Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 118
anstreben, dann sage ich Ihnen, was unser
Außenminister, nachdem er vorige Woche vom Europäischen Rat zurückgekommen ist,
erklärt hat. (GR Mag Christoph Chorherr: Sind wir in der falschen
Geschäftsgruppe?) Ich habe gesagt, ich möchte zuerst die Ausführungen der
Frau Vizebürgermeisterin reflektieren und danach zum Nahverkehr kommen! Es
scheint mir nämlich wichtig, dass wir darauf noch einmal eingehen, denn nach
der Krise wird, wie unser Außenminister sagt und wie im Europäischen Rat
festgehalten wurde, wahrscheinlich nichts mehr so sein wie vorher. Das heißt:
Eine Rückbesinnung auf SP-Grundwerte würde die Situation noch mehr
verschlechtern!
Meine Damen und Herren! Wir alle sind aufgefordert,
die Auswirkungen der Krise ernst zu nehmen, darüber nachzudenken und gemeinsam
Lösungen zu finden. Nach der Krise wird ein neuer Weg begangen werden müssen,
dem müssen wir uns stellen. Und es bringt nichts, sich so wie Sie, meine Damen
und Herren, vor den Tatsachen die Augen zu verschließen! (Beifall bei der
ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Damit komme ich nun zur
Infrastruktur in Wien. Ich freue mich, dass ich, als ich letzte Woche eine
Schülergruppe aus dem Ausland durch das Rathaus führen durfte, auch über die
Vorzüge der Stadt berichten konnte. Es ist, wenn man Gäste aus dem Ausland hier
hat, immer erfreulich, die Stadt zu zeigen. Das heißt aber nicht, dass uns die
Tatsache, dass wir in gewissen Bereichen im Vergleich zu anderen Städten sehr
positiv sind, dazu verleitet, jetzt nichts mehr zu tun. Diesen Eindruck
erwecken jedoch Sie manchmal, wenn Sie Studien zitieren.
Ich meine: Es ist wichtig, dass wir auf das Gute, das
wir in dieser Stadt errichtet haben, weiter aufbauen. Wir haben als Stadt Wien
im Unterschied zu vielen anderen Städten der Welt die Straßenbahnen erhalten.
Wir in Wien haben das in den vergangenen Jahrzehnten als etwas Positives
erhalten und haben damit einen Wettbewerbsvorteil im öffentlichen Verkehr gegenüber
vielen anderen Städten.
Umso unverständlicher ist, dass wir in den
vergangenen Jahren die Streckenlänge der Straßenbahnlinien reduziert haben.
Damit liegen wir nämlich genau im gegenteiligen Trend. Versuchen wir also, uns
die Dinge, die wir in der Vergangenheit positiv aufgebaut haben, uns in Zukunft
nicht wieder wegnehmen zu lassen! Ich denke, es ist notwendig, dass wir auch
beim Straßenbahnnetz Verbesserungen erzielen, und zwar nicht nur bei der
Streckenlänge, sondern vor allem durch einen rascheren Austausch auf
Niederflurstraßenbahnen. Das wäre gerade auch ein Wirtschaftsmotor, den wir
jetzt brauchen könnten.
Investitionen in den Nahverkehr, den sich die Frau
Vizebürgermeisterin so sehr wünscht, wären dringend notwendig. Ein Vorziehen
der Beschaffung von ULFs würde dazu beitragen. Das würde zur Standortsicherheit
und zu mehr Sicherheit im Nahverkehr beitragen, das würde die Wirtschaft weiter
ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen et cetera. Das haben Sie aber leider bis
jetzt noch nicht beschlossen, Sie haben noch eine Chance.
Das Gleiche gilt für den U-Bahn-Bau: Wir haben bis
jetzt, obwohl wir in einer Wirtschaftskrise stecken, von Ihnen noch nicht
gehört, welche neue U-Bahn Sie nun zusätzlich bauen werden. Sie haben Ihr
Programm nicht verändert. Sie halten beim Status quo, Sie haben keine Linie
zusätzlich ausgewählt. Ich würde mir wünschen, dass Sie jetzt noch eine U5 dazu
bauen oder die U2 doppelt so schnell weiter bauen! Ich wünsche mir, dass Sie
dort noch mehr investieren und die Wirtschaft entsprechend beauftragen. All das
haben Sie bis jetzt aber nicht getan!
Wir haben einen der umweltfreundlichsten Busse im
Nahverkehr. Die Busse sind erdgasbetrieben. Wir wissen aber, dass wir ab 2015
keine erdgasbetriebenen Busse mehr bekommen. Sie haben jedoch bis heute keine
Entscheidung getroffen, in welche Richtung Sie in Zukunft gehen werden. Es ist
notwendig, Zukunftstechnologien auch für die Stadt Wien zu sichern, hier voran
zu gehen und nachhaltige Mobilität zu gewährleisten. Ich würde mir erwarten, dass
Sie betreffend öffentlichen Verkehr etwas mehr Visionen zeigen und vielleicht
einmal hybridbetriebene Busse oder mit Wasserstoff betriebene Busse einstellen.
Wir sollten versuchen, hier auch weiterhin eine Vorreiterrolle einzunehmen, und
uns nicht nur darauf ausruhen, was wir in der Vergangenheit erreicht haben!
Ich denke, dass vor allem Zusammenarbeit wichtig ist.
Und da haben Sie als Sozialdemokratie mit einer Wiener Mandatarin als
Verkehrsministerin und einer Wiener Vizebürgermeisterin eine einmalige Chance,
zwischen den ÖBB und den Wiener Linien einen Schulterschluss zu bilden, damit
der Nahverkehr in Wien in Zukunft nicht nur mehr von den Wiener Linien getragen
wird, sondern endlich einmal auch von der Schnellbahn. Diese Zusammenarbeit
wünschen sich viele Wienerinnen und Wiener und wünsche ich mir von Ihnen.
Bessere Voraussetzungen können Sie nicht mehr haben! Es gibt keinen Grund, dass
Sie über irgendeine andere Bundesregierung schimpfen! Sie haben zwei Mandatare
aus Wien in Spitzenfunktionen, sowohl als Finanzstadträtin als auch als
Verkehrsministerin. Es liegt nur mehr an Ihnen, zusammenzuarbeiten!
Meine Damen und Herren! Im Bereich des Autoverkehrs
besteht, glaube ich, der größte Aufholbedarf in der Stadt. Da könnte man
Zukunft zeigen! Die Stadt hat so wenig Stromtankstellen wie fast kein anderes
Bundesland. Es gibt nur zwei Bundesländer, die weniger Stromtankstellen haben
als Wien, nämlich Tirol und Vorarlberg. Ich glaube, ich brauch das von der
Größe her hier nicht extra zu demonstrieren. In Wien gibt es 87
Stromtankstellen, allein in Niederösterreich sind es hingegen 892, das ist das
Zehnfache, meine Damen und Herren! Daran könnte sich Wien ein Beispiel nehmen!
Wenn wir davon sprechen, wie wir
in Zukunft den Verkehr emissionsfrei gestalten können, dann gehört dazu nicht
nur, dass wir E-Autos in dieser Stadt wie selbstverständlich betreiben.
Vielleicht bringen wir ein ähnliches Ausleihsystem wie für die Gratisfahrräder
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