Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 118
ÖVP.)
Bevor die Kollegen von der Sozialdemokratischen
Fraktion jetzt wieder entrüstet aufschreien: „Die ÖVP redet Wien
schlecht!", darf ich Ihnen mitteilen, dass im Österreich-Vergleich Wien
bei fast allen wirtschaftlichen Kenndaten hinterherhinkt. Das sind Fakten! (GR
Mag Jürgen Wutzlhofer: Einkommen pro Kopf, zum Beispiel? Frauenarbeitslosigkeit,
zum Beispiel? Das meinen Sie? - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Und:
Wien ist drauf und dran, seine Rolle als wichtiger Firmenstandort im Bereich
Mittel- und Osteuropa zu verspielen.
Gestiegene Ausgaben für Sozial- und Notstandshilfe -
meine Herren, die Sie sich hier so köstlich amüsieren - bedeuten nämlich nur
eines: Ihr Versagen in der Wirtschaftspolitik! Der Stadt Wien ist es nämlich
nicht gelungen, entsprechende Rahmenbedingungen für florierende Unternehmen zu
schaffen, denn diese Unternehmen würden die Arbeitsplätze schaffen. Was Sie den
Arbeitslosen anbieten, ist Verwaltung von Arbeitslosigkeit. Das ist die
Perspektive, die Sie den ArbeitnehmerInnen dieser Stadt anbieten. (Zwischenrufe
bei der SPÖ.)
Freut mich, dass Sie sich so amüsieren bei der Lage,
die Sie hier in der Stadt hinterlassen haben! Wer es wagt, diese Missstände
aufzuzeigen, wird als Schlechtredner oder Kassandrarufer abgetan. Daher darf
ich es Ihnen noch einmal ins Stammbuch schreiben: Es geht nicht darum, diese schöne
Stadt schlechtzureden, sondern es geht darum, aufzuzeigen, was in dieser Stadt
falsch läuft und was geändert gehört.
Aber statt mutige Schritte zu setzen, hat die SPÖ
eine andere Taktik: Wenn es brenzlig wird, munter ausgliedern! Nur, wenn ein
Defizit ausgeglichen werden soll, dann dürfen für die Stadt Wien eigentlich
wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler einspringen. Oder man wartet, was
im Bund passiert, und reagiert erst, wenn der Druck allzu groß wird - siehe
Gratiskindergarten!
Die einzige Maßnahme, die den Sozialdemokraten
einfällt, wenn es um Wirtschaft geht, sind Gebührenerhöhungen und damit die
Abzocke der Wienerinnen und Wiener. (GRin Marianne Klicka: Wo haben Sie denn
den Satz her? Das frage ich mich auch!) Wo sind die Gegenmaßnahmen gegen
die Krise? Wo ist das im vergangenen Jahr so groß angekündigte Konjunkturpaket?
- Bis jetzt sicher noch nicht bei den Menschen angekommen! (Beifall bei der
ÖVP.)
Dabei gäbe es in dieser Stadt genug zu tun. Dabei
hätte Wien einen geopolitischen Vorteil zu verteidigen, mitten im Zentrum
Europas. Wenn wir allerdings nicht rasch reagieren, werden uns andere
Ost-Metropolen wie Bratislava, Budapest und Prag in null Komma nix überholt
haben. In der Realität - und das ist so - sind sie bereits dabei, genau das zu
tun.
Die gute Ausbildung ist einer der Schlüsselfaktoren
für eine florierende Wirtschaft. Was tut die Stadt Wien dafür, wo sind wir hier
Vorreiter? - Da wird nun eine Campusschule eingeführt, aber einen Plan dafür
haben wir nicht. Oder sind etwa die Kooperationsmöglichkeiten zwischen
Unternehmen, den Universitäten und der Stadt Wien schon ausgeschöpft?
Was wir brauchen, ist eine mutige und innovative
Wirtschaftspolitik, damit in Wien endlich etwas weitergeht. Zuallererst: Wien
muss die mutigste Stadt Europas werden! Wir müssen endlich die überbordende
Bürokratie abbauen und eine neue Kultur der Selbstständigkeit etablieren. Der
unternehmerische Mittelstand muss deutlich entlastet und die Verwaltung auf
Fastenkur gesetzt werden, auch wenn Sie das nicht gerne hören. Mutige Menschen
dürfen nicht mehr mit allen erdenklichen bürokratischen Hürden daran gehindert
werden, ein Unternehmen zu gründen und Arbeitsplätze zu schaffen. Wirtschaft
muss erleichtert werden - aber Sie schaffen das leider nicht! (GR Christian
Hursky: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden sich freuen, dass Sie sie
entlassen wollen! Die hören das gern! ... das alles schon notiert!)
Wir müssen mutige und neue Ideen unterstützen, statt nur
die eigene Klientel mit lukrativen Aufträgen zu versorgen. Wir brauchen
qualifizierte Migrations- und Integrationspolitik, um entsprechendes Know-how
in dieser Stadt auch zuzulassen. Wir müssen den Flughafen Schwechat und das
Streckennetz in Richtung Ost- und Südosteuropa stützen, denn dies spielt eine
zentrale Rolle für die Headquarter.
Zum Abschluss habe ich noch ein besonderes Schmankerl
für Sie. Selbst Ihre eigenen Mandatare scheinen hie und da helle Momente zu
haben! Da kann es dann schon einmal passieren, dass ein roter Gemeinderat, in
dem Fall GR Strobl, im Wirtschaftsparlament einen Antrag stellt, der die
Unfähigkeit der Wiener SPÖ-Wirtschaftspolitiker treffender nicht dokumentieren
kann. (GR Christian Hursky: War das ein Mitarbeiter des Herrn Strache, der
Ihnen das geschrieben hat?)
Herr Kollege, ich bin selbst im Wirtschaftsparlament,
ich habe das miterlebt. (GR Christian Hursky: ... selbst schreiben!) Offenbar
hat auch Kollege Strobl erkannt, dass in Wien akuter Handlungsbedarf besteht.
Denn unter anderem fordert er in diesem Antrag, dass Kleinbetriebe entlastet
werden, im Betriebsanlagenrecht entlastet werden, und dass Betriebsinhaber
besser unterstützt werden sollen.
Ich frage mich nur, lieber Herr GR Strobl: Wer
hindert Sie eigentlich daran, diese Forderung selbst zu stellen, an Ihre
Finanzstadträtin zu richten und im Gemeinderat entsprechende Schritte zu
setzen? - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Das Wort hat Frau GRin Mag Krotsch. - Bitte.
GRin Mag Nicole Krotsch
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtages und Gemeinderates): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr
geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!
Ich war ein bisschen erstaunt von
den auch sehr, muss ich sagen, untergriffigen Worten der Kollegin Leeb. Ich
muss es anscheinend noch einmal betonen, wie auch die Vorredner von meiner
Fraktion, da es nicht wirklich selbstverständlich ist: Wien hat es trotz der
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