Gemeinderat,
45. Sitzung vom 26.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 106
Ihnen an dieser Stelle garantieren, dass es keine
Ausgliederung der MA 30 geben wird." - So ist es am
23. Juni 2008 von Ihnen gesagt worden! (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Es gibt auch keine Ausgliederung! Das ist
keine Ausgliederung!) - Versuchen Sie nicht juristische Winkelzüge! (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Das ist keine
Ausgliederung!) Das ist die Vorbereitung einer Ausgliederung. (GR Ing Christian Meidlinger: Das ist eine
Unternehmung der Stadt Wien und keine Ausgliederung!) Alles andere ist
einfach die Unwahrheit, um das klar und deutlich zu sagen, meine Damen und
Herren! (Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Das
ist ein Blödsinn, was Sie da sagen!)
Die Haltung der Stadtregierung wurde vor sechs
Monaten, kurz vor dieser vollkommenen Kehrtwendung, auch noch einmal vom Herrn
Bürgermeister bestätigt, und zwar in einer Anfragebeantwortung. Er hat hier
wortwörtlich gesagt, ich zitiere wieder: „Meine ablehnende Haltung zu
Ausgliederungsüberlegungen für die für die Wiener Bevölkerung zentralen
Bereiche wie der Wasserversorgung oder dem Bereich der Entsorgung ist seit
Langem bekannt. Unter meiner Verantwortung wird es keine
Schritte ..." - keine Schritte, wohlgemerkt – „... in Richtung
einer Privatisierung bei solchen für die Bevölkerung der Stadt Wien sensiblen
Bereichen der Daseinsvorsorge geben." Nun sind sechs Monate ins Land
gezogen und alles geht in Richtung einer Ausgliederung der MA 30, egal,
wie man es juristisch darstellen möchte.
Es ist in jedem Fall so, dass diese Ausgliederung
nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen erfolgt, weil das könnten wir noch
mittragen, sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsfraktion, sondern Sie
verbinden damit ganz andere Ziele. Sie wollen nämlich den gesamten Komplex
stärker der Kontrolle durch den Wiener Gemeinderat entziehen und damit
sozusagen ein bisschen vorbauen, wenn Ihnen die politische absolute Mehrheit
abhanden kommt, dass Sie dann weiterhin die Kontrollmöglichkeiten in
irgendeiner Weise über ausgegliederte Unternehmungen und Ihre dorthin
entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausüben können. Vor diesen
Machtverlusten fürchten Sie sich offenbar, auch vor Kontrollmöglichkeiten der
Opposition! Das sind Ihre Motive und die sollten hier klar und deutlich
ausgesprochen werden! Wir können, sehr geehrte Damen und Herren, diese
Verschleierungs- und Machtpolitik der SPÖ-Wien nicht mittragen!
Es gibt aber noch ein zweites Thema in diesem
Zusammenhang. Das sind nämlich die mit der derzeitigen Finanzkrise in
Zusammenhang stehenden viel gepriesenen Cross-Border-Leasing-Geschäfte der
MA 30, die auf mehr als wackeligen Beine stehen. Da haben Sie
offensichtlich nicht ganz aufgepasst, was Sie da machen, denn es besteht die große
Befürchtung, dass hier der Vermögenswert der MA 30 bis ins Knochenmark
erschüttert werden wird. Auch das, mutmaße ich, könnte der Grund dieser
gebotenen Eile sein, die Sie hier an den Tag legen.
Ich frage Sie heute: Wie viel Geld haben Sie
eigentlich im Kanal versenkt, sehr geehrte Damen und Herren?
Ich kann diese Frage nicht mehr lange stellen, denn
nach einer Ausgliederung können wir in den Ausschüssen wohl kaum mehr im Detail
prüfen, was hier geschieht, und wir werden wohl nicht mehr erfahren, was bei
den Cross-Border-Geschäften wirklich abgegangen ist, in welcher Form Sie
Verträge abgeschlossen haben und welche Verluste hier eingetreten sind. Es ist
dies einmal mehr ein Vertuschungsinstrument, das Sie mit Ihrem politischen
Verständnis erneut aufs Tapet bringen und mit dem Sie uns die politische
Kontrolle entziehen wollen.
Dazu kommt noch, dass Sie mit den Gebühreneinnahmen
der MA 30 in den letzten Jahren eine 20-prozentige Tariferhöhung
durchgeführt haben. Das scheint quasi ein fix kalkulierter Bestandteil Ihres
Budgets zu sein, um damit Pleitengeschichten wie den Prater-Vorplatz
finanzieren zu können.
Und geradezu kunstvoll ist es, wie Sie den
finanztechnischen Würgegriff der MA 30 jetzt endgültig schließen: Das Valorisierungsgesetz
ist in Kraft, und wir haben dessen Auswirkungen bereits zu spüren bekommen.
Auch die bei der MA 30 entstandenen Mehraufwendungen sind damit abgedeckt,
und zwar mit dem Hinweis darauf, dass ja auch die Kosten steigen. Die Effizienz
wird jedoch nicht in Betracht gezogen, das ist ja in der sozialdemokratischen
Welt nicht vorherrschend. Und über diese Ausgliederung versuchen Sie nun, der
Opposition auch noch die politische Kontrolle zu entziehen.
Meine Damen und Herren! Wir werden Ihnen keinen
Freibrief für eine solche Verschleierungspolitik und für weitere
Gebührenerhöhungen in die Hand geben und lehnen deshalb das vorliegende
Geschäftsstück ab. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster am Wort ist Herr GR Dr Stürzenbecher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich habe jetzt von meinen Vorrednern einiges gehört,
was ich richtigstellen muss.
Erstens möchte ich generell
feststellen, dass die Unternehmen der Stadt Wien so gegliedert sind, dass sich
im Endeffekt die meisten Vorteile für die Stadt Wien und damit letztlich für
die Bürgerinnen und Bürger ergeben. Deshalb gibt es diese differenzierte
Möglichkeit, dass man ganz unmittelbar beim Magistrat ist, dass es Betriebe
nach § 72 der Stadtverfassung gibt, wobei man dann noch immer ein Teil des
Magistrats ist, oder dass man nach § 71 der Stadtverfassung eine
Unternehmung – und nicht ein Unternehmen nach Handelsrecht – im Sinne
der Stadtverfassung ist, was etwas ganz anderes ist als das, was man
herkömmlich als Unternehmen sieht.
Auch die Unternehmung ist nach wie
vor ein Teil des Magistrats, aber mit einer etwas höheren Selbstständigkeit. Es
handelt sich dabei jedoch nicht um eine
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