Gemeinderat,
46. Sitzung vom 29.04.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 113
betrieben haben, dann wissen Sie aber auch, dass schon bei Kleinstkrediten diese Kriterien trotzdem angewendet werden. Vielleicht können wir gemeinsam eine diesbezügliche Lösung im Sinne der Klein- und Mittelbetriebe finden!
Jetzt komme ich zu Ihren
Ausführungen bezüglich Finanztransaktionssteuer, Vermögenszuwachssteuer und so
weiter. – Es ist wichtig und höchst an der Zeit, dazu stehe ich, dass es
dort, wo es wirklich nötig ist, eine dementsprechende Regulierung und Kontrolle
gibt. Das gehört dringendst umgesetzt, und auch diesbezüglich gibt es
grundsätzlich ein Einvernehmen der Fraktionen. Deshalb habe ich mich jetzt ein
bisschen gewundert.
Wichtig ist für mich
auch – und deswegen bringe ich auch gleich den Antrag ein –, dass es
zu einer Vermögenszuwachssteuer kommt. Ich nenne Ihnen jetzt ein Beispiel. Es
versteht niemand, wenn vor einigen Jahren bei der Privatisierung von
Böhler-Uddeholm eine Investorengruppe eingestiegen ist, nach drei Jahren das
Aktienpaket verkauft, damit 600 Millionen EUR Gewinn macht und keine
Steuer dafür zahlen muss. Das kann es nicht geben, dagegen muss etwas
unternommen werden, und deshalb bin ich für die Einführung einer
Vermögenszuwachssteuer, und das mit sehr gutem Gewissen, meine sehr geehrten
Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Warum schlägt mein Herz so
sehr für die Klein- und Mittelbetriebe und die Ein-Personen-Unternehmer in
dieser Stadt? – Ich habe es schon erwähnt: Sie sind es, die die Wirtschaft
in dieser Stadt ankurbeln. Sie sind der Motor in dieser Stadt, und sie sind es
auch, die die Arbeitsplätze in dieser Stadt sichern. 54 Prozent aller
Unternehmen und Betriebe in Wien sind mittlerweile Ein-Personen-Unternehmen.
Und gerade diesen Kleinstbetrieben, die sich ihren eigenen Arbeitsplatz
schaffen, müssen wir weiterhin unsere Unterstützung geben. Die Klein- und
Mittelbetriebe beschäftigen die meisten Menschen nicht nur in dieser Stadt,
sondern in diesem Land.
Ich kann Ihnen das an Hand
einiger Zahlen verdeutlichen: 82,2 Prozent aller Betriebe in Österreich
beschäftigen eine/einen bis neun MitarbeiterInnen und nur 0,4 Prozent
aller österreichischen Betriebe beschäftigen mehr als 300 MitarbeiterInnen. Sie
sehen also ganz klar die Struktur, und somit ist auch ganz klar, wohin die
Unterstützung in erster Linie gehen soll.
Jetzt nenne ich noch einen ganz wichtigen Bereich,
nämlich den Bereich der Lehrlingsausbildung. Auch dieser liegt mir am Herzen,
und zwar deshalb, weil in der Öffentlichkeit zu diesem Thema immer ganz falsch
diskutiert wird. Es wird immer so getan, als ob der wichtigste Bereich für die
Lehrlinge in diesem Land die Industriebetriebe sind. Wissen Sie, wie viele
Lehrlinge Österreich-weit insgesamt in der Industrie beschäftigt sind? Sie
wissen es wahrscheinlich nicht! Es sind zirka 16 000, also 12 Prozent
aller Lehrlinge in Österreich. Wissen Sie aber, wie viele Lehrlinge zum
Beispiel nur in der Sparte Gewerbe und Handwerk ausgebildet werden? –
61 500, also rund 47 Prozent aller Lehrlinge, die in diesem Land
ausgebildet werden, und das in Klein- und Mittelbetrieben!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme zum
Schluss. Die Menschen in unserer Stadt brauchen unsere Unterstützung, um durch
die Krise zu kommen. Daher bedarf es einer entsprechenden Führungsqualität, es
sind Leadership und Vertrauen vonnöten. Wir brauchen Politiker und
Politikerinnen in dieser Stadt, die anerkennen, dass die Zeiten schwierig sind,
die handeln und die Menschen unterstützen.
Ich habe heute hier sehr viele Zahlen und Fakten
genannt, möchte jetzt aber betonen, dass es wesentlich ist, dass es den
Menschen in unserer Stadt gut geht und dass sie ihr Leben finanzieren können.
Dafür brauchen sie Arbeit und dafür brauchen sie Politiker und Politikerinnen,
die Verantwortung übernehmen und im Sinne dieser Menschen handeln.
Die SPÖ tut das, und ich möchte mich ganz besonders
bei Bgm
Dr Michael Häupl und bei
unserer Finanz- und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner dafür bedanken, dass
sie die Zügel nicht nur fest, sondern äußerst kompetent in der Hand haben.
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Niemand weiß, wie lange diese Krise noch andauern wird. Etwas weiß
ich aber ganz genau: Die SPÖ ist an der Seite der Menschen und an der Seite der
Betriebe, vor allem der Klein- und Mittelbetriebe. (Beifall bei der SPÖ.)
Lassen Sie mich jetzt noch auf
den Antrag eingehen, den ich schon kurz erwähnt und begründet habe:
„Der Wiener Gemeinderat
appelliert an die Bundesregierung, sich für eine umfassende Regulierung und
Kontrolle aller Akteure und Instrumente auf den europäischen und globalen
Finanzmärkten aktiv einzusetzen, mit einer Finanztransaktionssteuer Umsätze von
Finanzgeschäften steuerlich zu erfassen und der ungehemmten Spekulation mit
großen Finanzbeträgen, die zur Finanz- und Wirtschaftskrise geführt hat,
Einhalt zu gebieten und mit einer Vermögenszuwachssteuer auch die Einkommen und
Gewinne aus Finanzgeschäften gerechter als bisher steuerlich zu erfassen.
In formeller Hinsicht wird
die sofortige Abstimmung verlangt.“ – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Danke schön.
Wie Sie bemerkt haben, sehr geehrte Damen und Herren
des Gemeinderates, gab es auch eine gewisse Toleranz bei der Redezeit der
Vorredner.
Zu Wort gemeldet hat sich Herr GR Mag Ebinger.
Ich erteile im das Wort.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau nicht sichtbar anwesende
Vizebürgermeisterin! Meine Damen und Herren!
Wie Kollege Neuhuber
richtig gesagt hat: Das, was uns da alles als Maßnahmen gegen die Krise
aufgewartet wird, spottet jeder Beschreibung!
Mein Letztredner, Kollegen Strobl, hat mit fast
weinerlicher Stimme gesagt: „Wissen Sie, warum mir die Klein- und
Mittelbetriebe so sehr am Herzen liegen?“ – Darauf antworte ich, wie
Kollege Neuhuber richtigerweise gesagt hat: Weil die Arbeiterkammerwahl vor der
Tür steht! Das ist ja klar!
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular