizebürgermeisterin erwartet, dass
sie als verantwortliche Finanzstadträtin den anderen Parteien und den Menschen
in dieser Stadt die Hand reicht und dass sie versucht, mit ihnen gemeinsam
einen Weg aus der Krise zu finden. Stattdessen hat sie jedoch zwei Parteien
vorgeworfen, dass sie in ihrer Amtszeit eine schlechtere Performance gezeigte
haben als die Akteure der derzeitigen Weltwirtschaftskrise insgesamt.
Ich
nenne das nur als Beispiel. Und sie hat auch in vielen anderen Punkten nicht
nur auf unsere Partei, sondern auch auf eine andere Partei repliziert. Das
stärkt nicht das Vertrauen, liebe Frau Finanzstadträtin, das Sie eingefordert
haben! Das stärkt nicht die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, die wir
in einer solchen Krise brauchen! Vielmehr erfordert diese Krise gemeinsames
Handeln! Gemeinsames Handeln erwarten wir uns auch von einer Stadt, die von der
SPÖ regiert wird, und ich bedaure es außerordentlich, dass das von der SPÖ
nicht getan wird! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine
Damen und Herren! Die Frau Vizebürgermeisterin hat auch gesagt, dass es eines
handlungsfähigen Staates bedarf. Dazu bedarf es allerdings einer
handlungsfähigen Gemeinde! Sie sprach davon, dass vom Nahverkehrs- bis zum
Breitbandausbau Investitionen notwendig seien und vorgenommen werden. –
Den Breitbandausbau hat mein Klubobmann schon zitiert. Dafür haben Sie einen
ehemaligen Generalintendanten des ORF eingesetzt, und wir haben vor vielen
Monaten – um nicht zu sagen, vor vielen Jahren – das letzte Mal davon
etwas gehört. Im Zusammenhang mit dem Nahverkehr werde ich noch auf Details zu
sprechen kommen, wo wir überall Verbesserungen machen können.
Die
Frau Vizebürgermeisterin sprach davon, dass die Wienerinnen und Wiener auf die
Ergebnisse der Mercer-Studie stolz sein können. Das ist richtig: Die
Wienerinnen und Wiener können darauf stolz sein, nicht die SPÖ! Die Stadt haben
nämlich die Wienerinnen und Wiener gemacht, und über die bisherigen
Versäumnisse der Stadt Wien müssen wir uns noch auseinandersetzen!
Es
ist wichtig, dass wir in Zeiten, in denen es uns nicht so gut geht, das
Positive und auch das Verbesserungswürdige sehen. Und es hat keinen Sinn, meine
Damen und Herren, wenn wir versuchen, alles schönzureden oder Dinge nicht zu
sagen, obwohl sie gesagt werden müssten und gehandelt werden müsste. Das
verschlechtert die Situation.
Liebe
Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ! Ihr Verhalten könnte dazu führen, dass
genau die Polarisierung, die Sie in Wirklichkeit vermeiden wollen,
hervorgerufen wird. Sie versuchen, vieles schönzureden, was andere dazu bringt,
sich intensiver damit zu befassen. Versuchen Sie, die Dinge ernsthaft
anzureden! Diskutieren wir über Lösungen dazu! Dann schaffen wir auch einen
guten Weg für Österreich und für Wien! Als Regierung wäre das eigentlich Ihre
Aufgabe!
Meine
Damen und Herren! Die Frau Vizebürgermeisterin hat hervorgehoben, dass es bei
General Motors keine Kurzarbeit mehr gibt und hat das als großen Verdienst der
Stadt hervorgehoben. – Ich würde ersuchen, dass einer Ihrer Redner noch
sagt, was die SPÖ dazu getan hat! Wie kann die SPÖ Kurzarbeit rückgängig
machen? Das würde mich interessieren, bevor hier ein Lob im Raum steht, das
niemand nachvollziehen kann!
Meine
Damen und Herren! Es wurden heute schon mehrfach die zwei Sondersitzungen
angesprochen, die wir vor Kurzem im Finanzausschuss hatten. Bei der ersten
Sondersitzung am 8. Mai war ich selbst anwesend und habe 20 Fragen
eingebracht. Bis zum heutigen Tag wurden diese Fragen nicht beantwortet! Meine
Damen und Herren von der Regierung! Vielleicht ist es das, was die Bürgerinnen
und Bürger nicht verstehen! Dass Sie es nämlich nicht für notwendig erachten,
mit den Menschen zu diskutieren, die kein SPÖ-Parteibuch haben. Diskussion ist
wichtig. Sie lassen jedoch die anderen Menschen offensichtlich im Dunklen und
ärgern sich danach, wenn eine politische Partei oder andere Bürgerinnen und
Bürger oder auch der Rechnungshof oder das Kontrollamt Versäumnisse aufzählen.
Dann ärgern Sie sich. Das könnten Sie vermeiden, indem Sie zuvor in einen
Dialog eintreten und mit den Menschen reden.
Außerdem
warne ich Sie, meine Damen und Herren von der SPÖ, wenn Sie über neue Steuern
sprechen. Heute zahlen bereits 50 Prozent der Menschen keine Steuer. (GR
Franz Ekkamp: Herr Kollege Gerstl! Das ist falsch! – Zwischenruf von GR
Ernst Nevrivy.) Bitte? (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Mehrwertsteuer?, selbstverständlich: Keine Lohnsteuer. Danke, das war ein
berechtigter Einwand! 50 Prozent zahlen keine Lohn- und Einkommenssteuer.
Und ich will nicht, dass die 50 Prozent, die jetzt schon zahlen, in
Zukunft noch mehr zahlen sollen! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine
Damen und Herren! Sie müssen den Menschen nämlich auch sagen, wem sie was in
Zukunft wegnehmen wollen! Und wenn Sie von einer Vermögenssteuer sprechen, dann
sprechen Sie in Wirklichkeit von einer Eigentumssteuer. Sie wollen das Eigentum
der Menschen besteuern. Sie wollen den Menschen das Eigentum madig machen. (Zwischenruf
von GR Christian Hursky. – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und das
will die ÖVP nicht, und da werden Sie auf heftigsten Widerstand stoßen, meine
Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn Sie in Zeitungen davon reden, dass Sie auf
Grund der Krise eine Rückbesinnung auf SP-Grundwerte
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