Gemeinderat,
48. Sitzung vom 22.06.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 118
seine Pressemitteilung richtig interpretiere, gegen
die Wiedereinführung dieser Steuern, speziell der Erbschafts- und
Schenkungssteuer, geäußert. Ich darf daran erinnern, dass die Vermögenssteuer
übrigens von einem SPÖ-Finanzminister abgeschafft wurde.
Nach diesen klaren Worten des Herrn Bundeskanzlers
dachte ich, dass die Willensfindung innerhalb der SPÖ geklärt wäre. Überrascht
war ich dann über eine weitere ORF-Pressemeldung bezüglich ÖGB von voriger
Woche: „ÖGB fordert weitere Steuerreform: Der ÖGB fordert noch in dieser
Legislaturperiode eine weitere Steuerreform. Im 72 Seiten starken
Leitantrag, der Anfang Juni auf dem Bundeskongress beschlossen werden soll,
tritt der Gewerkschaftsbund für eine international übliche Vermögensbesteuerung
ein", was mit „international üblich" auch immer gemeint sein mag.
Bei der nächsten Forderung in diesem ÖGB-Papier ist
mir als Steuerberater dann ein kalter Schauder über den Rücken gelaufen. Und
zwar steht in diesem Papier: „Zur Vermeidung der kalten Progression fordert der
ÖGB eine automatische Valorisierung. Die Tarifstufen sollten an den Verbraucherpreisindex
gebunden werden." Es wäre erstmalig der Fall, dass Steuertarife an einen
Index gebunden werden, abgesehen von dem, was neuerdings in Wien gilt, wo ja
mit den Stimmen der Sozialdemokraten eine automatische Indexerhöhung der Gebühren
beschlossen wurde - meines Erachtens eine entsetzliche Preispolitik!
Es ist anzumerken, dass der Verbraucherpreisindex
eine statistische Kennzahl ist, die wie jede statistische Kennzahl leicht
manipuliert werden kann. Und darauf möchte der ÖGB Steuertarife aufbauen?
Bei der vor Kurzem abgeschafften Erbschafts- und
Schenkungssteuer lag der Spitzensteuersatz in der Steuerklasse 5 bei
60 Prozent. Weiß der ÖGB eigentlich, was er mit dieser Valorisierung
fordert? Die Ukraine kann die Gasrechnungen an Russland nicht bezahlen, die
Energiepreise steigen, der Verbraucherpreisindex auch - und in Österreich
steigen die Steuertarife, nur weil die Ukraine die Gasrechnungen nicht bezahlen
kann! Oder: Wien erhöht die Gebühren, der Verbraucherpreisindex steigt, dadurch
entstehen höhere Vermögenssteuern beziehungsweise höhere Schenkungssteuern.
Zu solchen Forderungen kann ich nur fassungslos den
Kopf schütteln. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Frau Vizebürgermeister
als Wirtschaftsstadträtin von Wien solch ein Papier unterstützen könnte.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Ein SPÖ-Minister
schafft die Vermögenssteuer ab, auch Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer
fallen. Ein SPÖ-Landeshauptmann fordert die Wiedereinführung wegen eines
schärferen sozialen Profils; so hat er es bezeichnet. Der Herr Bundeskanzler
sagt ein klares Nein, bekommt Rückendeckung von wichtigen politischen
Persönlichkeiten wie zum Beispiel dem Wiener Bürgermeister, und dann fordert
der ÖGB wieder die Einführung dieser Steuern.
Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister! Glauben Sie
nicht auch, dass dieser Zickzackkurs nicht nur schlecht für den
österreichischen Wirtschaftsstandort, sondern besonders auch für den Wiener
Wirtschaftsstandort ist? In Wien sind internationale Konzerne angesiedelt,
deren Überlegungen, ihre Konzernzentralen bei uns anzusiedeln, durchaus auch
steuerliche gewesen sein können.
Dem deutschen Finanzminister Steinbrück, dessen, na
ja, ich möchte sagen, markige Zitate bekannt sind, gefallen solche
Firmenverlagerungen nicht. Berlin kennt im Kampf gegen Steuerflucht keine
Gnade. Man könnte fast vermuten, dass dem deutschen Finanzminister die
Spielregeln der EU nicht bekannt sind. In der EU gibt es
Niederlassungsfreiheit, und ich nehme an, dass der deutsche Finanzminister die
Spielregeln gekannt hat, als er für Ja gestimmt hat.
So manche Diskussionen darüber sind für mich
unverständlich. Vermisst habe ich dabei kritische Gegenworte österreichischer
Politiker. Ich darf daran erinnern, dass Unternehmen auch Betriebsstätten von
Österreich in den Osten verlegt haben und auch unser Fiskus dadurch Geld
verliert. Aber das sind nun einmal die Spielregeln der EU, und die sind ja
bekannt.
In diesem ÖGB-Papier fand ich dann noch etwas
Interessantes. Zur Rettung von Unternehmen, die durch die Wirtschaftskrise vor
dem Konkurs stehen, verlangt der ÖGB vom Bund die Gründung einer
Auffanggesellschaft. Diese sollte gegebenenfalls in Not geratene Unternehmen
erwerben oder sich daran beteiligen. Nach erfolgreicher Sanierung müssten die
Unternehmen wieder verkauft werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies fordere
ich für Wien schon seit vielen Jahren, und zwar nach dem Muster der Steirischen
Umstrukturierungsgesellschaft STUG. In der Steiermark hat man eine
Pleiteholding für KMUs gegründet, über die Steirische
Umstrukturierungsgesellschaft STUG sollen Betriebe saniert und anschließend
wieder verkauft werden. Bei dieser Aktion rechnet das Land Steiermark sogar
noch mit einem finanziellen Vorteil für das Land selbst, und zwar mit einer
Rendite von 10 Prozent, die beim Wiederverkauf der STUG-Betriebe
realisiert werden soll.
Auch in Niederösterreich hat Ihr sozialdemokratischer
Landesrat Schabl im Zusammenhang mit der drohenden Schließung von Austria Frost
solch eine Gesellschaft gefordert. Ich zitiere: „Was in der Steiermark so
erfolgreich gelang, sollte auch in Niederösterreich gelingen. Mit der
Steirischen Umstrukturierungsgesellschaft ist es in unserem Nachbarbundesland
gelungen, Unternehmen und hunderte Arbeitsplätze, die vom Zusperren bedroht
waren, zu retten." - So der Pressedienst Ihres sozialdemokratischen
niederösterreichischen Landesrates.
Sehr geehrte Frau
Vizebürgermeister! Ich habe im Zuge der Budget- und Rechnungsabschlussdebatten
schon mehrmals gefragt, ob solche Überlegungen nicht auch für Wien interessant
wären. Leider habe ich von Ihnen keine diesbezüglichen Antworten bekommen.
Vielleicht könnten Sie Überlegungen in diese Richtung anstellen. Die
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