Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 118
eingestellt und eingeschult, und daher haben wir das
in ein paar Tagen wieder im Griff.
Diese Sitzung war am 8. Mai; am Freitag steht
ein großer Artikel in der Presse: „Hundert Mitarbeiter zu wenig bei den Wiener
Linien", und die Begründung bezieht sich auf Arbeitszeitregelungen. Meine
Damen und Herren, die EU-Arbeitszeitregelung, die das Parlament hätte
beschließen sollen, ist nicht in Kraft getreten, weil das Parlament das nicht
gemacht hat. Daher kann diese Aussage nicht ganz stimmen. Auch die Begründung
der Wiener Linien - wir haben das innerhalb der nächsten Wochen im Griff - kann
nicht stimmen, sonst wäre es schon im Griff. Es ist also nichts wirklich
passiert. Aber eines muss man dazusagen: Das Management hat dort konkrete und
sehr gute Auskünfte gegeben.
Die nächste Sondersitzung, die wir beantragt haben,
war eine Sondersitzung zu drei speziellen Themen. Das erste war die
Kalkulierung der Strom- und Gaspreise im Bereich der Wiener Stadtwerke – Wien
Energie. Der zweite Punkt war: Wie waren diese Veranlagungen bei den
Pensionskassen? Der dritte Punkt war: Was passiert mit den zu viel
eingenommenen Gebrauchsabgaben von Kunden aus Niederösterreich?
An diesem Tag hat am Vormittag der Finanzausschuss
und am Nachmittag der Sonderausschuss der Wiener Stadtwerke stattgefunden. Beim
vormittägigen Finanzausschuss war es ein verhältnismäßig kurzer Ausschuss, weil
es fast nur Zustimmungen zu Wirtschaftspaketen gegeben hat, die durchaus
richtig sind und in keiner Weise ablehnbar waren. Am Nachmittag hat die
Finanzstadträtin ein Gutachten des Verfassungsdienstes herausgeholt und hat
gesagt: Das alles geht nicht, und das kann ich nicht beantworten, denn der
Verfassungsdienst hat festgestellt, das ist eine Aktiengesellschaft - was wir
alle wissen -, und dort ist es nicht möglich, das an den Gemeinderat
weiterzugeben, sondern es ist eine Entscheidung des Vorstandes, und der
Vorstand trifft die Entscheidungen, wie Preiskalkulationen durchzuführen sind oder
wie Veranlagungen von Pensionssystemen durchzuführen sind. Der dritte Punkt mit
der Rückzahlung wurde vom Finanzdirektor beziehungsweise von OSR Kramhöller
ordnungsgemäß beantwortet.
Und jetzt, meine Damen und Herren, frage ich Sie: Es
ist eine Aktiengesellschaft, sie gehört zu 100 Prozent der Stadt Wien, und
bei dieser Aktiengesellschaft gibt es eine Hauptversammlung, so wie auch bei
jedem börsennotierten Unternehmen. Nur: Die Hauptversammlung ist die Frau
Finanzstadträtin, die die Eigentümervertreterin ist und dort diese 100 Prozent
wahrnimmt. Wäre es nämlich eine börsennotierte Aktiengesellschaft, dann könnte
ich mir eine Aktie kaufen, zur Hauptversammlung gehen und dort Fragen stellen,
und der Vorstand wäre verpflichtet, diese Frage zu beantworten.
Das ist hier nicht der Fall, nur eines ist schon zu
beachten: Die Frau Eigentümervertreterin ist dem Eigentümer - der Eigentümer
ist die Stadt Wien, und das sind die hier sitzenden hundert Gemeinderäte auch -
verpflichtet, Antwort zu geben. Dagegen hat sie sich mit aller Kraft
ausgesprochen, und sie hat auf ihr Gutachten des Verfassungsdienstes verwiesen.
Meine Damen und Herren! Vielleicht erinnern Sie sich
noch, so wie ich, an Gutachten des Verfassungsdienstes, die man nicht immer als
sakrosankt hinstellen kann. Sie erinnern sich noch an die Gutachten des
Verfassungsdienstes und des Prof Mayer zum Ausländerwahlrecht. Der oberste
Rechtssprecher in Österreich, nämlich der Verfassungsgerichtshof, hat genau
diese Gutachten nicht anerkannt und das Wahlrecht für Drittstaatenangehörige
nicht erhoben! - Soweit zur Qualität des Verfassungsdienstes der Stadt Wien.
Ich hoffe, dass das doch ordnungsgemäß überprüft wird
und eine Berichterstattung beziehungsweise eine Berichtigung durch die Frau
Stadträtin an den zuständigen Gemeinderatsausschuss beziehungsweise an den
Gemeinderat durchgeführt wird. Aus diesem Grund bringe ich gemeinsam mit dem
Kollegen Stark und den Mitunterzeichnern folgenden Beschlussantrag ein:
„Die amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen,
Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, Mag Brauner, soll als
Eigentümervertreterin der Wiener Stadtwerke Holding AG sicherstellen, dass
diese und alle ihre Teilgesellschaften vierteljährlich Berichte dem zuständigen
Gemeinderatssausschuss für Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke
vorlegen, um damit nicht nur eine laufende Berichterstattung, sondern auch ein
betriebliches Controlling durch den Gemeinderat zu gewährleisten. Der
Gemeinderat der Stadt Wien spricht sich für eine Informationspflicht der
Eigentümervertreterin, der amtsführenden Stadträtin der Geschäftsgruppe
Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, gegenüber den Mitgliedern
des Gemeinderates aus.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt." (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Beim Städtetag und im
Anschluss daran bei der Vorstandssitzung des Verbandes der österreichischen
Wirtschaft und Gemeinwirtschaft hat Dr Stephan Schulmeister vom WIFO einen
interessanten Vortrag dazu gehalten, wie die Krise eingetreten ist und wie man
jetzt in dieser Wirtschaftskrise von der Finanzkrise wieder in den Realbereich
übertreten und das Ganze in den Griff bekommen kann. Das Problem war, sagt er,
dass viele Unternehmen - er weist dabei wieder auf Siemens hin, über das wir
schon diskutiert haben - von der Realwirtschaft in die Finanzwirtschaft
gegangen sind, und er schreibt, dass man sich zunehmend mit der Bildung von
Finanzkapital beschäftigt hat, statt das Realkapital zu stärken und damit
Arbeitsplätze zu schaffen und auch zu halten.
Meine Damen und Herren! Das mit der Industrie stimmt
voll und ganz. Aber es ist auch für die Wiener Stadtwerke nicht auszuschließen.
Denn Cross Border Leasing war ein Finanzgeschäft, ein durchaus genehmigtes,
aber ein Finanzgeschäft. Die Veranlagung der Pensionskassen war ein
Finanzgeschäft und lag nicht im Realbereich.
Ich glaube, Kollege Ekkamp und ich
haben zwei
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular